Percy Pumpkin (Bd. 3) - Fluch der Toteninsel (German Edition)
Ausstrahlung hatte. Das ganze Bauwerk wirkte eher wie die Festung eines grausamen Herrschers und nicht wie eine Vorrichtung, um Schiffen den Weg zu weisen. Im Sockelgeschoss wurde die Fassade von hohen, schmalen Fenstern durchbrochen, die aussahen wie Schießscharten. Ansonsten waren die Außenmauern des riesigen Turms völlig schmucklos. Sie bestanden aus Abertausenden Ziegelsteinen.
Percy atmete die kalte, klare Nachtluft ein und strich sich seine durchnässten Locken aus der Stirn. Es war besser, nicht weiter nach oben zu starren, entschied er. Doch leider bot der Strand vor ihm auch keinen sehr viel ermutigenderen Anblick.
Linda und Claire waren bereits mit John über die zerklüfteten Gesteinsbrocken am Ufer geklettert und standen nun auf dem harschen Schnee vor der steilen Felswand. Sie wirkten verloren und verängstigt.
»Menschenskinder«, flüsterte Percy seinem Hund Jim ins Ohr, während er ihn auf den Arm nahm. »Das ist ja ein gemütliches Plätzchen hier.«
Schwankend stieg er aus dem Boot und stakste über die glitschigen Steine zum Strand, wo er Jim absetzte. Die salzige, feuchte Meeresluft hatte den Schnee der letzten Tage in eine raue, harte Masse verwandelt, deren schmutziges Grau fast noch deprimierender wirkte als der schwarze Granit der Felswand.
»Wenn das Boot ein Leck hat, dann sitzen wir hier fest«, sagte John und deutete in Richtung der schroffen Felsen im Meer. »Und bis uns jemand suchen kommt, sind wir verhungert.«
»Du verbreitest ja mal wieder eine Bombenstimmung.« Linda schaute zwischen John und den Klippen in ihrem Rücken hin und her.
»Ist euch nichts aufgefallen?«, fragte Claire und überging damit sowohl Johns als auch Lindas Bemerkung. Ohne eine Antwort abzuwarten, fuhr sie fort: »Es ist komplett windstill hier. Hättet ihr das gedacht?«
Percy schüttelte erstaunt den Kopf. Claire hatte recht. Nicht einmal in einem der vielen Innenhöfe des Familienschlosses war die Luft derart unbewegt wie hier auf der Toteninsel. »Es ist unheimlich«, flüsterte er. »Als ob man in einer riesigen Halle steht.«
»Ja«, brummte John. »In einer Leichenhalle.«
»Hier sind Schleifspuren«, rief Percy. Seine Finger glitten über mehrere tiefe Furchen in der Steilwand, die sich wie ein Spinnennetz zu allen Seiten hin ausbreiteten. Dann zog er seine Hand von dem kalten Gestein und steckte sie in seine Jackentasche.
Während er auf die Zwillinge und John wartete, die er losgeschickt hatte, um die Ostseite des Strands nach einem Aufgang zum Hochplateau abzusuchen, schaute er wieder an den Klippen hoch. Der Leuchtturm war von hier aus nicht zu sehen, aber die schwarze Felsmasse hatte auf ihn eine ähnliche Wirkung wie das unheimliche Bauwerk, das auf dem Plateau errichtet worden war: Sie übte eine hypnotische Anziehungskraft aus und war zugleich abstoßend und furchterregend.
»Hierher!«, rief Percy noch einmal.
Er zwang sich, nicht länger die Steilwand anzustarren, und ließ seinen Blick über den Strand schweifen. Im blassen Mondlicht leuchtete der harsche Schnee gespenstisch auf und bis zu den zerklüfteten Felsen des Ufers war die Umgebung gut zu erkennen. Jim schnüffelte an dem Wrack eines alten Fischerboots herum, dessen zerborstene und verfaulte Holzplanken aus dem Sand ragten wie die Knochen eines verendeten Tiers. Von John und den Zwillingen jedoch fehlte jede Spur.
»Hallo?«, brüllte Percy, so laut er konnte. »Hierher!«
Plötzlich tauchte Linda hinter einem Vorsprung der Felswand auf.
»Pssst!«, machte sie. »Jetzt schrei doch nicht so.«
Auch die anderen kamen nun über den Schnee heran, und Percy begriff, dass es von seiner Position nur so
aussah,
als könnte man den ganzen Strand überblicken.
»Ich habe etwas gefunden«, sagte er leise, als John und die Zwillinge ihn erreicht hatten. Sein ängstlicher Aufschrei von gerade eben war ihm peinlich.
»Tatsächlich!« Claire hielt ihre Taschenlampe auf die Stelle, die Percy entdeckt hatte. »Diese Risse hier sind ziemlich merkwürdig.«
»Warum suchen wir eigentlich ausgerechnet hier nach einem Zugang zu dem Hochplateau?«, fragte John. »Vielleicht kann man ja doch besser von der anderen Seite hochklettern«, fügte er hinzu und machte eine vage Geste mit der Hand in Richtung des Meers. »Womöglich gibt es dort sogar eine
Treppe!
«
Linda schüttelte den Kopf. »Nein, glaub’s mir!«, widersprach sie. »Auf der Nordseite befindet sich ein Riff, das aus jedem Boot Kleinholz macht, das sich der Toteninsel
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