Pflege daheim oder Pflegeheim
Einleitung: Das persönliche und das gesellschaftliche Problem
Alter ist keine Krankheit. Im Gegenteil: Wir fügen nicht nur dem Leben Jahre hinzu, sondern glücklicherweise den Jahren auch Leben – will heißen: Immer mehr Menschen können sich auf eine lange Zeit eines gesunden Ruhestands freuen.
Zahl der Pflegefälle
Aber irgendwann kommt sie für viele von uns doch, die Pflegebedürftigkeit. Derzeit sind rund 2,4 Millionen Bürger der Bundesrepublik Deutschland „Pflegefälle“. Die Zahl wird nach allen Prognosen steigen, und das besonders stark schon bis zum Jahr 2030: Dann werden nämlich die Menschen aus geburtenstarken Jahrgängen des vorigen Jahrhunderts 80 Jahre und älter sein, und von den „Hochbetagten“ sind erfahrungsgemäß etwa zwei Drittel pflegebedürftig. Die Zahl der Pflegebedürftigen in Zukunft hängt unter anderem auch davon ab, ob es gelingt, durch zielgerichtete Vorsorge den Eintritt von Krankheit oder Gebrechlichkeit hinauszuzögern. In jedem Fall werden die Kosten für die Sozialsysteme steigen. Wobei es uns unzulässig erscheint, Pflege nur unter Kostengesichtspunkten zu betrachten – aus humanitären Gründen selbstverständlich, aber auch, weil die Dienstleistung „Pflege“ nicht wenig zu Bruttosozialprodukt und Arbeitsplatzschaffung beiträgt.
Pflege zu Hause
Ebenfalls zwei Drittel beträgt der Anteil der heute Pflegebedürftigen, die zu Hause versorgt werden – und das überwiegend oder zur Gänze von Angehörigen. Wenn aber der Ehemann plötzlich gepflegt werden muss oder sich ein Elternteil nicht mehr alleine versorgen kann, stürmen tausend Fragen und Ängste auf einen ein. Kann ich das überhaupt? Wie ist die Pflege eines Angehörigen mit meinem bisherigen Leben zu vereinbaren, mit dem Beruf, der Erziehung eigener Kinder, dem Bedürfnis nach Freizeit und Erholung? Wer kann mich jetzt beraten? Wo finde professionelle Unterstützung? Was kostet das alles und wie viel Geld gibt es von der Pflegeversicherung oder anderen Stellen? Und wenn ich selbst „auf dem Zahnfleisch gehe“, wie so viele pflegende Angehörige, wenn mir selbst ein „Burnout“ droht, weil ich einfach nicht mehr kann – gibt es dann Hilfe für mich selbst? Diese und andere Fragen wollen wir Ihnen in diesem Ratgeber so gut es geht beantworten.
Was die Pflegebedürftigen selbst betrifft, so ist auch viel von Altersarmut die Rede. Auch wenn es unpopulär ist, so etwas auszusprechen: Derzeit stimmt das nicht. Was es in Deutschland gibt, das ist Kinderarmut. Altersarmut hingegen ist – noch – ein Problem für ein bis zwei Prozent der Senioren. Die meisten kommen gar nicht so schlecht mit ihrer Rente hin, und viele verfügen zusätzlich über Betriebsrenten sowie Zinsen aus Geldanlagen oder Immobilien. Zutreffend ist jedoch, dass das angesparte Vermögen höchst ungleich verteilt ist. Und vor allem: Wenn die vielen, die heute in Billigjobs zu arbeiten gezwungen sind, in Rente gehen und gegebenenfalls pflegebedürftig werden, dann kommt es dicke. Wenn nichts Entscheidendes passiert, dann gibt es sie in etwa zwei Jahrzehnten wirklich und massenhaft, die Altersarmut.
Reform der Pflegeversicherung
Seit Jahren wird nicht nur darüber diskutiert, was gegen drohende Abhängigkeit alter Menschen vom Staat unternommen werden muss (Mindestlöhne, Arbeitsmarktpolitik), sondern auch über eine Reform der Pflegeversicherung. 2011 war sogar vollmundig als „Jahr der Pflege“ angekündigt worden – das wurde quasi einkassiert. Die schwarz-gelbe Bundesregierung hatte schon in ihrem Koalitionsvertrag vom Oktober 2009 festgelegt, dass die Pflegeversicherung reformiert werden soll: Zum einen sollten die Leistungen verbessert, zum anderen die finanzielle Basis angesichts zu erwartender Kostensteigerungen stabilisiert werden. Beides sollte spätestens Mitte 2011 abgeschlossen sein, wurde aber aufgrund koalitionsinterner Streitigkeiten und auch Personalwechsel immer wieder verschoben. Ob und wann die Pflegereform kommen und wie vernünftig sie sein wird, steht (jedenfalls bis zum Redaktionsschluss für dieses Buch) in den Sternen.
Private Versicherung
Die FDP, unterstützt vom Verband der Privaten Krankenversicherungen, beharrt darauf, dass neben der gesetzlichen Pflegeversicherung eine „kapitalgedeckte Säule“ gebildet wird – was nichts anderes heißt als eine obligatorische zusätzliche Privat-Pflegeversicherung, für die der Arbeitnehmer die Prämie alleine zahlen müsste. Die CSU ist von dieser
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