Petersburger Erzählungen: Fischer Klassik PLUS (German Edition)
Konstantinowski.
1847
Ausgewählte Stellen aus dem Briefwechsel mit Freunden erscheint. Wiederum Reisen nach Deutschland, Kur in Ostende und Rückreise nach Neapel über Nizza und Rom.
1848
Pilgerfahrt über Malta nach Jerusalem, Rückreise nach Russland über Beirut, Istanbul und Odessa. Ab Dezember Aufenthalt im Haus des Grafen A. N. Tolstoi in Moskau.
1849
Verschlechterung des Gesundheitszustands. Weitere Arbeit am zweiten Teil von Die toten Seelen , die im Winter erneut ins Stocken gerät.
1850
Bis Juni in Moskau, im Sommer Besuch des Klosters Optina Pustyn. Winteraufenthalt in Odessa.
1851
Im Sommer erneut Besuch im Kloster Optina Pustyn. Arbeit am zweiten Teil von Die toten Seelen , Vorbereitung einer Ausgabe der Werke in fünf Bänden.
1852
1. Januar: Gogol teilt Arnoldi mit, der zweite Teil von Die toten Seelen sei abgeschlossen.
Ende Januar Gespräche mit dem Priester Matwei, der Gogols Werke als verderbt ablehnt. 5. Februar: Abreise Vater Matweis. 11./12. Februar: Gogol verbrennt in einem Anfall religiösen Wahns den zweiten Teil von Die toten Seelen ; von da an verweigert er jede Nahrungsaufnahme. 20. Februar: Ein Ärztekonsilium versucht, Gogol durch Gewaltkuren zu retten. 21. Februar: Gogol stirbt in Moskau. Er wird am 24. Februar (4. März nach Gregorianischem Kalender) im Danielskloster beigesetzt.
Aus Kindlers Literatur Lexikon:
Nikolai Gogol, ›Die Nase‹
Unter den Petersburger Erzählungen nimmt die 1833 begonnene und 1836 veröffentlichte Novelle aufgrund ihres ausgeprägt absurd-grotesken Vorwurfs einen besonderen Platz ein. Die romantische Phantastik erscheint hier auf die Spitze getrieben und dadurch ironisch parodiert: Am Morgen eines 25. März findet der Barbier Iwan Jakowlewitsch die Nase eines seiner Kunden, des Kollegien-Assessors Kowaljow, in seinem Frühstücksbrot. Im Glauben, sie Kowaljow bei der morgendlichen Rasur im Rausch abgeschnitten zu haben, schafft der erschrockene Barbier das Corpus Delicti aus dem Hause und wirft es in die Newa. Zu seinem Entsetzen ist er dabei jedoch von einem Polizeibeamten beobachtet worden, der ihn arretiert und zur Rede stellt.
Der Hauptteil der Novelle ändert die Szenerie: Erschrocken bemerkt Kowaljow bei der Morgentoilette statt der Nase in seinem Gesicht eine »völlig glatte Stelle«. Zu seiner Verblüffung trifft er seine Nase mitten in der Hauptstadt auf offener Straße in der Uniform eines Staatsrats an. Betroffen folgt er ihr in die Kathedrale, wo er sie beim Beten beobachtet. Als er sich schließlich ein Herz fasst und sie anspricht, wird er abgewiesen und verliert die Nase aus den Augen. Eine Zeitung lehnt, um ihre Reputation nicht zu gefährden, seine absonderliche Suchanzeige ab. Auch der schläfrige Polizeimeister kann Kowaljow nicht helfen. Als er, am Ende aller Hoffnung, verzweifelt Ruhe in seinem Zimmer sucht, betritt eben der Polizeibeamte, welcher in der Vorgeschichte den Barbier an der Newa überraschte, den Raum und überreicht ihm, sorgfältig in ein Papier gepackt, das ersehnte Sinnesorgan. Doch nun beginnen neue Sorgen für Kowaljow: Es will ihm nicht gelingen, die Nase an ihrer angestammten Stelle anzubringen. Weder der Besuch eines Arztes noch ein Drohbrief Kowaljows an die Stabsoffizierswitwe Podtotschina, die er der Zauberei aus Rache für ihre verschmähte Tochter bezichtigt, führen zum gewünschten Erfolg.
Im Schlussteil der Novelle findet Kowaljow, als er in den Spiegel schaut, die Nase wieder an ihrem Platz. Mit einem ausführlichen, in absurd-komischer Weise das völlige Unverständnis des Erzählers formulierenden Schlusswort, das die Verwirrung des Lesers nur noch erhöht, klingt die Novelle aus.
In ihrer endgültigen Fassung erhielt die Novelle den Charakter einer unlegitimierten Groteske, in der Phantastik und Realität zu einem unentwirrbaren Konglomerat verschmelzen. Die kühle Selbstverständlichkeit, mit der Ungeheuerliches vorgetragen wird, scheint Kafkas Verwandlung vorwegzunehmen. Zur »abnormen Groteske« (Vinogradov) wird die Novelle durch ihre rein assoziative, nicht logische Verknüpfung.
Gogols Novelle hat neben ihrer Deutung als Groteske zu verschiedensten Interpretationsversuchen angeregt: Die psychoanalytische Deutung sieht in der Nase ein Symbol von obszöner Doppeldeutigkeit, wie es etwa im Tristram Shandy von Sterne vorgebildet ist, an dessen vielschichtige Erzählmanier Gogol ohne Zweifel anknüpft. Psychologische und metaphysische Interpretationen rücken das Motiv der
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