Die hohe Kunst des Bankraubs: Roman (German Edition)
Prolog: Dienstleistungen
Prolog:
Dienstleistungen
Wurde auf dieser oberflächlichen Globalkonzern-Tall-Skinny-Latte-Kiddy-Meal-mit-Spielzeug-United-Colors-of-Fuck-You-too-Plastikwelt irgendetwas so unterschätzt wie ein guter alter gekaufter Blowjob ohne Extras?
Der gehörte zu den letzten Transaktionen überhaupt, bei denen der Kunde noch genau das bekam, wofür er bezahlt hatte, nicht mehr und nicht weniger. Keine Verpackung, kein Marketing, kein aufgesetztes Lächeln, kein Empfangskomitee, kein Prestige-Versprechen; nichts als zuverlässiges, leidenschaftsloses Schwanzlutschen zum vorher vereinbarten Pauschalpreis.
Die ganzen verklemmten Arschlöcher, die sich groß aufspielten, weil sie angeblich noch nie dafür bezahlt hatten, wussten ja gar nicht, was sie verpassten. Sie verstanden die Natur der Transaktion einfach nicht. Dafür bezahlen war unter ihrer Würde, sie kamen sich dann nicht mehr wie richtige Männer vor. Was für ängstliche Loser das waren – schließlich beweist man doch auch in allen anderen Lebenslagen seinen Status dadurch, dass man jemanden für eine Dienstleistung bezahlt. Klar kann man selber tanken, selber sein Auto waschen und sich die Schuhe putzen; selber den Teig ausrollen und sich ’ne Pizza backen, verdammte Scheiße! Aber das will doch wohl keiner, der ein bisschen Kohle in der Tasche hat. Das alles machen müssen, weil man kein Geld in der Tasche hat – das ist würdelos; dann bist du kein richtiger Mann. Wenn man dafür bezahlt, heißt das nicht, dass man es anders nicht kriegt, sondern dass man sich die Komfortoption leisten kann, wie bei jeder anderen Dienstleistung auch.
Und überhaupt: »Noch nie dafür bezahlt.« Totale Selbstverarsche. Vielleicht nicht direkt, Arschloch, aber bezahlt hast du, das kannst du mir glauben. Jedes Mal, wenn sie dir den Reißverschluss aufmacht, egal ob Ehefrau, Geliebte oder One-Night-Stand, kann man nachverfolgen, wohin das Geld verschwindet, heimlicher als die Mehrwertsteuer und genauso unausweichlich. Und damit sind nicht nur Aufwendungen für Restaurantbesuche und Hotelzimmer gemeint. Hier geht’s auch um deinen Tausend-Dollar-Anzug, deine Fitnesscenter-Mitgliedskarte und den Lohn deines Friseurs. Selbst wenn du als Rockstar im Backstagebereich vom Hollywood Bowl sitzt: Sogar die Siebzehnjährige mit den Rehaugen und dem ehrfürchtigen Blick hat ihre Hintergedanken, und sie nimmt auf jeden Fall einen größeren Teil von dir mit als den, den sie gerade zwischen den Zähnen hat. Ob es jetzt eine Nase voll von deinem besten Schnee ist oder der Scheck, den sie kriegt, wenn sie an die Presse geht: Kostenlos ist der Blowjob nie im Leben.
Und dann gibt’s natürlich noch die, die sagen, sie finden’s nur geil, wenn die Frau wirklich auf sie steht; das sind wahrscheinlich dieselben verblendeten Spinner, die glauben, dass ihnen noch nie eine ’nen Orgasmus vorgetäuscht hat. Na klar. Als ob jede, die dir jemals einen geblasen hat, dich unwiderstehlich fand. Gibt’s wirklich so viele Weiber mit Bierbauch-und-Mundgeruch-Fetisch? Mal im Ernst. Selbst deine ach so vernarrte Frau muss dir ab und zu mal was vorspielen. Aber keine spielt’s dir so gut vor wie ’ne Nutte. Überhaupt kümmert’s doch nur Sensibelchen und selbstverliebte Schönlinge, ob die Schlampe was davon hat.
Diese Idioten verstehen einfach nicht, dass man genauso für ihr Desinteresse bezahlt wie für ihre Zuwendung. Der gelangweilte Gesichtsausdruck ist ein wesentlicher, ja entscheidender Bestandteil des käuflichen Blowjob-Erlebnisses. Es beleidigt doch wirklich deine Intelligenz, wenn du ihr glauben sollst, dass sie es toll findet – also verleiht es der Transaktion eine kostbare Ehrlichkeit, wenn sie offen zeigt, dass es ihr scheißegal ist. Kein verlogen-sentimentaler Schönen-Tag-noch-Quatsch. Blow- Job, okay? Nicht Blow- Hobby. Sie macht das nicht aus Spaß, sondern weil sie die Kohle braucht, die du ihr gibst, wenn du gekommen bist. Zwei Straßen weiter sieht die Burgerwenderin bei McDonalds für weniger Geld noch gelangweilter aus, aber dein Big Mac schmeckt nicht anders, wenn sie doch mal grinst.
Das ist reiner, ehrlicher, klassischer Präglobalisierungskapitalismus. Du brauchst ihre Dienste, sie braucht dein Geld und keiner tut so, als ginge es um irgendwas anderes. Kein Branding, kein Leitspruch, keine Kundenkarte. Du glaubst an No Logo? Dann lass dir professionell einen blasen.
Und gönn’ dir bei Gelegenheit unbedingt mal ’nen Dritte-Welt-Blowjob. Wenn
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