Perfekt! Der überlegene Weg zum Erfolg (German Edition)
Forschungen als auch durch häufige Kontakte mit ihnen. Sie dehnte ihre Arbeit auf andere Nutztiere aus, zunächst Schweine und später Antilopen und Elche und wurde zu einem gefragten Berater für Farmen und Zoos. Sie schien einen sechsten Sinn für das Innenleben der Tiere zu besitzen, mit denen sie umging, und eine bemerkenswerte Fähigkeit, sie zu beruhigen. Sie selbst hatte das Gefühl an einem Punkt angekommen zu sein, an dem sie sich die Denkprozesse der verschiedenen Tiere vorstellen konnte. Diese Fähigkeit basierte auf ihren intensiven wissenschaftlichen Forschungen, aber auch darauf, dass sie sich oft in die Tiere hineinversetzte. So stellte sie fest, dass Tiere überwiegend in Bildern und anderen Sinneswahrnehmungen dachten und sich erinnerten. Tiere lernen sehr gut, aber ihre Denkprozesse laufen über Bilder. Man kann sich eine solche Denkweise kaum vorstellen, aber vor der Erfindung der Sprache dachten wir auf eine ähnliche Weise. Der Mensch ist gar nicht so weit von den Tieren entfernt, wie wir gerne glauben würden, und diese Verbindung faszinierte Grandin.
Bei Rindern konnte Grandin die Stimmung an der Bewegung der Ohren erkennen, am Ausdruck in den Augen, der Anspannung, die sie durch die Haut spürte. Sie studierte die Gehirndynamik von Rindern und hatte dabei das seltsame Gefühl, dass sie in vielerlei Hinsicht autistischen Menschen ähnelten. Bei einem Scan ihres eigenen Gehirns stellte sich heraus, dass ihre Angstzentren dreimal größer waren als normal. Sie war immer schon angespannter gewesen als andere Menschen, und sie sah ständig Bedrohungen in ihrer Umgebung. Rinder, als Beutetiere, waren immer wachsam und angespannt. Vielleicht war ihr eigenes, vergrößertes Angstzentrum nur ein Rückfall in prähistorische Zeiten, als auch Menschen noch Beutetiere waren. Diese Reaktionen sind bei uns inzwischen weitgehend blockiert oder vor uns verborgen, aber durch ihren Autismus hatte ihr Gehirn diese uralte Eigenschaft erhalten. Sie beobachtete weitere Ähnlichkeiten zwischen Rindern und Menschen mit Autismus, wie die Abhängigkeit von Gewohnheit und Routine.
Diese Erkenntnis brachte sie zu ihrem früheren Interesse für die Psychologie hinter dem Autismus zurück und veranlasste sie zu vertiefenden Studien über entsprechende neurowissenschaftliche Erkenntnisse. Als autistische Wissenschaftlerin hatte sie eine einzigartige Sicht auf das Thema. Wie bei den Tieren konnte sie es sowohl von außen (Wissenschaft) als auch von innen (Einfühlung) erforschen. Sie las die neuesten Erkenntnisse über Autismus und verglich sie mit ihren eigenen Erfahrungen. Sie beleuchtete Aspekte ihrer Krankheit, die kein anderer Wissenschaftler beschreiben oder verstehen konnte. Sie arbeitete sich gründlich in das Thema ein und schrieb Bücher über ihre Erfahrungen. So wurde sie schnell zu einer extrem beliebten Beraterin und Rednerin zum Thema, und auch ein Vorbild für junge Menschen mit Autismus.
Beim Blick zurück auf ihr Leben beschleicht Temple Grandin ein seltsames Gefühl. Sie entkam der Dunkelheit und dem Chaos ihrer frühen Lebensjahre als Autistin auch mithilfe ihrer Liebe zu Tieren und ihrer Neugier über deren Innenleben. Durch ihr Erlebnis auf der Farm ihrer Tante erwachte ihr Interesse für Wissenschaft, die ihr Denken für Forschungen über Autismus geöffnet hatte. Ihre Berufswahl führte sie zu den Tieren zurück und mithilfe der Wissenschaft und genauer Beobachtung gelangte sie zu innovativen Entwürfen und einzigartigen Entdeckungen. Diese Entdeckungen führten sie wieder zum Thema Autismus zurück, auf das sie jetzt ihre wissenschaftliche Ausbildung und ihr wissenschaftliches Denken anwenden konnte. Das Schicksal führte sie immer wieder zielstrebig zu den speziellen Aufgaben, die sie erforschen und verstehen konnte, und die sie auf ihre einzigartige Art meisterte.
Für jemanden wie Temple Grandin muss das Erlangen von Meisterschaft in irgendeinem Bereich unerreichbar erscheinen. Die Hindernisse auf dem Weg eines Autisten sind enorm. Und doch fand sie ihren Weg zu den beiden Themen, die ihr Möglichkeiten für eine Weiterentwicklung eröffneten. Man könnte denken, dass allein Glück oder Schicksal sie dorthin geführt haben, aber Grandin erkannte bereits als Kind intuitiv ihre natürlichen Stärken – ihre Liebe und ihr Gespür für Tiere, ihre visuelle Art des Denkens, ihre Konzentrationsfähigkeit – und sie stützte sich vollständig auf sie. Sie arbeitete mit ihren Stärken, und das gab
Weitere Kostenlose Bücher