Pern 10 - Die Renegaten von Pern
Grün gehaltene Wappen von Keroon erkennen.
»Die Botschaft ist echt, wie Sie sehen, Crenden«, plapperte der Junge weiter. »Sie trägt Baron Cormans Siegel. Es hat Tage 39
gedauert, bis wir sie erhielten, weil der Renner einen Sehnenriß hatte und der Bote sich verirrte, als er eine Abkürzung nehmen wollte. Er sagt, über Nerat seien bereits Fäden gefallen, und der Benden-Weyr habe die Wälder gerettet, und über Telgar würden beim nächsten Einfall Tausende von Drachenreitern aufsteigen. Und dann sind wir an der Reihe.«
Wieder schluckte der Junge.
»Die Fäden werden direkt auf uns runterkommen, und man muß sich hinter Steinmauern flüchten, weil nur Stein, Metall und Wasser davor schützen können.«
Wieder lachte Crenden, er nahm die Sache nicht ernst, aber Jayge spürte, wie ihm ein kalter Schauer über den Rücken lief.
Crenden rollte die Botschaft zusammen und gab sie dem Jungen zurück.
»Ich lasse deinem Vater danken, die Warnung ist gut gemeint, aber ich falle nicht darauf herein.«
Er zwinkerte dem Burschen gutmütig zu.
»Ich weiß, dein Vater hätte gern, daß wir ihm helfen, das neue Stockwerk fertigzustellen.
Von wegen Fäden! Seit Generationen sind von diesem Himmel keine Fäden mehr gefallen. Seit Hunderten von Planetenumläufen.
Damit ist es endgültig vorbei, sagen die Legenden.
Und wir machen uns am besten wieder auf den Weg.«
Crenden winkte dem erstaunten Jungen vergnügt zu, stellte sich in die Steigbügel und rief mit schallender Stimme: »Vorwärts!«
Der Junge wirkte so bestürzt und verängstigt, daß Jayge sich unwillkürlich fragte, ob sein Vater die Botschaft vielleicht falsch verstanden hatte. Fäden! Das Wort allein ließ ihn unruhig im Sattel herumrutschen, und sofort begann Fairex unter ihm zu tänzeln. Er beruhigte sie und redete auch sich selbst gut zu. Sein Vater würde niemals zulassen, daß die Lilcamp-Karawane Schaden nahm.
Er war ein fähiger Anführer, und sie hatten den Winter über gut 40
verdient. Jayge war nicht der einzige, der sich über einen prallgefüllten Beutel freuen konnte. Trotzdem, die Angst ließ sich nur schwer abschütteln. Die Reaktion seines Vaters hatte ihn überrascht.
Gutsherr Childon war kein Spaßvogel, sondern ein aufrechter Mann, der sagte, was er meinte, und meinte, was er sagte. So hatte Crenden ihn oft beschrieben. Childon war viel ehrlicher als andere Hofbesitzer, die auf die Fuhrleute herabsahen und sie als arbeitsscheues Gesindel betrachteten, kaum besser als Diebe, zu faul, um sich selbst ein Anwesen aufzubauen, und zu hochmütig, um sich einem Burgherrn zu unterstellen.
Als Jayge einmal eine wüste Rauferei angefangen und dafür von seinem Vater eine ordentliche Tracht Prügel bezogen hatte, brachte er zu seiner Entschuldigung vor, er habe die Familienehre verteidigen müssen.
»Das ist immer noch kein Grund, sich zu prügeln«, hatte sein Vater gesagt. »Unsere Familie ist nicht schlechter als jede andere.«
»Aber wir sind heimatlos!«
»Und was hat das zu bedeuten?« hatte Crenden gefragt.
»Kein Gesetz auf Pern schreibt vor, daß ein Mann und seine Familie ein Anwesen haben und an einem bestimmten Ort leben müssen. Wir dürfen keinem anderen seinen Besitz wegnehmen, aber ringsum gibt es genügend Land, auf das noch nie ein Mensch einen Fuß gesetzt hat. Sollen sich doch alle Schwachen und Ängstlichen zitternd in ihren vier Wänden verkriechen ... womit ich nicht sagen will, daß wir uns wegen der Fäden noch Sorgen zu machen brauchten. Aber auch wir waren früher einmal Grundbesitzer, mein Junge, unten in Süd-Boll, und dort leben noch Angehörige unserer Sippe, die sich der Verwandtschaft mit uns nicht schämen.
Wenn das genügt, um dich aus Schlägereien herauszuhalten, dann hör nicht mehr auf solche Sticheleien.«
»Aber ... aber Irtine hat gesagt, wir stehen nur eine Stufe über Dieben und Landstreichern.«
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Sein Vater hatte ihn an den Schultern gepackt und geschüttelt.
»Wir sind ehrliche Händler und bringen abgelegenen Höfen, die nicht immer die Feste besuchen können, gute Waren und Nachrichten. Wir ziehen freiwillig durch die Lande, weil es uns Freude macht. Unsere Welt ist weit und schön, Jayge, und wir wollen so viel wie möglich davon sehen.
Wir bleiben lange genug an einem Ort, um Freunde zu finden und andere Gewohnheiten kennenzulernen. Ich finde das viel besser, als sein Lebtag lang in ein-und demselben Tal zu hocken, nie eine andere Mundart zu hören oder neue Erfahrungen zu
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