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Pfade Ins Zwielicht

Pfade Ins Zwielicht

Titel: Pfade Ins Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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tatsächlich derjenige gewesen, der sie »zur Gai'schain gemacht« hatte. Sicher, er hatte sie in der Nacht ihrer Entführung vor dem Erfrieren bewahrt, indem er sie in seinen Mantel gehüllt hatte, aber sie hätte das Kleidungsstück nicht gebraucht, hätte er nicht zuvor jeden Fetzen Stoff von ihrem Körper heruntergeschnitten. Der erste Schritt, jemanden zum Gai'schain zu machen, bestand immer darin, ihn nackt auszuziehen, aber das war kein Grund für sie, ihm zu vergeben.
    »Danke«, sagte sie, und das Wort schmeckte bitter auf ihrer Zunge.
    »Ich habe nicht um Dankbarkeit gebeten«, sagte er milde. »Sieh mich nicht an, als wolltest du mich nur beißen, weil du Nadric nicht beißen konntest.«
    Sie schaffte es, ihn nicht anzufauchen, wenn auch nur mit Mühe - im Augenblick hätte sie keine Demut zustande gebracht, selbst wenn sie es gewollt hätte -, bevor sie sich abwandte und zur Straße marschierte. Das heißt, sie wollte marschieren. Ihre Beine zitterten noch immer so sehr, dass es mehr ein Taumeln war. Die vorbeigehenden Gai'schain schenkten ihr kaum einen Blick, während sie sich mit ihren Wassereimern die Straße entlangschleppten. Nur wenige der Gefangenen wollten sich mit den Sorgen anderer Leute belasten. Sie hatten genug eigene.
    Als Faile den Wäschekorb erreichte, stieß sie ein Seufzen aus. Er lag auf der Seite, und weiße Seidenblusen und dunkle Seidenreitröcke breiteten sich über das schmutzige, ascheverschmierte Kopfsteinpflaster aus. Wenigstens war keiner daraufgetreten. Man hätte niemandem, der den ganzen Morgen Wasser geschleppt und einen weiteren Tag dieser Beschäftigung noch vor sich hatte, verübeln können, wenn er keinen Bogen um herumliegende Kleidungsstücke gemacht hätte, die man den zu Gai'schain gemachten Bürgern Maidens vom Leib geschnitten hatte. Sie hätte versucht, ihnen zu vergeben. Sie stellte den Korb aufrecht hin und fing an, die Kleider einzusammeln, schüttelte soweit möglich den Dreck und die Asche ab und achtete sorgfältig darauf, den verbleibenden Rest nicht tiefer in den Stoff zu drücken. Im Gegensatz zu Someryn hatte Sevanna an Seide Gefallen gefunden. Sie trug nichts anderes mehr. Sie war auf ihre seidene Kleidung genauso stolz wie auf ihre Juwelen, und bei beiden gleichermaßen besitzergreifend. Sie würde nicht erfreut sein, wenn auch nur eines dieser Kleidungsstücke nicht sauber zurückkam.
    Als Faile die letzte Bluse obenauf legte, griff Rolan an ihr vorbei und hob den Korb mit einer Hand hoch. Im Begriff, ihn anzuschnauzen - sie konnte ihre Last selbst tragen, vielen herzlichen Dank! -, schluckte sie die Worte wieder hinunter. Ihr Verstand war die einzige Waffe, die ihr zur Verfügung stand, und sie musste ihn benutzen, statt ihrem Temperament freien Lauf zu lassen. Rolan war nicht zufällig da gewesen. Das war kaum vorstellbar. Seit ihrer Gefangennahme hatte sie ihn oft gesehen, viel zu oft, als sich nur durch Zufälle erklären ließ. Er war ihr gefolgt. Was hatte er Nadric gesagt? Er hatte sie Sevanna nicht gegeben und sie auch nicht gegen etwas eingetauscht. Obwohl er sie gefangen genommen hatte, schien er es nicht für richtig zu halten, Feuchtländer zu Gai'schain zu machen - die meisten Bruderlosen vertraten diese Ansicht -, aber anscheinend beanspruchte er noch immer das Recht auf ihre Person.
    Sie war sich sicher, keine Angst haben zu müssen, dass er versuchen würde, sie mit Gewalt zu nehmen. Rolan hatte seine Chance gehabt, als er sie nackt und gefesselt vor sich hatte, und damals hätte er genauso gut einen Zaunpfosten ansehen können. Vielleicht konnte er Frauen nichts abgewinnen. Auf jeden Fall waren die Bruderlosen fast ebensolche Außenseiter unter den Shaido wie die Feuchtländer. Kein Shaido vertraute ihnen vorbehaltlos, und die Bruderlosen erschienen selbst oft wie Männer, die sich die Nase zuhielten und das in ihren Augen kleinere Übel akzeptierten, statt sich mit dem größeren abzufinden, die sich aber nicht länger so sicher waren, was das kleinere Übel wirklich war. Wenn sie mit dem Mann Freundschaft schließen konnte, würde er vielleicht bereit sein, ihr zu helfen. Nicht bei einer Flucht - das wäre zuviel verlangt gewesen -, aber ... Oder doch nicht? Die einzige Möglichkeit, das herauszufinden, bestand darin, es zu versuchen.
    »Danke«, sagte sie erneut, und diesmal brachte sie ein Lächeln zustande. Überraschenderweise erwiderte er das Lächeln. Es war ein kleines Lächeln, kaum zu sehen, aber Aiel waren nicht für

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