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Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ransley
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hellen, geschlitzten Leibröcken und breitrandigen Federhüten, andere trugen die schlichten holländischen Wämser, wie bei Söldnern üblich. Alle hatten Schwerter dabei, manche gar Pistolen. Ehe ich mehr erkennen konnte, hämmerte die Countess gegen die Trennwand.
    »Fahr! Fahr weiter!«
    Die Kutsche machte einen Satz nach vorn, der Wachmann sprang mit einem wütenden Aufschrei zur Seite. »Stopp! Im Namens des Königs!«
    »Fahr! Fahr!«, schrie die Countess und hämmerte auf das Holz ein. »Fahr schon, du Narr!«
    Die verwirrten und erschreckten Pferde bäumten sich auf und preschten vorwärts. Flüchtig sah ich, wie die Wache hinter uns mit mehr Erfolg eine andere Kutsche requirierte. Alfred klammerte sich eher an die Zügel als mit ihnen zu lenken. Ich glaubte, dass er jeden Moment von seinem Sitz fallen müsste. Es war unmöglich, sich im Inneren der Kutsche irgendwo festzuhalten. Mein Halteriemen riss. Die Countess und ich krachten aufeinander und wurden im nächsten Moment auf die andere Seite der Kutsche geworfen. Schreie von Fußgängern und einem Karrenlenker, die gerade noch ausweichen konnten, gingen im Dröhnen der Räder unter, in dem Knirschen und Stöhnen der Kutsche, die kurz davor schien, sich vom Pferdgespann zu lösen.
    Eine andere Kutsche kam uns entgegen und machte keine Anstalten, auszuweichen. Alfred riss an den Zügeln. Verlor sie beinahe. Es sah aus, als müssten wir zusammenstoßen. Alfred ließ die Peitsche über die entgegenkommenden Pferde knallen. Als sie stiegen, riss er seine Pferde zur Seite. Die Countess schloss die Augen. Bei der Kollision warf sie sich gegen mich. Sie umklammerte meinen Arm. Ein entsetzliches Knirschen ertönte, das gar kein Ende zu nehmen schien. Ich zuckte zusammen und schloss ebenfalls die Augen. Die Kutscher brüllten sich an, aber unsere Kutsche war immer noch in Bewegung. Alfred hatte sie durch die schmale Lücke zwischen der anderen Kutsche und den Pfosten gelenkt, die den Gehsteig begrenzten. Die Pfosten rissen die Seite unseres Wagens auf, aber verlangsamten die Fahrt auch hinreichend, damit Alfred die Pferde wieder unter Kontrolle bekam.
    Die Countess öffnete die Augen. Ihr Blick verriet keine Furcht oder auch nur Ärger über die beschädigte Kutsche, sondern Hochgefühl. Wir sanken in unsere Polster zurück und sagten nichts, während die Kutsche mit einem gebrochenen Rad, das in Abständen klapperte, gleichsam nach Westminster humpelte. Ich hatte bereits den Brief vom Boden aufgehoben und mühte mich mit der Tür ab, als sie impulsiv meine Hand drückte. »Lauf, Tom! Bring ihm diesen Brief, ehe diese Männer ihn erreichen!«
    Tom! Sie kannte meinen Namen! Dieser Gedanke dröhnte in meinem Kopf, als Alfred die Tür aufriss. Sie hatte mich Tom genannt! Vielleicht wusste sie tatsächlich, wer ich war! Diese Vorstellung durchdrang mich, als ich herausstürzte und in der Lobby in Mr Ink hineinrannte. Ich redete auf ihn ein, dass ich diesen Brief zu Mr Pym bringen müsse, und ohne ein Wort trieb er mich voran zum Sitzungssaal. Im schattigen Zugang standen zwei Wachen, und hinter ihnen der Serjeant-at-Arms in Kniehose und voller zeremonieller Uniform. Mr Inks Augen leuchteten vor Aufregung. Es war, als habe er sein ganzes Leben lang auf diesen Augenblick gewartet.
    »Ich kümmere mich um die Wachen«, sagte er. »Du schlüpfst an dem aufgeblasenen Lackaffen vorbei.«
    Ich verbarg mich in der Dunkelheit hinter einer Säule. Ich konnte Mr Pyms klangvolle Stimme hören. »Die Streitmacht für Irland versammelt sich, und der hochverehrte Lord Warwick hat ein Schiff von vierhundert Tonnen verproviantiert und bewaffnet …«
    Argumentierend und gestikulierend bestand Mr Ink darauf, dass er unbedingt zu Mr Pym müsse. Ich schlich an der Mauer entlang. Der Serjeant hatte mir den breiten Rücken zugekehrt.
    »Das Schiff kann sechshundert Mann aufnehmen und liegt bereit, um vom Hafen in London loszusegeln …«
    Ich sah, wie die Royalisten protestierend aufheulten. Der Speaker übergab das Wort an Sir Edward Hyde.
    »Sind Chester und Bristol nicht die üblichen Häfen, um sich nach Irland einzuschiffen? Ist das nicht ein Versuch des hochverehrten Abgeordneten, unter dem Vorwand, gegen die Papisten zu kämpfen, eine Streitmacht nach London zu bringen, um gegen den König zu kämpfen?«
    Ich war zehn, fünfzehn Schritte von Mr Pym entfernt. Ich hatte vor, am Serjeant-at-Arms vorbeizuflitzen und zu Mr Pym zu rennen, aber als ich mich bereit machte,

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