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Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ransley
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Londoner machten daraus rasch das Wort »Cavalier«. Indem ich mich in die Politik stürzte, versuchte ich Anne zu vergessen. Ich half, Demonstrationen zu organisieren, um den Einzug der Bischöfe ins House of Lords zu verhindern, um die Mehrheit des Königs aufzubrechen, welche die reformerische Gesetzgebung des House of Commons behindert hatte. Jetzt erkannten die Lords die Gesetze an, sagte ein vergnügter Mr Ink, und das in einem beispiellosen, höchst unparlamentarischen Tempo!
    Selbst der Schritt des Königs, Mr Pym wegen Hochverrats anzuklagen, was vom Parlament vertagt wurde, schien ihm keine Sorgen zu bereiten. Denn das würde einige Zeit in Anspruch nehmen, und die Zeit war jetzt auf Mr Pyms Seite. Mr Ink schüttelte seine verkrampften, überall mit Tinte bespritzten Finger aus und erzählte mir, dass es einen Gesetzentwurf gäbe, den Bischöfen ihre Sitze für immer abzuerkennen. Zweite Lesung. Ein Gesetzentwurf, um die Macht des Königs zu beschneiden, ohne Zustimmung des Parlaments ein Heer aufzustellen. Dritte Lesung. Ein Gesetzentwurf …
    Er drückte mir einen Brief in die Hand, der umgehend der Countess of Carlisle überbracht werden musste, und eilte davon, um weitere Gesetzentwürfe abzuschreiben. Als ich den Bedford Square überquerte, näherte sich eine Kutsche mit solcher Geschwindigkeit, dass ich gezwungen war, auf den Gehsteig zu springen. Dabei stürzte ich, und der Brief fiel in einen Haufen zusammengefegten Schnees. Als ich mich endlich wieder gesammelt und den Brief aufgehoben hatte, war die Kutsche vor dem Haus der Countess mit einem Ruck zum Stehen gekommen, und sie selbst kam aus dem Haus und die Vordertreppe herunter. Wie gelähmt stand ich da, genau wie am Tag der königlichen Parade, als ich sie für die Königin gehalten hatte. Sie hatte die Juwelen einer Königin nicht nötig. Ihre Augen glänzten, und die Wangen glühten in der schneidenden Luft. Über einem kunstvoll bestickten Kleid aus grüner Seide trug sie einen Pelzumhang. Die kleinen Ringellöckchen erbebten, als sie einen Lakaien schalt, weil er einem Jungen befahl, die Stufen von den Schneeresten zu befreien.
    »Um Himmels willen, Jenkins, lass mich durch! Wenn ich mich nicht spute, wird ein größerer Schaden zu beklagen sein als ein gebrochenes Bein!« Sie glitt am Fuß der Treppe aus, fing sich wieder und drehte sich zu ihm um. »Schaffst du es?«
    »Ich werde es versuchen, Ma’am.«
    »Versuche interessieren mich nicht. Du musst es schaffen!«
    Er machte eine leichte Verbeugung. Als er seinen Kopf senkte, sah ich, wie er kurz die Augen schloss und die Zähne zusammenbiss, um seine Gefühle im Zaum zu halten. Die Countess nahm einen Brief aus ihrem Umhang und reichte ihn dem Lakaien, und im selben Moment sah sie mich, den Brief in der Hand, wie ich sie angaffte. Jenkins erblickte mich ebenfalls. Er ließ seine aufgestauten Gefühle an mir aus, schnappte sich meinen Brief und stieß mich beiseite.
    »Fort!«
    Ich glitt aus, fand mein Gleichgewicht wieder, und als er zu ihr zurückkehrte, zeigte ich ihm den Stinkefinger und schlurfte davon.
    »Warte!«
    In dem Glauben, dass sie unmöglich mich meinen konnte, schlenderte ich weiter, bis Jenkins mich am Arm packte.
    »Du! Junge! Komm her.« Ungeduldig winkte sie mich heran. »Ja! Du!«
    Widerstrebend kehrte ich zurück, so widerwillig, dass Jenkins mir ein paar Stöße versetzte, um mich voranzutreiben. Ich ging auf sie zu, blieb kurz vor ihr stehen und blickte zu Boden, überzeugt, dass sie in mir den Jungen wiedererkennen würde, der beim Einzug des Königs am Fenstersturz gehangen und auf ihr tief ausgeschnittenes Kleid heruntergeschaut hatte.
    »Sieh mich an!«
    Es war, als würde man von mir verlangen, in die Sonne zu schauen. Sie strahlte jene Art von Glanz, von Perfektion aus, die in das Reich der Phantasie gehörte, nur unzureichend angedeutet in abgenutzten Holzschnitten von Göttinnen, und doch stand sie jetzt in vollem Glanz vor mir. Es hieß, sie habe die Pocken gehabt, aber ich konnte es nicht glauben. Da war keine Narbe, kein einziger Makel auf der perfekten weißen Haut ihres Halses oder den von der Kälte rosigen Wangen zu sehen. Es hieß, sie sei alt, über dreißig, aber ich konnte nicht glauben, dass sie sehr viel mehr als zwanzig Jahre zählte. Es hieß, sie sei die Geliebte von Mr Pym, doch so sehr ich seine Worte und seinen Mut auch verehrte, ich weigerte mich zu glauben, dass so eine göttliche Frau diese alten Knochen lieben

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