Perry Rhodan Neo 6: Die dunklen Zwillinge (German Edition)
den Irak aufgebrochen war.
Die Welt wartete auf Clifford Monterny. Und die Unsterblichkeit.
12.
Vergangenheit
Der Learjet ging in den Landeanflug auf den Flughafen von Johannesburg.
Die einzigartigen Tafelberge zogen an den Kabinenfenstern vorbei, aber Clifford Monterny nahm sie nur am Rande wahr. Er zog die ausgetretenen Wanderschuhe, die Jeans und das grobe Hemd aus – und legte das an, was er für sich sein »Kostüm« nannte: Designeranzug, Designersonnenbrille, Designeruhr. Jedes Element für sich geschmackvoll, in der Summe geschmacklos.
Genau das, was man von einem verrückten amerikanischen Millionär erwartete.
Ein Schwarzer begrüßte ihn an der Rollbahn. Er trug Jeans und Hemd, die an die Kleider erinnerten, die Monterny eben noch selbst getragen hatte.
»Mr. Haycock? Willkommen in Südafrika!« Seine Stimme schwankte. Er versuchte vergeblich, nicht auf Monternys verstümmelte Gesichtshälfte zu starren. »Ich ... ich hoffe, Sie hatten eine angenehme Reise.«
»Es ging«, entgegnete Monterny und ignorierte die dargebotene Hand. »Ihre inkompetenten Fluglotsen haben uns eine halbe Stunde kreisen lassen!«
»D... das tut mir leid.« Der Schwarze brauchte einen Moment, seine Fassung wiederzugewinnen. »Ich bin James Huulvig, Leiter des Waisenhauses. Wir freuen uns außerordentlich, dass Sie uns die Ehre Ihres Besuches erweisen, Mr. Haycock.«
»Das hoffe ich!« Er strich sich über das Kinn. »Worauf warten wir noch?«
»Nichts! Gar nichts!« Ein klimatisierter Geländewagen fuhr vor. Angemietet für den reichen Amerikaner, der sich in den Kopf gesetzt hatte, ein Kind zu adoptieren – für einen Preis, der nach Monternys Schätzung ausreichen sollte, das gesamte Waisenhaus für ein Jahr zu betreiben.
Ein standesgemäßer Empfang erwartete den Millionär. Die Kinder – es mussten fünfzig oder sechzig sein – hatten sich im staubigen Hof aufgestellt und sangen dem Amerikaner ein Begrüßungslied.
Monterny ließ sich in dem Sessel nieder, den man im Schatten eines Baums für ihn aufgestellt hatte, und gab vor, das Schauspiel mit gelangweilter Arroganz über sich ergehen zu lassen.
Tatsächlich verfolgte er es genau. Er registrierte, dass die meisten Kinder barfuß waren, und ein alter Schmerz flammte in ihm auf, als er in Gedanken in den Humvee im Irak zurückkehrte. Er registrierte die sehnsüchtigen Blicke der Kinder, von denen jedes hoffte, dass er es mitnähme, in ein besseres Leben im märchenhaft reichen Amerika. Er registrierte ein Kind, das die Lippen aufeinanderpresste und ihn in dumpfer Wut anstarrte.
Er winkte den Leiter herbei.
»Sir?«
»Ich weiß, welches Kind ich will.«
»So rasch?«
»Ja. Dank meiner Menschenkenntnis fällt mir das nicht schwer.«
»Natürlich, Mr. Haycock«, beeilte sich der Leiter zu versichern. »Welches Kind haben Sie in Ihr Herz geschlossen?«
»In der letzten Reihe ganz rechts. Der Junge.«
»Roster Deegan?« Der Leiter versuchte vergeblich, seine Überraschung zu kaschieren.
»Ja. Stimmt etwas nicht mit ihm?«
Der Leiter schüttelte hektisch den Kopf. »Nein, nein. Roster ist ein, nun, ein starker Junge. Ich dachte nur, dass Sie ein jüngeres Kind suchen. Roster ist zwölf.«
Das wusste Monterny bereits. Die Späher des Projekts Brain Drain hatten es in dem Profil aufgeführt, das sie von dem Jungen erstellt hatten. Außerdem war Roster wild, ein echter Satansbraten, der alles kaputt bekam, was ihm in die Finger geriet – und dazu einiges, was eigentlich außerhalb seiner Griffweite war.
»Ich will ihn mir näher ansehen«, sagte Monterny. »Ungestört.«
»Natürlich, Mr. Haycock!«
Wenige Minuten später saß Monterny am Schreibtisch des Leiters. Der Raum war von altmodischen Bücherregalen gesäumt und lupenrein sauber. Der Rechner war ein altmodischer grauer Kasten, wie Monterny ihn seit Jahren nicht mehr in echt gesehen hatte. An dem Tisch lehnte ein Stock.
Das Waisenhaus war ein Ort, der in mehr als einer Hinsicht im vorigen Jahrhundert stecken geblieben war.
Die Tür ging auf, Roster Deegan trat in den Raum. Er hatte demonstrativ die Daumen unter den Gürtel gehakt. Statt einer Begrüßung sagte er: »Was will ein reicher Scheißer wie Sie von mir?«
»Mit dir reden.«
»Zwecklos. Sie kriegen mich nicht. Ich bleibe.«
»Hier? Wieso?«
»Das geht Sie nichts an!« Der Junge lief rot an.
»Ich weiß, wieso. Du hast Schiss, Roster.«
»Ich Schiss? Ich weiß gar nicht, was das ist.«
»Du lügst. Du hast Schiss vor mir,
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