Pedro Juan Gutiérrez
denn ich würde ihm die Eier zerquetschen.
Der Blöde aus der Fabrik
Nachdem die Trotzkisten weg waren, sprachen Luisa und ich nie wieder über sie. Eines nachmittags vögelten wir stunden-lang. So geht's halt manchmal: Einen ganzen Tag oder eine ganze Nacht vögelt man durch. Es gab nichts anderes, woran wir denken mussten. Luisa kam mittags aus der Fabrik, und wir wurden von einer unmittelbar aufbrodelnden Fröhlichkeit erfasst und konnten überhaupt nicht wieder aufhören. Stundenlang vögelten wir in allen erdenklichen Positionen, im Bett, auf dem Sessel, mit Zunge, mit Fingern, mit allem, in alle Öffnungen. Dazu verwöhnten wir uns mit einer halben Flasche billigem Rum. Es war herrlich, so zu vögeln. Luisa erzählte mir alle Pornogeschichten von ihren früheren Männern und ich ihr meine. Wir flüsterten sie uns gegenseitig ins Ohr, voller Freude am Detail, und kamen wieder und wieder, konnten einfach kein Ende finden. Ein Psychologe hätte Feldstudien betreiben können allein vom Zuhören, wie wir uns liebten und Luisa ihre Fersen fest gegen meine Arschbacken presste und die Knie krümmte, damit ich tief in sie eindringen konnte. »Tiefer, komm schon, lass es wehtun!«, säuselte sie immer wieder. Ein Fest für jeden Psychologen. Aber Psychologen sind immer aus der Mittelschicht, und in der Mittelschicht hat man meist von nichts eine Ahnung. Darum sind diese Leute immer gleich bestürzt und wollen wissen, was gut und was böse ist und wie man dies und das korrigieren kann. Alles kommt ihnen unnormal vor. Es muss schrecklich sein, der Mittelschicht anzugehören und alles einfach so aus der Entfernung zu beurteilen, ohne je etwas für sich ausprobiert zu haben, um sich ja nicht die Finger zu verbrennen.
Na, jedenfalls tranken wir in einer unserer Pausen einen Schluck Rum. Luisa saß einen Moment nachdenklich da, als sei sie gedanklich in einer ganz anderen Welt. Neben dem Bett stapelten sich die Propagandabroschüren, die die Trotzkisten zurückgelassen hatten. Schweigend und gedankenverloren sah sie die Broschüren an. Dann fragt sie mich: »Ob die Trotzkisten wohl genauso vögeln wie wir?« »Was weiß ich... na ja, klar, warum denn nicht?« »Weil sie so revolutionär sind.« »Was hat das damit zu tun?«
»Es kann nicht dasselbe sein, Pedro Juan. Sie verwenden nicht so viel Zeit darauf wie wir. Wahrscheinlich immer Sonntagsnachmittags oder so. Aber nicht wie wir.« Die trotzkis-tische Frau - sie waren ein kanadisches Ehepaar, wenngleich man nie weiß, vielleicht waren sie weder ein Ehepaar noch Kanadier - überließ Luisa eine Broschüre auf spanisch mit dem Titel »Befreiung der Frau durch die sozialistische Revolution!«. In schmucklosen Buchstaben war der Titel auf das Bild einer jungen Sowjetin gedruckt. Sie war ganz in Schwarz gekleidet, trug Mantel, Handschuhe und Schal, blickte ernst aus den schönsten und traurigsten Augen der Welt, und quer über ihrer Brust hing ein AK-Gewehr. Es lag eine liebliche Sanftheit in dieser traurigen, ernsten, schwarz gekleideten Russin. Überhaupt nichts Grimmiges. Bestimmt war sie eine warmherzige, liebevolle Frau. In einer Ecke stand: »Sowjetische Ehrengarde«. Luisa hatte versucht, die Broschüre zu lesen, verstand aber überhaupt nichts, und nach und nach verwendeten wir sie als Klopapier.
Ständig warf mir Luisa meine Faulheit vor. Da ging sie noch nicht anschaffen. Sie arbeitete in einer Fabrik, in der orthopä-dische Schuhe hergestellt wurden, und wollte, dass ich im Lager arbeitete.
»Du könntest jeden Tag ein Paar Schuhe aus dem Lager klauen«, sagte sie immer wieder.
»Hör auf mich zu nerven, Luisa. Sie werden mich fassen, und ich bin dann derjenige, der hinter Gittern sitzen muss. Du bleibst weiter frisch und frei hier draußen.« »Sei kein Waschlappen! Alle dort klauen wie die Raben, angefangen vom Chef bis hin zu Juan dem Blöden.« Ich ließ mich überreden und begann im Lager Schuhe zu stapeln. Die ersten Tag waren die Hölle. Ein Paar Schuhe wiegt zwar so gut wie nichts, aber es ist etwas völlig anderes, acht Stunden am Tag Kartons mit jeweils vierundzwanzig Paaren zu schleppen. Ich hätte mir, verflucht noch mal, fast einen Leistenbruch an den Eiern zugezogen!
Nachts massierte mir Luisa den Rücken. Sie hat Hände wie ein Boxer, hart und druckstark. Sie massierte mich so lange mit heißem Hammelfett, bis die Muskeln wieder in Form waren.
Jeden Tag nahm ich ein paar Schuhe mit. Luisa verkaufte sie, und es ging uns ein wenig
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