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Pellkartoffeln und Popcorn

Pellkartoffeln und Popcorn

Titel: Pellkartoffeln und Popcorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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des Basars Kaffee ausschenken, Lose verkaufen oder Biergläser spülen.
    Wir hatten damals weder Kaffee noch Kuchen; Flohmärkte waren noch nicht ›in‹, und Diskotheken – heute Mittelpunkt eines jeden Schulfestes – gab es auch noch nicht. Wir besaßen lediglich Fantasie und Begeisterung.
    Ich weiß nicht mehr, wer damals die Idee mit dem Theaterstück geboren hat. Aber wir waren fast alle Mitglieder des Jugend-Kulturrings, wanderten einmal im Monat nachmittags und zu verbilligten Preisen in eines der zahlreichen Berliner Theater, wo wir Hilde Körber als ›Maria Stuart‹ oder Heidemarie Hatheyer im ›Wintermärchen‹ bewundern konnten; und außerdem lasen wir uns im Deutschunterricht schon seit geraumer Zeit durch die Klassiker. So war es eigentlich naheliegend, daß wir unsere theoretischen Kenntnisse der Theaterliteratur auch einmal in die Praxis umsetzen wollten. Aber welches Stück wäre denn bitte sehr geeignet?
    »Wie wär’s mit der ›Minna von Barnhelm‹? Da spielen nicht so viele Personen mit.« – »Nee, da kommt so viel Liebe drin vor, die kauft uns doch noch keiner ab.« – »Nehmen wir den ›Zerbrochenen Krug‹.« – »Der hat zu wenig Mitwirkende.«
    Evchen plädierte für ›Die deutschen Kleinstädter‹. Sie war auf der Suche nach einem geeigneten Stück über den väterlichen Bücherschrank hergefallen und auf Kotzebue gestoßen. Den kannten wir aber nicht und setzten deshalb voraus, daß auch kein anderer ihn kenne. Schließlich half uns Fräulein Ramburg aus der Klemme. Sie erzählte, daß es ein wenig bekanntes Theaterstück gäbe, das im Biedermeier spielt, nicht allzu viel Aufwand erfordere und recht eingängig sei. Darüber hinaus würde sie auch gern bereit sein, die Inszenierung zu übernehmen. Quasi hatte sich ohnehin geweigert, unsere künstlerischen Gehversuche zu überwachen, und so nahmen wir Fräulein Ramburgs Vorschlag dankbar an.
    Das unbekannte Werk trug den Titel ›Das Perlentäschchen‹ und war ein sentimentales Rührstück ohne nennenswerten Tiefgang. Durch einen Zufall brachten wir heraus, daß Fräulein Ramburg selber in frühen Jugendjahren diese Schnulze verbrochen und bisher der Öffentlichkeit vorenthalten hatte. In Erwartung eines zwar späten, aber nunmehr mit Sicherheit zu erntenden Ruhmes stürzte sie sich mit Feuereifer in die Arbeit, besorgte aus einem der Theaterfundus die erforderlichen Kostüme und trommelte uns jeden zweiten Tag in ihrer Wohnung zusammen, wo wir zwischen Teewagen, Schreibtisch und Vogelbauer Stellproben veranstalteten und uns redlich Mühe gaben, Leben in das ›Perlentäschchen‹ zu bringen.
    Leider entsprachen unsere schauspielerischen Talente keineswegs den hochgespannten Erwartungen der Regisseurin. Manchmal mißachteten wir aber auch bewußt die Regieanweisungen, weil dann unweigerlich Fräulein Ramburg eingriff und uns die jeweilige Szene selbst vorspielte. Diesen Genuß wollten wir uns auf keinen Fall entgehen lassen! Aber es gab auch Augenblicke, in denen aller guter Wille nichts half. So gab es zum Beispiel eine Szene, in der Irene in einem wallenden weißen Gewand und mit einer Kerze bewaffnet in ein abgedunkeltes Zimmer zu schleichen hatte (sie sah dann immer aus wie die bekannte Darmol-Reklame!) und sich einem Diwan nähern mußte. Dabei sollte sie mit träumerisch-verklärter Stimme flüstern: »Der Geliebte schläft.« Der Geliebte schlief aber ganz und gar nicht, sondern zuckte vor verhaltenem Lachen, worauf auch Irene jedesmal losprustete und damit den Auftritt schmiß. Erst als wir den vorgegebenen Text mit Einwilligung der Dichterin in »er schläft« änderten, klappte die Sache.
    Eine wichtige Rolle spielte auch ein Hund, der eigentlich ein Mops sein sollte. In Ermangelung eines solchen wurde er durch einen Langhaardackel ersetzt. Helgas Waldi war ein bildhübsches, sehr temperamentvolles Tier, das dauernd hinter den Kulissen herumkläffte und nur bei seinem Auftritt die Schnauze hielt. Wenn man ihm auf den Schwanz trat, weil er endlich bellen sollte, jaulte er höchstens und biß zu. Fräulein Ramburg sah sich gezwungen, den lebenden Hund zu streichen. Künftig erschien Karla mit einem Stoffpudel auf dem Arm, und das Bellen besorgte Helga aus dem Hintergrund.
    Trotzdem wurde die Premiere ein voller Erfolg, und auch bei den nachfolgenden zwei Aufführungen war die Aula bis zum letzten Platz besetzt. Aber soviel ich weiß, zeigte dennoch kein Berliner Theaterintendant Interesse.
    Der Erlös aus den

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