Pfade Ins Zwielicht
ihre überschwängliche Art bekannt. Sie erschienen kalt und abweisend, bevor man sie besser kennenlernte.
Ein paar Schritte gingen sie schweigend nebeneinander her, er trug den Korb mit einer Hand, und sie hielt den Gewandsaum hoch. Man hätte denken können, sie würden einen Spaziergang machen. Wenn man etwas im Auge hatte. Einige der vorbeigehenden Gai'schain starrten sie überrascht an, senkten aber schnell wieder den Blick. Faile wusste nicht, wie sie anfangen sollte, er sollte schließlich nicht glauben, dass sie mit ihm flirtete; möglicherweise gefielen ihm Frauen ja doch, aber er kam ihr zuvor.
»Ich habe dich beobachtet«, sagte er. »Du bist stark und wild, und ich glaube, du hast keine Angst. Sie meisten Feuchtländer sind halb wahnsinnig vor Angst. Die stellen sich so lange dumm an, bis sie bestraft wer - den, und dann weinen sie und kriechen. Ich glaube, du bist eine Frau mit viel /z.«
»Ich habe Angst«, erwiderte sie. »Ich versuche bloß, es nicht zu zeigen. Weinen nützt nichts.« Das glaubten die meisten Männer. Tränen konnten einem in die Quere kommen, wenn man dies zuließ, aber ein paar in der Nacht vergossene Tränen konnten einem dabei helfen, den nächsten Tag zu überstehen.
»Es gibt Augenblicke, in denen man weinen sollte, und Augenblicke, in denen sollte man lachen. Ich würde dich gern einmal lachen sehen.«
Sie lachte, ein trockenes Lachen. »Solange ich Weiß trage, gibt es dafür wenig Anlass, Rolan.« Sie betrachtete ihn aus dem Augenwinkel. War sie zu schnell?
Aber er nickte nur.
»Ich würde es trotzdem gern sehen. Ein Lächeln passt zu deinem Gesicht. Lachen würde ihm noch besser stehen. Ich habe keine Ehefrau, aber manchmal kann ich eine Frau zum Lachen bringen. Ich habe gehört, du hast einen Ehemann?«
Überrascht stolperte Faile über die eigenen Füße und griff haltsuchend nach seinem Arm. Sie riss die Hand schnell weg und musterte ihn am Kapuzenrand vorbei. Er blieb lange genug stehen, bis sie wieder sicher stand, und ging weiter, als sie sich in Bewegung setzte. Seine Miene verriet nicht mehr als milde Neugier. Nadric zum Trotz stellte nach den Sitten der Aiel die Frau die Fragen, nachdem ein Mann ihr Interesse erregt hatte. Ihr Geschenke zu machen war eine Möglichkeit. Sie zum Lachen zu bringen, eine andere. Soviel zu der Überlegung, dass er nicht auf Frauen stand. »Ich habe einen Ehemann, Rolan, und ich liebe ihn sehr. Sogar über alles.
Ich kann es nicht erwarten, zu ihm zurückzukehren.«
»Was mit dir geschieht, während du Gai'schain bist, kann man dir nicht zum Vorwurf machen, sobald du das Weiß abgelegt hast«, sagte er ruhig. »Aber vielleicht betrachtet ihr Feuchtländer das nicht auf diese Weise. Dennoch kann es sehr einsam sein, wenn man Gai'schain ist. Vielleicht können wir uns ja gelegentlich unterhalten.«
Der Mann wollte sie lachen sehen, und sie wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. Er verkündete, dass er keinesfalls vorhatte, seine Bemühungen einzustellen, ihre Aufmerksamkeit zu erregen. Aielfrauen bewunderten Hartnä ckigkeit an einem Mann. Aber wenn Bain und Chiad ihr nicht weiter als bis zum Waldrand helfen wollten oder konnten, stellte Rolan ihre beste Hoffnung dar. Mit etwas Zeit glaubte sie, ihn überzeugen zu können. Natürlich würde sie das schaffen; zaghafte Herzen waren niemals erfolgreich! Er war ein verachteter Außenseiter, der nur geduldet wurde, weil die Shaido seinen Speer brauchten. Aber sie würde ihm einen Grund geben müssen, sein Interesse aufrechtzuerhalten.
»Das würde mir gefallen«, sagte sie vorsichtig. Vielleicht würde sie doch etwas flirten müssen, aber sie konnte ihm schlecht im einen Atemzug sagen, wie sehr sie ihren Mann Hebte, um ihn im nächsten anzuhimmeln. Nicht, dass sie vorhatte, soweit zu gehen - schließlich war sie keine Domani! -, aber möglicherweise musste sie näher an ihn herankommen. Im Moment würde eine kleine Erinnerung, dass Sevanna sein »Recht« an sich gerissen hatte, nicht schaden. »Aber jetzt muss ich arbeiten, und ich bezweifle, dass Sevanna erfreut wäre, wenn ich mich stattdessen mit Euch unterhalte.«
Rolan nickte wieder, und Faile seufzte. Vermutlich wusste er, wie er eine Frau zum Lachen bringen konnte, so wie er es behauptet hatte, aber gesprächig war er nicht. Wenn sie von ihm mehr als Witze hören wollte, die sie ohnehin nicht verstehen würde, musste sie einiges tun, um ihn aus sich herauszulocken. Trotz Chiads und Bains Bemühungen war ihr der Humor
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