Perry Rhodan Neo 3: Der Teleporter (German Edition)
im Ödland und verdursteten, oder sie fielen den im Grenzgebiet operierenden Banditen zum Opfer.
Das Paradoxe, ja Skandalöse an der Situation war, dass die Zuwanderer aus dem Süden in den USA gebraucht wurden. Ohne sie wäre die Bevölkerungszahl rückläufig gewesen. Die Wirtschaft des gesamten Südwestens konnte auf die lateinamerikanischen Arbeiter aus vielen Gründen nicht verzichten. Vor allem aus Landwirtschaft, Gastronomie und Baugewerbe waren sie nicht mehr wegzudenken. Hoch motiviert, arbeiteten sie hart für ihren Traum von einem Leben ohne Armut.
Vor allem aber kosteten sie – wenn sie illegal eingereist waren – die Unternehmer nur einen Bruchteil des normalen Lohns. Hierin lag der wahre Grund für die Aufrechterhaltung der blutigen Grenze: Würde sie geöffnet, und alle willigen und verwendbaren Immigranten erhielten Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigungen, gäbe es kaum noch extrem billige Arbeitskräfte. Und die Gewinne der Aktionäre und Spitzenmanager würden wesentlich geringer ausfallen ... Das durfte selbstverständlich auf keinen Fall passieren. Nicht in den ach so aufgeklärten, demokratischen, leistungsorientierten USA, die sich so gern als Hort der Menschenrechte gaben. Seit Jahrzehnten kam John Marshall angesichts dieser Heuchelei die Galle hoch.
Damit ein winziger Bruchteil der Gesellschaft immer noch reicher und reicher wurde, nahm man die Ausbeutung der Schwächsten in Kauf. Über die Tausenden, die schon am Anfang auf der Strecke blieben, sah man geflissentlich hinweg. Marshall hatte gehört, dass an die Coyotes genannten Schlepper pro Person, die sie durch das Grenzgebiet lotsten, drei- bis fünftausend Dollar entrichtet werden mussten. Deren Geschäft blühte; umso mehr, je penibler die Grenze überwacht wurde. Trotzdem setzten sich die Coyotes nicht selten mit dem Geld ab und überließen ihre Klienten in der Wüste oder im Bergland einem grausamen Schicksal. Wenn sie nicht sowieso mit den Banditen unter einer Decke steckten, die skrupellos Migranten überfielen, ausraubten und ermordeten.
War dies den armen Teufeln widerfahren, deren Skelette unten am Grund der Schlucht lagen? Und stand Gleiches auch den Geschwistern Jesús und Confesión bevor?
Weiter oben besserten sich die Lichtverhältnisse. Auch der Pfad wurde etwas breiter. Er führte um einen Überhang herum und mündete in einen senkrechten Einschnitt. Nachdem Marshall die Kaminkletterei bewältigt hatte, erreichte er die Kante des Plateaus. Keine zwei Meter dahinter ragte die fensterlose Rückwand eines Schuppens auf. Einige Meter weiter rechts tuckerte ein fahrbarer Dieselgenerator, von dem ein dicker Kabelstrang zum Sockel des Gebäudes verlief.
Marshall setzte seine telepathische Fähigkeit ein. Seltsamerweise empfing er, obwohl er nun ganz nahe dran war, die Gedanken der beiden Menschen im Schuppen wieder undeutlicher. Er konnte sie vollkommen zweifelsfrei orten und identifizieren, jedoch kaum Einzelheiten verstehen. Vermutlich lag es daran, dass sich mittlerweile ihre Aufregung gelegt hatte. Der Faktor der emotionalen Intensität schien eine große Rolle zu spielen.
Während Marshalls Atmung und Pulsschlag sich allmählich wieder normalisierten, überlegte er, wie er vorgehen sollte. Einfach hineingehen, sein Anliegen vortragen und nebenbei von den Skeletten im Canyon berichten? Hm. In seinem verdreckten Aufzug sah er wenig vertrauenswürdig aus. Falls die Geschwister kein Englisch sprachen – wie sollte er sich verständlich machen? Sie konnten seine Gedanken ja nicht lesen. Mit einiger Mühe legte er sich die wenigen spanischen Brocken zurecht, die ihm einfielen. ¡Hola! Soy John. Soy un hombre bueno. Necesito ...
Äh ... Bedeutete batería nicht eher Schlagzeug?
Das drohte peinlich zu werden. Außerdem misstraute zwar Confesión ihren Schleppern, aber wenn es Marshall gelang, diesen Verdacht zu bestärken – welche Alternativen hatte er anzubieten?
Fast war er erleichtert, als ihm die Entscheidung abgenommen wurde. Motorengeräusch durchdrang die nächtliche Stille. Aus der anderen Richtung, von der leicht abfallenden Hochfläche her, näherte sich ein Fahrzeug! Geduckt lief Marshall zum Stromgenerator, legte sich flach auf den Boden und guckte zwischen den Gummirädern hindurch.
Ein Geländewagen, in Tarnfarben lackiert, wurde neben dem Schuppen eingeparkt und der Motor abgestellt. Zwei lange Funkantennen links und rechts der Kabine glitzerten im Mondlicht. Der Fahrer zog den Zündschlüssel ab und
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