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Pellkartoffeln und Popcorn

Pellkartoffeln und Popcorn

Titel: Pellkartoffeln und Popcorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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Gemeindesaal etwas geheizt war, so bekamen die hinteren Umkleideräume nichts von dem Hauch Wärme ab. Die Hirten hatten es gut: Sie trugen dicke Jacken und Hüte und sahen ihrem Auftritt gelassen entgegen. Die Engel froren ganz erbärmlich, mußten wegen der vermaledeiten Flügel auf wärmende Mäntel verzichten und steckten die nackten Füße in vorsorglich mitgebrachte Hausschuhe. Frau Hofmann spendete Trost und heißen Tee.
    Endlich kam unser Auftritt. Wir drängten auf die Bühne, weil es da warm war, und während sich die Heiligen Drei Könige gemessenen Schrittes zur Krippe begaben, tönte plötzlich eine Stimme aus dem Zuschauerraum: »Kiek mal den zweeten Engel da vorne! Im Himmel ist wohl ooch nich jeheizt?«
    Der zweite Engel war ich; und unter meinem knöchellangen Nachthemd lugten unübersehbar weinrote Plüschpantoffeln hervor!
    Oder die Sache mit Rumpelstilzchen. Das war allerdings schon eine Weile her und hatte sich im deutschamerikanischen Jugendklub abgespielt. Die Amis hatten ihn gegründet, um den Kontakt zwischen deutschen und amerikanischen Kindern zu fördern. Allerdings kam dieser Kontakt niemals zustande, weil sich kein amerikanisches Kind in den Klubräumen sehen ließ. Also waren sie ausschließlich von Deutschen bevölkert, vorwiegend 15-17jährigen, und ich war eigentlich nur wegen der reichhaltigen Bibliothek Mitglied geworden. Dann entdeckte ich am Schwarzen Brett die Mitteilung, daß eine Theatergruppe gegründet werden sollte, und Interessenten mögen sich bitte melden. Prompt fühlte ich mich von der Muse Thalia geküßt. Der erwartete Andrang blieb aber aus, und so waren wir nur ein knappes Dutzend, die nicht so recht wußten, was sie machen sollten. Eine noch sehr jugendliche Theater-Elevin hatte die Leitung der Gruppe übernommen, und unter ihrer Regie probten wir das Märchen ›Rumpelstilzchen‹. Ursprünglich hatten wir ›Hänsel und Gretel‹ aufführen wollen, aber der viele Wald und dann noch das Pfefferkuchenhaus … der Aufwand wäre zu groß und die Kulissenmalerei zu schwierig geworden. Beim ›Rumpelstilzchen‹ konnte man aber die
    Müllerstube ohne schwierige Änderungen in die königliche Strohkammer verwandeln.
    Lediglich eine einzige Szene bereitete uns etwas Kopfzerbrechen. Gegen Ende des Märchens hüpfte Rumpelstilzchen im nächtlichen Wald über ein Feuer und plärrte seinen Namen durch die Gegend. Die nächtliche Stunde war schon mal vorteilhaft. Nachts ist es dunkel, man brauchte keine Kulissen, und der Wald wurde lediglich durch eine kümmerliche Fichte angedeutet und den klubeigenen Oleanderbaum, der sonst in der Eingangshalle stand. Für das Feuer türmten wir ein paar Holzscheite übereinander und deckten sie mit rotem Seidenpapier ab. Zwischen das Holz kam eine Glühbirne, deren Zuleitungsschnur im Hintergrund in einer Steckdose endete.
    Weshalb ausgerechnet ich das Rumpelstilzchen spielen sollte, weiß ich nicht mehr. An die Müllerstochter kann ich mich nicht mehr erinnern, die übrigen Mitspieler habe ich auch vergessen. An die Aufführung werde ich zeit meines Lebens denken! Dabei lief anfangs alles glatt. Niemand blieb stecken, jeder konnte seinen Text, und auch das Publikum ging bereitwillig mit. Dann kam die Szene mit dem Feuer. Ich hüpfte wie ein Frosch mit Gleichgewichtsstörungen über meine Holzscheite, krähte triumphierend »ach, wie gut, daß niemand weiß, daß ich…« Weiter kam ich nicht mehr. Irgendwie hatte ich mich in der Strippe verfangen, flog hin, riß den Stecker heraus – jetzt war es stockdunkel –, stand wieder auf, verlor die Richtung, knallte in den Oleander, der kippte auch noch um und nahm Fichte sowie linke Wand des Königsschlosses mit. Ende der Vorstellung! Ich war wohl doch nicht dazu berufen, dermaleinst mit dem Thespiskarren durch die, Lande zu ziehen!

35
    Es muß kurz nach dem Krippenspiel gewesen sein, als Quasi eines Tages völlig unerwartet ins Klassenzimmer rauschte, ihre Mappe auf das Pult feuerte und in das Getümmel starrte. Wir hatten Dr. Strack erwartet, der unsere albernen Pausenspiele immer mit milder Nachsicht betrachtete, und deshalb stand auch nicht der sonst übliche Warnposten vor der Tür. Unserer Klassenlehrerin bot sich also ein ihr ungewohnter Anblick.
    Ein paar Mädchen übten Jitterbug oder das, was sie dafür hielten, musikalisch untermalt von einem vierstimmigen Kamm- (nicht Kammer!) Orchester. In einer Ecke wurden Filmbilder getauscht, in einer anderen neue Frisuren ausprobiert. Irene

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