Perry Rhodan Neo 7: Flucht aus Terrania (German Edition)
wohl noch gestimmt. Damals hatte die Sonne drei Viertel ihrer gegenwärtigen Leuchtkraft besessen. Vielleicht würde sich das ändern, wenn die Menschen irgendwann einmal die Venus erreichten.
»Pah!« Dazu würde es nie kommen. Diese Wesen waren Barbaren, Unterentwickelte. Es grenzte an Wahnsinn, ihnen arkonidische Technologie in die Hand zu geben, wie Crest es getan hatte – und sie selbst, musste sich Thora eingestehen. Aber ihr war keine Wahl geblieben. Perry Rhodan hatte sie erpresst. Der Terraner hatte erkannt, dass sie es niemals dulden würde, dass Crest ein Leid geschah.
Sie hatte diesem terranischen Barbaren nachgegeben.
Ein schwerer Fehler, wie sie inzwischen wusste! Nie hätte sie solchen Sentimentalitäten nachgeben dürfen, schon gar nicht angesichts der Unterentwickelten.
»Quiniu?«, versuchte sie es erneut. »Wenn Sie irgendwo da oben sind, dann antworten Sie. Oder lassen Sie den Automaten antworten.«
Da ist niemand, der dich hört. Und niemand, der lebt.
Der Gedanke, allein in dieser Unterwelt zu sein, erschien ihr so bizarr und abwegig, dass sie lachte – kurz und abgehackt. Aus der leicht spiegelnden Helmscheibe starrte sie eine blasse Fratze mit roten Augen an, umrahmt von weißem Haar.
Die Sicht draußen wurde erneut schlechter. Sie sah nur noch so weit, wie ihr Arm reichte. Es hatte keinen Sinn weiterzugehen.
»Du solltest nicht warten, Kommandantin!«, warnte die Positronik.
Sie spürte leichte Bebenwellen, die durch den Boden liefen. Sie kamen aus der Richtung, in der sie ging und in der sie den abgestürzten Aufklärer vermutete. Sie versetzten den Boden in Schwingung, als handle es sich um eine freitragende Konstruktion. Sie kam sich vor wie auf einem Schiff bei Seegang.
Der Automat meldete, dass sich in ihrer Bewegungsrichtung die Temperatur des Bodens erhöhte.
Thora setzte ihren Weg fort. Sie ging schneller als bisher, ein mühsames Unterfangen. Links von ihr zogen sich noch immer die Verwerfungslinien entlang, in regelmäßigen Abständen von den Querrillen des Parketts unterbrochen. Das Gestein des Bodens besaß eine ähnliche Konsistenz wie Basalt.
In die Nebelschwaden geriet Bewegung. Sie wanderten von rechts nach links, ein leichter Sog erfasste den Anzug. Die Gasmassen der untersten Luftschicht bewegten sich mit zunehmender Geschwindigkeit.
Die Taster des Aufklärers hatten das Phänomen beim Anflug auf den zweiten Planeten festgestellt. In der Äquatorzone stiegen immer wieder gewaltige Gasmassen auf, strömten in die Polargebiete und sanken dort in tiefere Lagen, um in Bodennähe zurück zum Äquator zu fließen.
In diesen tieferen Lagen bildeten sich Sogzentren, die bis hinauf zur Hauptwolkendecke in gut fünfzig Kilometern Höhe reichten.
Thora betrachtete auf dem kleinen Monitor des Anzugs die grafische Darstellung. Sie ähnelte verblüffend den warmen und kalten Meeresströmungen auf der Erde. Die Venusatmosphäre verhielt sich wie ein Ozean.
Die nach oben strömenden Nebelschwaden schienen zu atmen. Der Sog zog sie nach oben, dann sanken sie ein Stück zurück, um danach erneut in größere Höhen aufzusteigen. Das ging pausenlos so, als handle es sich um einen gigantischen Organismus.
Der Boden pulsierte ebenfalls ununterbrochen. Wenn die Arkonidin es nicht besser gewusst hätte, hätte sie die Venus für ein planetengroßes organisches Lebewesen gehalten.
Der Sog wurde immer stärker. Der Luftdruck sank rapide auf 50 und dann auf 20 bar. Die Positronik regulierte den Innendruck des Kampfanzugs ständig nach.
Der Nebel drehte sich mit der Aufwärtsbewegung im Kreis. Erst rotierte er langsam, dann immer schneller. Ein Trichter bildete sich, ähnlich einer Windhose oder eines Hurrikans. Thora befand sich unvermittelt im Auge des Gebildes.
»Kannst du erkennen, was hoch über uns vor sich geht?«, fragte sie.
»Die Wolkendecke ist ein undurchdringliches Hindernis. Darunter ist nichts, was erwähnenswert wäre. Aber mit etwas Glück durchstoßen wir sie.«
»Glück?«
»Der Sog wird so stark, dass du ihm nicht widerstehen kannst. Der Anzug wird eine Reise in die oberen Schichten der Atmosphäre antreten und dann in der Polregion wieder zur Oberfläche zurückkehren.«
Von dort oben erreichte sie möglicherweise den zweiten Aufklärer. Der Abstieg im Polargebiet hingegen bedeutete den sicheren Tod.
Thora verlor den Boden unter den Füßen. Wie an einem Gummiseil schnellte sie nach oben. Der Abstandsmesser kletterte auf dreißig, vierzig, fünfzig
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