Perfekt! Der überlegene Weg zum Erfolg (German Edition)
Tauchbecken führten – ein Wasserbecken voller Desinfektionsmittel, um die Tiere von Zecken und Parasiten zu befreien. Die Rampe war zu steil und der Sprung ins Wasser zu hoch. Einige Rinder fielen kopfüber ins Wasser und ertranken.
Aufgrund ihrer Beobachtungen beschloss sie, in ihrer Dissertation eine detaillierte Effizienzanalyse dieser Mastanlagen durchzuführen und Vorschläge zu machen, wie sie verbessert werden konnten. Sie besuchte Dutzende solcher Anlagen, und sie stand jedes Mal direkt an den Rampen, um die Reaktionen der Rinder zu beobachten, wenn sie gebrandmarkt oder geimpft wurden. Sie näherte sich den Rindern von sich aus und berührte sie. Beim Reiten als junges Mädchen spürte sie die Stimmung des Pferdes nur durch die Berührung mit ihren Beinen und Händen. Dasselbe erlebte sie jetzt mit den Rindern, wenn sie ihre Hände auf die Flanken der Tiere presste und spürte, wie sie sich durch die Berührung entspannten. Ihr fiel auf, dass die Rinder sich leichter von ihr beruhigen ließen, wenn sie selbst ruhig war. Langsam bekam sie ein Gespür für die Sichtweise der Tiere und dafür, welch großer Teil ihres Verhaltens durch wahrgenommene Bedrohungen ausgelöst werden, die wir oft gar nicht bemerken.
Grandin bemerkte schnell, dass sie im Fachbereich Nutztierwissenschaften die einzige war, die sich für die Emotionen und das Erleben von Tieren interessierte. Diese Themen galten als zu unwichtig für eine wissenschaftliche Beschäftigung. Sie aber machte mit ihren Forschungen weiter – weil sie es wollte und weil sie dachte, es könne wichtig für ihre Dissertation sein. Sie nahm einen Fotoapparat mit zu den Mastanlagen, die sie besuchte. Sie wusste, dass Rinder sehr empfindlich auf Kontraste in ihrem Sichtfeld reagieren, und so ging sie den Weg der Tiere über die Rampen ab, kniete sich hin und nahm schwarz-weiße Fotos aus der Perspektive der Tiere auf. Ihre Kamera entdeckte allerlei scharfe Kontraste in ihrem Sichtfeld – hell reflektiertes Sonnenlicht, plötzliche Schatten, ein blitzendes Fenster. Für sie waren diese scharfen Kontraste der offensichtliche Grund dafür, dass die Rinder mehrfach einfach stehen blieben. Manchmal löste eine hängende Plastikflasche oder eine baumelnde Kette dieselbe Reaktion aus. Diese Dinge stellten offensichtlich Gefahren für die Tiere dar.
Die Instinkte dieser Tiere waren nicht für ein Leben in einer industriellen Mastanlage gedacht, und das sorgte für viel Stress. Wenn die Tiere sich vor irgendetwas instinktiv ängstigten und reagierten, wurden die Arbeiter wütend und trieben die Tiere schneller weiter, was die Angst der Rinder nur weiter verstärkte. Erschreckend viele Tiere verletzten sich oder starben, und unglaublich viel Zeit ging verloren, wenn die Tiere die Gänge verstopften, obwohl sich dieses Problem recht einfach lösen ließ, wie Grandin jetzt wusste.
Nach ihrem Abschluss entwarf sie zunächst verschiedene Gestaltungselemente für Mastanlagen im Südwesten. Sie entwickelte Viehrampen und Haltesysteme für Fleischfabriken, die deutlich humaner waren als die alten Einrichtungen. Einiges hing nur von einfachen Details ab, wie etwa eine geschwungene Rampe, auf der die Tiere nicht zu weit nach vorn oder zur Seite sehen konnten, und so ruhiger blieben. In einer anderen Anlage entwarf sie ein neues Tauchbecken mit einer sanft abfallenden Rampe mit tiefen Rillen im Beton, sodass die Tiere einen besseren Halt fanden. Der Sprung ins Wasser war minimal. Sie entwarf auch den Bereich neu, in dem die Tiere trockneten, sodass sie sich dort sehr viel wohler fühlten.
Bei dem Tauchbecken starrten die Cowboys und Arbeiter sie an, als käme sie vom Mars. Sie machten sich heimlich lustig über Grandins »sentimentalen« Bezug zu Nutztieren. Aber als ihr Entwurf fertig war, staunten sie nicht schlecht, als die Rinder sich unbekümmert dem Tauchbecken näherten und fast ohne Geräusch oder Klage hineinplumpsten. Es gab keine verletzten oder toten Tiere und keinen Zeitverlust durch Stockungen oder Gruppenpanik. Zu solchen Effizienzsteigerungen kam es bei allen ihren Entwürfen und sie brachten ihr den zögernden Respekt der skeptischen Arbeiter ein. Sie machte sich selbst langsam einen Namen auf ihrem Gebiet. Angesichts des langen Weges, den sie seit ihren Anfängen als schwer behindertes, autistisches Kind zurückgelegt hatte, erfüllten sie diese Erfolge mit unglaublichem Stolz.
Mit der Zeit wuchs ihr Wissen über Rinder immer weiter, sowohl durch
Weitere Kostenlose Bücher