Pelbar 2 Die Enden des Kreises
draußen, aber als er sich dem dunkleren Eis näherte, gab es plötzlich nach und brach, und er stürzte ins Wasser. Das Stoßeisen bewahrte ihn davor, unters Eis zu rutschen.
Er strampelte sich schnell herauf und verlagerte sein Gewicht nach vorne, aber das Eis gab wieder nach. Er hatte eine ziemlich große Schneise in das dunkle Eis-band geschlagen, und die Strömung in der Fahrrinne quoll herauf, umfloß ihn und schwappte auf das Eis hinaus, während er sich hochkämpfte, wobei das Eis unter ihm jedesmal wieder einbrach. Ruudi hatte nach einem Seil gesucht, aber soviel er auch lief, schrie und herumschaute, da, wo die Seile hätten sein sollen, konnte er keines finden. Stel schob sich weiter vorwärts, brach ständig ein und kämpfte sich wieder heraus. Aparet stand dabei und schaute zu. Endlich erreichte er dickeres Eis, setzte das Eisen ein und rollte sich darauf, und dann rollte er sich immer weiter auf das andere Ufer zu.
Aparet rief ihm nach: »Stel. Du bist zu weit gegangen. Geh flußaufwärts und komm weiter oben her-
über!«
Stel stand da, zitternd und von einem Bein aufs andere hüpfend. »Ich kann nicht. Es wird nicht halten.
Du weißt das doch. Ich gehe hinüber zum Fischschuppen und lasse mich trocknen.« Er drehte sich um und trabte auf das Westufer zu.
»Komm zurück!« schrie Aparet.
»Beeil dich, Stel!« schrie Ruudi neben ihr. »Wir werden eine Eisbrücke montieren.« Aparet wandte sich zu ihm um, aber da standen schon acht Männer und sahen sie an.
»Es ist besser, wenn du jetzt gehst, Aparet. Erstatte deiner kostbaren Familie Bericht. Hier können wir dich nicht brauchen«, sagte Quid, ein älterer Mann in einer zerlumpten Tunika.
»Was? Jetzt hört mal«, begann sie, aber er hob einen Eishaken auf, und sie sah deutlich, daß bei allen die Höflichkeit der Pelbar einem aufwallenden Zorn gewichen war. Sie drehte sich um und ging auf das Ufer zu. »Ich werde die Garde holen«, rief sie zurück.
»Baut ihr eure Eisbrücke!« Vier Männer rannten zum Ufer.
Der Fluß war fast tausend Armlängen breit, und bei Pelbarigan verlief die Fahrrinne nahe am Ostufer.
Stel hatte weit zu laufen. Er spürte, wie erst seine Fü-
ße gefühllos wurden und dann seine Hände, als er sich mit kurzen, schnellen Schritten im schneidenden Wind weiterkämpfte. Er glaubte, es bis zum Schuppen schaffen zu können, aber der war nicht sehr stabil, er hoffte nur, daß in einer Ecke immer noch ein Feuerzeug aus Feuerstein und Stahl steckte, das die Sentani nicht benützt hatten. Der Schuppen schien klein und weit entfernt zu bleiben, während er lief, aber schließlich näherte er sich ihm und stürzte durch die Tür. In der Eichenkiste lagen die Utensilien zum Feuermachen in ihrem Beutel. Er holte sie schnell heraus und fummelte ungeschickt an dem Knoten des Beutels herum, um ihn zu lösen. Es ging nicht. Er spürte nichts, und seine Finger ließen sich auch nicht mehr bewegen. Während er an dem Knoten nestelte, stand er da und stapfte auf den Boden, schließlich faßte er den Knoten mit den Zähnen und riß daran.
Im Schuppen gab es keine Feuerstelle. Er wurde im allgemeinen im Sommer und Herbst benützt, deshalb mußte Stel mit den Füßen den Schnee neben der Tür wegscharren, den geöffneten Beutel auf den Boden stellen und soviel Zunder und Feuerholz sammeln, wie er nur konnte. Es geht nicht, dachte er. Er schlug sich mit den Händen auf die Schenkel, spürte aber nicht einmal den Schmerz. Ein Blick zum Ostufer zeigte, daß mindestens ein Dutzend Pelbar einschließlich vier Gardisten auf der anderen Seite des dunklen Eises standen. Niemand montierte eine Eisbrücke, dieses große Gerüst aus Stangen mit Schwimmkörpern, mit dem man in Notfällen dünnes Eis überquerte. Sie schrien zu ihm herüber, aber er war zu weit entfernt, um sie verstehen zu können.
Als er einen Blick nach oben unter das Dach warf, entdeckte er das Nest einer Schwarzphoebe. Er griff danach und verstreute es in seiner, Ungeschicklichkeit rings um sich in den Schnee. Vorsichtig, auf seine Hände achtend, die er wie zwei Stümpfe benützte, scharrte er zusammen, soviel er konnte, und taumelte dann um den Schuppen herum, auf der Suche nach einem zweiten Nest. Er fand keins. Er lief hinein und kramte, so gut er konnte, in der Kiste herum. Die Kälte schien ihm an den Beinen hochzukriechen. Er wußte, daß er ständig in Bewegung bleiben mußte.
Unter der Kiste fand er ein Mäusenest, hob es vorsichtig auf und legte es in seine
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