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Pellkartoffeln und Popcorn

Pellkartoffeln und Popcorn

Titel: Pellkartoffeln und Popcorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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trug zum zwanzigsten Male die Geschichte vom Oberförster Hugo vor, der immer von Kronleuchter zu Kronleuchter springt, um die Teppiche zu schonen und seinem Bruder dadurch das Studium zu ermöglichen. Und Karla stand auf einem Tisch und hielt in Frau Griesingers täuschend nachgeahmtem Tonfall einen Vortrag über Zellteilung bei Bandwürmern. Der Rest hockte herum und schrieb irgend etwas von irgendwem ab.
    Wir verzogen uns reichlich verlegen auf unsere Plätze und harrten der Dinge, die da vermutlich kommen würden.
    »Des maintenant c’est moi qui vais donner le cours de Francais dans votre classe.«
    Wie bitte? Quasi wiederholte das soeben Gesagte, betont langsam und sehr prononciert.
    »Ist das Französisch, was sie da spricht?« flüsterte Evchen.
    »Scheint so, aber beim Strack klingt das ganz anders!«
    »Vous avez l’air de ne pas avoir compris un seul mot.«
    Hinter uns wisperte Irene: »Habt ihr irgendwas verstanden?«
    »Nicht das geringste!«
    »Karla, repete ce que je viens de dire, s’il vous plait!«
    Karla erhob sich zögernd, blickte hilfesuchend in die Runde, stotterte schließlich los: »Tu as … vous avez dit… « Dann holte sie tief Luft und erklärte kurz und bündig: »Es tut mir leid, aber außer ›wiederholen‹ habe ich nichts verstanden!« Wir anderen nickten bestätigend.
    Quasi sank auf ihren Stuhl und starrte uns entgeistert an. »Kinners, das ist doch nicht möglich! Ihr habt lange genug Französischunterricht, und eure Zeugnisnoten sind eigentlich alle recht gut. Deshalb habe ich mich so gefreut, als ich erfuhr, daß ich euch jetzt übernehmen soll.«
    Evchen stöhnte entsetzt: »Jetzt nehmen Sie aber langsam überhand!«
    Wir gönnten Herrn Dr. Strack zwar von Herzen, daß er nun in seinen wohlverdienten und hoffentlich endgültigen Ruhestand zurückversetzt werden sollte. Aber wir ahnten auch, daß seine Nachfolgerin entschieden unbequemer werden würde.
    Quasi wurde energisch: »Also nun heraus mit der Sprache! Spielt ihr mir Theater vor, oder was ist los mit euch?« Es half nichts, wir mußten beichten. Sie hörte sich mit immer länger werdendem Gesicht unser Geständnis an, und wenn es auch manchmal verräterisch um ihre Mundwinkel zuckte, so blieb sie doch ungewohnt ernst. »Ihr habt tatsächlich jede Klassenarbeit mit aufgeschlagenen Heften und Büchern geschrieben?« vergewisserte sie sich noch einmal.
    Wir nickten beschämt.
    »Tja, Herrschaften, da hilft wohl alles nichts, wir müssen ganz von vorn anfangen. Holt mal eure Stundenpläne heraus!«
    Kategorisch strich sie den Geschichtsunterricht zusammen, setzte dafür Französisch an, annullierte zwei Drittel der Deutschstunden, fügte an deren Stelle französische Grammatik ein, und schließlich beschlagnahmte sie noch zwei sechste Stunden, die wir normalerweise frei gehabt hatten.
    Und nun begriffen wir endlich, was Lernen eigentlich bedeutete. Wir paukten bis zum Schwarzwerden! Unsere Clique verzichtete gezwungenermaßen auf die üblichen Kinobesuche; statt dessen marschierten wir nachmittags einmal um die Krumme Lanke und deklinierten unregelmäßige Verben. Das war zweifellos gesünder, aber weniger amüsant. Wir büffelten Vokabeln, bis wir davon träumten. Wir memorierten stundenlang grammatikalische Regeln und haßten Quasi mal wieder aus tiefster Seele. Meine Mutter behauptete sogar, ich hätte noch im Schlaf vor mich hingemurmelt: »Die mit avoir verbundenen Partizipien richten sich in Geschlecht und Zahl…«
    Gelegentlich kam es auch vor, daß wir Frau Müller-Meiningens Frage nach dem Perfekt von ›wollen‹ mit ›je voulais‹ beantworteten und ein mißbilligendes ›ich bitte mir Konzentration aus!‹ ernteten.
    Als ich eines Morgens mal wieder zu spät kam und mit hängender Zunge meine unterwegs präparierte Entschuldigung vom Stapel lassen wollte, bekam ich ein abwinkendes ›En francais s’il vous plait‹ zu hören. Keineswegs darauf vorbereitet und in seliger Unkenntnis aller einschlägigen Vokabeln fing ich an zu stottern, faselte etwas von ›metro tres tard‹ und hatte nach fünf Minuten noch immer keine verständliche Begründung für mein Zuspätkommen herausgebracht. Die Klasse wieherte vor Vergnügen, und während ich mit einem ›c’etait terrible, mademoiselle!‹ auf meinen Platz geschickt wurde, überlegte ich mir im stillen, daß der von Karl May so oft geschilderte und von uns als sadistisch abgelehnte Marterpfahl vielleicht doch keine so schlechte Einrichtung gewesen war.
    Im

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