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Perry Rhodan Neo 6: Die dunklen Zwillinge (German Edition)

Perry Rhodan Neo 6: Die dunklen Zwillinge (German Edition)

Titel: Perry Rhodan Neo 6: Die dunklen Zwillinge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Borsch
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Goratschin sprechen ...« Haggard sagte es zögernd, als fürchte er, Monterny mit dieser intimen Beobachtung aufzubringen.
    »Ihre Beobachtung ist korrekt. Ich spreche seit Jahren mit Iwan. Leider ohne Ergebnis.«
    »Anscheinend ohne Ergebnis«, korrigierte ihn Haggard. »Sie haben eine Beziehung zu ihm aufgebaut. Sie kennen ihn. Überlegen Sie: Welchen Reiz könnten Sie setzen? Ich meine damit, zusätzlich zu der Stimulation durch die Sonde.«
    Monterny dachte nach. Es war eine unmögliche Aufgabe. Er hatte Iwan längst alles gesagt, was es zu sagen gab. Er hatte ihn angefleht aufzuwachen, hatte ihm gut zugeredet, hatte ihm gedroht. Kurz: Er war die gesamte Skala menschlicher Verhaltensweisen durchgegangen.
    »Sie überfordern mich, Dr. Haggard«, gab er zu. »Geben Sie mir eine Vorstellung davon, was Sie meinen.«
    Der Arzt strich sich mit der Hand über das Kinn. »Vielleicht am ehesten eine Art Schock. Etwas, das Mr. Goratschin aufwühlen muss. Die Explosion, die ihn ins Koma versetzt hat, war ein Schock ...«
    »... und ein weiterer Schock soll helfen, ihn aufzuwecken? Ich verstehe. Ich werde darüber nachdenken.«
    Er sah zu Iwan. Die Vorstellung, Iwan könnte von diesem Lager aufstehen, wühlte ihn auf. Es war unvorstellbar. Doch blickte er zurück, war es nicht genau das, was sein Leben ausmachte? Immer wieder waren Dinge geschehen, die unvorstellbar erschienen waren. Immer wenn er geglaubt hatte, am Ende des Weges angekommen zu sein, hatte sich eine unvermutete Wendung ergeben.
    Monterny räusperte sich. »Ich danke Ihnen«, wandte er sich an die Ärzte. »Ich werde mich persönlich beim Präsidenten für Ihre baldige Freilassung einsetzen. Wenn ich Sie nun bitten darf, mich mit Iwan allein zu lassen?«
    Manoli und Haggard verließen den Raum. Sie taten es zögernd. Jenseits des Raums erwarteten sie Wachen, die sie in ihre Zellen bringen würden.
    Dort würden sie wieder Gefangene sein, dem Schicksal und ihren eigenen quälenden Gedanken ausgeliefert.
     
    Clifford Monterny wartete, bis sich die Tür hinter den beiden Männern geschlossen hatte, dann zog er einen abgewetzten Hocker heran und setzte sich an die Seite des Betts.
    Er nahm Iwans Hand.
    Ihre Haut war zart, rosig wie die eines Kindes. Und sie war riesig, wie eine Schaufel. Monterny brauchte beide Hände, um die des Komatösen zu umfassen.
    Iwan Goratschin war stark, selbst nach Jahrzehnten des Komas.
    Es war Ausdruck dafür, wie sehr ihn sein Zwillingsbruder geliebt hatte. Ivanhoe hatte alles für Iwan getan.
    Iwan war beeindruckend. Einen Hünen hätte man ihn in den Fantasy-Romanen genannt, die Ivanhoe in jeder freien Minute verschlungen hatte. Einen tragischen Helden.
    Eine lange Narbe zog sich an der Seite seines Leibes entlang. Sie stammte nicht aus dem Krieg. Die Wunde, die der Krieg in Iwan geschlagen hatte, war unsichtbar. Sie hatte ihn in das Koma gestoßen, aus dem es kein Erwachen zu geben schien.
    Nein, die Narbe war der Beweis dafür, dass Iwan Goratschin einst mehr als ein Mensch gewesen war. Er und Ivanhoe waren als siamesische Zwillinge geboren worden. Dazu bestimmt, gemeinsam durchs Leben zu gehen – und miteinander zu sterben, sollte es nicht gelingen, sie chirurgisch zu trennen.
    Ihre Eltern hatten Russland verlassen, um im Land der unbegrenzten Möglichkeiten ein neues, besseres Leben zu finden. Es war ihnen gelungen: Eine Megakirche in Ohio hatte ihnen die sonntägliche Kollekte gespendet. Das Geld hatte genügt, die riskante Operation zu bezahlen.
    Sie hatte Iwan und Ivanhoe ein gewöhnliches Leben ermöglicht. Aber Monterny würde die langen, drückend heißen Nächte in Bagdad nie vergessen, die er mit dem Kameraden verbracht hatte. Die Operation, hatte Ivanhoe ihm gesagt, hatte zwar sein Leben gerettet, aber zugleich hatte man ihm einen Teil seines Selbst genommen. Er und sein Bruder gehörten zusammen. Sie waren untrennbar. Eigentlich.
    Doch jetzt war Ivanhoe tot, und Monterny hatte von seinem alten Kameraden eine Bürde übernommen, die schwer auf ihm lastete.
    »Hast du gehört, Iwan?«, fragte der Mutant leise. »Dr. Manoli und Dr. Haggard glauben, dich aus dem Koma holen zu können.«
    Iwan zeigte keine Regung. Wie auch? Der Komatöse hörte nicht, er sah nicht, er spürte nicht – er nahm nichts von seiner Umwelt wahr. Als gehörte er nicht mehr dieser Welt an.
    Dachte Iwan? Existierte er – seine Persönlichkeit, sein Bewusstsein, seine Seele – noch?
    Monterny hatte Tatjana Michalowna gebeten, zu versuchen,

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