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Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ransley
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Ich hole nur etwas Ampfer.«
    Sie riss ein paar Ampferblätter aus. Ich ergriff ihre Hand.
    »Anne – als er sagte, ich sei ein Pestkind, hast du da gedacht, ich würde schwarze Beulen bekommen?«
    Überraschend begann sie zu lachen. »Ja. Ich habe jeden Tag danach gesucht.«
    »Hast du welche gefunden?«
    »Nein.«
    »Glaubst du, ich sei böse?«
    »Der Teufel ist schlau«, sagte sie mit eindringlicher Direktheit.
    »Das sagt George.«
    »Er sagt, dass niemand weiß, wer du wirklich bist. Woher du kommst.«
    Das war wahr. Für mich deutete mittlerweile alles darauf hin, dass ich nicht Matthews und Susannahs Kind war. Matthew war nicht wegen des gestohlenen Anhängers nach Poplar geflohen, sondern meinetwegen. Ein Pestkind. Was meinte der Mann damit? Soweit ich wusste, war ich nie an der Pest erkrankt. Ein kalter Schauder ergriff mich. Es gab ein Gesetz, dass mit dem Tode durch Erhängen bestraft würde, wer »mit einer sündhaften oder bösen Seele sprach, ihr zu essen gab, sie bewirtete oder beschäftigte«. Das, so glaubte die Kirche, sei die größte Sünde gegen Gott – Maleficium , einen Pakt mit dem Teufel zu schließen.
    »Anne, du darfst nicht glauben, dass ich eine böse Seele bin!«
    Ich musste so verzweifelt ausgesehen haben, so jammervoll, dass sie lachte und mich umarmte. »Nein, Tom, nicht wenn ich mit dir zusammen bin. Nicht, wenn du mich auf diese Weise anschaust.«
    Kurz entschlossen küsste sie mich. Nie zuvor hatte ich sie schöner gesehen, obwohl ihr Gesicht gerötet war und ihre Haube schief saß, so dass ihr widerspenstige Strähnen blonden Haares in die Augen wehten.
    Der Peitschenknall des Kutschers ließ sie zusammenzucken, als hätte sie die Knute gespürt. »Doch wenn ich meinen Vater so liegen sehe … Du sagst, wenn ich dir sage, dass ich dich nicht liebe, würdest du gehen.«
    »Aber du tust es.«
    »Ich darf dich nicht lieben.« Jetzt weinte sie, und Tränen verzerrten ihre Worte. »Ich habe meinem Vater versprochen … ich habe bei der Bibel geschworen, dass ich dich nie wiedersehen werde. Und hier stehe ich jetzt, Gott verzeihe mir. Versprich mir bei der Bibel deiner Mutter, dass du mich nie wieder aufsuchen wirst, Tom!«
    Ihre Augen waren blind vor Tränen, ihre Stimme klang so verzweifelt, und ich liebte sie so sehr, dass ich in diesem Moment alles für sie getan hätte. Die Worte waren über meine Lippen, ehe ich sie zurückhalten konnte. »Ich verspreche es.«

11. Kapitel
    Dieser Dezember, dieses Weihnachtsfest, war eine einzige Leere für mich. Ich kümmerte mich um nichts: Leben, Politik, Worte … alles hatte den Geschmack von trockenem Brot. Ich trat der Allerheiligen Bürgergarde bei und ging mit Will, Luke und Ben nach Moorfields, für etwas, das ich für sinnloses Exerzieren hielt. Doch ich brauchte etwas Sinnloses. »Spieß nach rechts … Hand … Zum Angriff!« Oder, mit einer Muskete: »Kugel einlegen und stopfen … Putzstock ziehen!«
    Der Spießmeister, Big Jed, war Kohlenträger, ein riesiger Kerl, dessen freundliches Auftreten seine Worte Lügen strafte. Seine Stimmung passte zu meiner. Er war ein Veteran der Londoner Aufstände und erklärte, die Dienstvorschrift zum Gebrauch des Spießes sei von hohen Herren geschrieben worden, die Gefallen an hübschen Bildern fanden. Mit zwei kurzen Sätzen, bei denen es uns eiskalt über den Rücken lief, verscheuchte er das Lächeln von unseren Lippen und verdarb uns die Lust am Possenreißen. »Das ist ein Spieß«, sagte er. »Damit bringt man Menschen um.«
    Ich dachte, meine Liebe zu Anne würde schließlich vergehen. Ich betete dafür, dass das endlich geschehen möge, doch sie schien nur noch stärker zu werden. Die Abende waren am schlimmsten, wenn ich die Milane über Smithfield kreisen sah und mich danach sehnte, durch Cloth Fair zu streifen, nur um einen Blick auf sie zu werfen.
    Kurz vor Weihnachten wurden die Wahlen für die Ratsversammlung der City of London abgehalten. Die Anhänger des Königs verloren ihre Mehrheit, Georges Freund Benyon musste seinen Sitz an Wills Vater, John Ormonde, abgeben, doch selbst das trug wenig dazu bei, mich aufzumuntern.
    Das Geld für meine Unterkunft bei den Ormondes verdiente ich als Bote für Mr Pym. Die Aufstände wurden heftiger, und zum ersten Mal wurden Lehrjungen Roundheads genannt, Rundköpfe, wegen ihrer kurz geschorenen Haare. Im Gegenzug verhöhnten sie die Royalisten als »Caballeros«, nach den bei Protestanten verhassten spanischen Truppen. Die

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