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Pelbar 2 Die Enden des Kreises

Pelbar 2 Die Enden des Kreises

Titel: Pelbar 2 Die Enden des Kreises Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Williams
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nördliche Pelbarstadt, und die Dahmens, die schon früher konservativ gewesen waren, hatten sich keine Handbreit von ihrer Position weggerührt, ja, sie schienen noch steifer und unbeweglicher zu werden als vorher.
    Stel aß die andere Hälfte des kleinen Brotlaibs, tauchte das Brot in seinen abkühlenden Tee, saugte an der harten Kruste, wälzte sein Problem immer und immer wieder hin und her und sah entsetzt, daß die Sterne des laufenden Mannes allmählich nach Westen hinunterglitten. Er stand auf, klopfte sich die Hände ab, warf noch ein Brett auf das Feuer und ging dann zum Fluß hinunter. Er blickte zur schwarzen Mauer von Pelbarigan hinüber, sehnte sich nach Ahroe, fühlte sich aber immer mehr verstrickt in dem Netz, das ihn, wie er glaubte, hinunterzog. Dann spürte er, als wäre sein sehnsüchtiger Gedanke eine Stockente, die spritzend vom Fluß aufflog, durch die Luft wirbelte und hinausflog, nur um plötzlich vom Pfeil eines Jägers heruntergeholt zu werden, wie sich in ihm etwas löste und herabfiel. Er spürte wieder, wie der kalte Fluß ihn umwogte. Er konnte nicht zurück. Es würde nicht funktionieren. Aber nach Nordwall konnte er auch nicht gehen.
    Fortgehen würde er jedoch. Irgendwohin. Obwohl er müde war, wandte er sich wieder dem Schuppen zu, riß weitere Bretter herunter und begann mit seinen geschickten Bauhandwerkerhänden schnell die Schneegleiter zu formen, die sie von Jestak, dem Weitgereisten, kennengelernt hatten. Alle Späne fegte er ins Feuer. Seine Muskeln schmerzten, aber die Erschöpfung zwang ihn, sich auf die systematische Arbeit an seinen Reisevorbereitungen zu konzentrieren.
    Er war an diesem Abend nie imstande gewesen, klar zu überlegen, aber nachdem er sich einmal dazu entschlossen hatte, ging er einfach daran, aus Pelbarigan zu fliehen.
    Hoch oben auf dem Rive-Turm lehnte Ahroe an der Mauer. Tränen liefen ihr aus den Augen, aber sie unterdrückte jedes Schluchzen mit zusammengebisse-nen Zähnen. Jenseits des Flusses sah sie Stels Feuer und gelegentlich seinen Schatten, der daran vorbeiging. Sie wußte, daß es in der Stadt noch andere Probleme gab als nur ihre persönlichen Schwierigkeiten.
    Stels Familie war klein, aber Sagan war eine hochge-achtete Konstrukteurin, und die Familie lebte in ge-ordneten Verhältnissen, wenn es auch ein klein wenig zu demokratisch zuging. Die Dahmens hatten es nicht leicht, Männer aus anderen Familien anzulocken, aber sie hatte den Eindruck gehabt, daß Stel hinein-passen würde – wenigstens in ihre Arme und in ihr Denken. Sie gehörten in jeder Beziehung zusammen.
    Das heißt, sie hätten zusammengehört, dachte sie, wenn ihre Familie nicht gewesen wäre. Ihr Zorn auf Stel wurde jedesmal stärker, wenn er ihren Angehö-
    rigen die Höflichkeit verweigerte. Aber sie verlangten soviel. Mit der Zeit haßte sie seinen Anblick, obwohl sie seine Scherze liebte, sein Lächeln, die Art, wie er den Kopf warf. Selbst jetzt noch glaubte sie, seine grauen Augen zu sehen, so wie sie sein mußten, wie sie schmal und besorgt ins Feuer starrten, genauso voll Schmerz wie die ihren, fragend, was geschehen würde, wenn er am nächsten Tag in die Stadt zu-rückkehrte.
    Sie wollte nicht glauben, daß ihre Familie seinen Tod geplant hatte. Es war ein Unfall gewesen, Dummheit. Aber andererseits waren die Seile nicht da. Die Eisbrücke lehnte nicht an der üblichen Stelle.
    Sie wußte, wie der Zorn und die tiefe Abneigung gegen Stel in ihrer Familie immer stärker wurden. Sie sah, wie sie wuchsen. Sie teilte diese Gefühle sogar, obwohl sie es haßte, daß sie sie teilte. Anfänglich hatte sie nur zu bereitwillig den über ihn verhängten Strafmaßnahmen zugestimmt, weil sie glaubte, er würde sich beugen und sie dann schließlich akzeptieren. Er machte einen so sanften Eindruck. Aber als die Dahmens unbeugsam wurden, wurde er es auch.
    Als sie ihm mehr Pflichten aufluden, nahm er sie mit grimmiger Miene an, führte sie noch exakter aus und wich nicht zurück, weder vor ihrer Verachtung noch vor ihren Forderungen nach Höflichkeit und Unterwerfung. Beinahe hätte sie rebelliert, als er schließlich aus ihrem Zimmer verbannt wurde, aber damals fand sie ihn so unvernünftig, daß auch sie nach ihm schlagen wollte. Und doch sah sie seine Erschöpfung, seinen Schmerz und sehnte sich danach, ihn zu trösten.
    Jetzt, da er zusammengekauert auf der anderen Seite des Flusses saß, sein kleines Feuer und das tiefe Purpurrot des Schnees waren in der allgemeinen

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