Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Pfade Ins Zwielicht

Pfade Ins Zwielicht

Titel: Pfade Ins Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
Vom Netzwerk:
und bemer - kenswert, und die »Jagden«, die hier stattgefunden hatten, hätten selbst in der Hauptstadt viele Brauen gehoben. Das Jagdschloss bot einen traurigen Anblick. Zerbrochene Fenster klafften wie Münder mit spitzen Zähnen. Nirgendwo war ein Lichtschimmer oder eine Bewegung zu sehen. Der Schnee, der den Boden um das Schloss bedeckte, war allerdings deutlich sichtbar von Pferden zertrampelt worden. Die verzierten Mes - singtore des Haupthofes standen weit offen, und Ituralde ritt ohne zu zögern mit seinen Männern hinein. Wo der Schnee zu Matsch zertreten war, klapperten die Pferdehufe auf den Pflastersteinen.
    Es erschienen keine Diener, um ihn zu begrüßen, auch wenn er das nicht erwartet hatte. Osana war frühzeitig in dem Chaos verschwunden, das Arad Doman schüttelte wie ein Hund eine Ratte am Genick, und ihre Diener hatten sich schnell anderen ihrer Familie angeschlossen und jeden Platz eingenommen, den sie finden konnten. Heutzutage verhungerten die Herrenlosen oder wurden zu Banditen. Oder Drachenverschworenen. Er stieg vor der breiten Marmortreppe am Ende des Hofes ab und übergab Pfeils Zügel einem seiner Männer, während Jaalam den Übrigen den Befehl gab, sich mit ihren Pferden dort unterzustellen, wo es ging. Mit argwöhnischen Blicken auf die marmornen Balkone und die breiten Fenster, die den Hof säumten, bewegten sie sich, als würden sie damit rechnen, jeden Augenblick zwischen den Schulterblättern von Armbrustbolzen getroffen zu werden. Eines der Stalltore stand einen Spalt breit geöffnet, aber trotz der Kälte teilten sie sich zwischen den Ecken des Hofes auf und drängten sich zwischen die Pferde, wo sie in alle Richtungen Wache halten konnten. Wenn es zum Schlimmsten kam, würde vielleicht einigen von ihnen die Flucht glücken.
    Ituralde zog die Panzerhandschuhe aus und steckte sie in den Gürtel, während er mit Jaalam die Treppe emporklomm. Unter seinen Stiefeln knirschte breitgetretener Schnee, der erneut gefroren war. Er vermied es, irgendwo anders hin zu sehen als geradeaus. Er musste völlig selbstbewusst erscheinen, als bestünde nicht die geringste Möglichkeit, dass sich die Ereignisse anders als erwartet entwickelten. Zuversicht war ein Schlüssel zum Sieg. Wenn die andere Seite glaubte, dass man zuversichtlich war, war das manchmal genauso gut, als wäre man tatsächlich zuversichtlich.
    Oben auf dem Treppenabsatz zog Jaalam eine der hohen, mit Schnitzereien versehenen Türen an ihrem vergoldeten Ring auf. Bevor Ituralde eintrat, tastete er mit einem Finger nach seinem Schönheitsfleck, um sich zu vergewissern, dass er an Ort und Stelle war - seine Wangen waren zu kalt, um den dort klebenden schwarzen Samtstern fühlen zu können. So selbstbewusst, als würde er an einem Ball teilnehmen.
    In der höhlenartigen Eingangshalle war es so kalt wie draußen. Ihr Atem wurde zu feinem Nebel. Unbeleuchtet schien der Raum bereits in Zwielicht gehüllt zu sein. Den Boden zierte ein farbiges Mosaik aus Jägern und Tieren; an manchen Stellen waren die Fliesen zersprungen, als wären schwere Lasten darüber geschleift oder möglicherweise auch darauf fallengelassen worden. Abgesehen von einem umgekippten Sockel, auf dem vielleicht eine große Vase oder eine kleine Statue gestanden hatte, war die Halle leer. Was die Diener bei ihrer Flucht nicht mitgenommen hatten, war schon vor langer Zeit von Banditen geplündert worden. Ein Mann erwartete sie, er hatte weißes Haar und sah noch schmaler aus als bei ihrer letzten Begegnung. Sein Brustpanzer wies Dellen auf, sein Ohrring bestand nur aus einem kleinen goldenen Reif, aber der weiße Spitzenbesatz seiner Kleidung war tadellos, und die funkelnde rote Mondsichel unter seinem linken Auge hätte in besseren Zeiten am Hof für Aufsehen gesorgt.
    »Beim Licht, seid willkommen unter dem Weißen Band, Lord Ituralde«, sagte er förmlich und mit einer kleinen Verbeugung.
    »Beim Licht, ich komme im Zeichen des Weißen Bandes, Lord Shimron«, entgegnete Ituralde und erwiderte die Verbeugung. Shimron war einst einer von Alsalams engsten Beratern gewesen. Zumindest bis er sich den Drachenverschworenen angeschlossen hatte. Jetzt nahm er eine hohe Position in ihrem Rat ein.
    »Mein Waffenträger ist Jaalam Nishur, ehrenverbunden dem Haus Ituralde, so wie all jene, die mit mir gekommen sind.«
    Vor Rodel hatte es kein Haus Ituralde gegeben, aber Shimron erwiderte Jaalams Verbeugung, die Hand auf dem Herzen. »Ehre sei der Erde. Wollt Ihr mich

Weitere Kostenlose Bücher