Pilot Pirx
Funker zur Bedienung der Transporter zur Verfügung. Ich bitte die Anwesenden, vorerst hierzubleiben, und Sie, meine Herren«, er wandte sich an McCork und Pirx, »wollen mir bitte in die Leitung folgen ...«
Gegen vier Uhr nachmittags saß Pirx im Turm eines großen Raupenfahrzeugs, das von heftigen Stößen geschüttelt wurde. Er steckte in einem kompletten Skaphander, auf seinen Knien lag der Helm, bereit, beim ersten Alarmsignal seinen Kopf zu schützen; quer über der Brust hing das schwere Lasergerät, dessen Kolben unbarmherzig drückte. In der linken Hand hielt der Navigator das Mikrofon, mit der rechten drehte er am Periskop und beobachtete die zu einer langen Kette aufgereihten anderen Transporter, die wie Kähne über die geröllübersäten Flächen des Meeres der Ruhe schaukelten. Dieses Wüstenmeer gleißte im Sonnenlicht, es war öde und leer, so weit das Auge reichte, von einem schwarzen Horizont bis zum anderen. Pirx nahm die Meldungen entgegen und gab sie weiter, er sprach mit Luna I, mit den Kommandanten der anderen Maschinen, mit den Piloten der kleinen Erkundungsschiffe, deren winzige Rückstoßflämmchen zwischen den Sternen am schwarzen Firmament aufblitzten, und er konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, all dies sei nur ein wirrer, verrückter Traum.
Die Ereignisse überstürzten sich. Nicht nur er hatte das Gefühl, daß die Bauleitung in eine Art Panik verfallen war, denn was konnte ein wild gewordener Automat schließlich schon ausrichten, selbst wenn er mit einem Lichtwerfer bewaffnet war?
Als während der zweiten Beratung »auf höchster Ebene«, Punkt zwölf Uhr, davon gesprochen wurde, man wolle sich an die UNO oder zumindest an den Sicherheitsrat wenden, um »Sondersanktionen« zu erwirken – das heißt die Erlaubnis, Artillerie (am besten Raketenwerfer) oder sogar Atomgeschosse einsetzen zu dürfen –, hatte er zusammen mit anderen Protest eingelegt und erklärt, daß sie sich auf diese Weise, noch ehe sie etwas erreicht hätten, vor der ganzen Erde bis auf die Knochen blamieren würden. Im übrigen war vorauszusehen, daß sie auf eine Entscheidung eines solchen internationalen Gremiums mindestens mehrere Tage, wenn nicht gar Wochen warten müßten, während deren sich der »verrückte Roboter« Gott weiß wo verstecken konnte, so daß man ihn, wenn er sich erst einmal in einer unzugänglichen Schlucht der Mondrinde verkrochen hatte, selbst mit allen Kanonen der Welt nicht mehr erreichen würde.
Es galt also, entschlossen und rasch zu handeln. Dabei stellte sich heraus, daß ihnen die Nachrichtenübermittlung am meisten zu schaffen machen würde, die schon immer ein Sorgenkind bei Mondunternehmungen gewesen war. Es gab nicht umsonst an die dreitausend patentierte Erfindungen, die das Nachrichtenwesen verbessern sollten, von seismischen Telegrafen (unter Verwendung von Mikroexplosionen) bis zu stationären »trojanischen« Satelliten. Diese Satelliten waren schon vor Jahresfrist auf eine Umlaufbahn gebracht worden, was die prekäre Situation jedoch keineswegs verbessert hatte. Praktisch wurde das Problem durch Systeme von UKW-Relais gelöst, die auf Masten angebracht waren. Das erinnerte stark an die alten irdischen Sendeleitungen in der Ära des satellitenlosen Fernsehens. Dieses Verfahren war sogar sicherer als die Übermittlung über Nachrichtensatelliten, weil sich die Ingenieure noch immer den Kopf darüber zerbrachen, wie die Orbitalrelais gegen »Sonnenstürme« unempfindlich zu machen seien. Jeder Sprung der Sonnenaktivität und die damit einhergehenden »Hurrikane« elektrisch geladener Teilchen mit hoher Energie, die den Raum durchdrangen, riefen sofort Störungen hervor, die den Nachrichtenaustausch manchmal tagelang erschwerten. Gerade jetzt herrschte ein solcher »Sonnentaifun«, deshalb liefen alle Nachrichten zwischen Luna I und der Baustelle über stationäre Relais.
Der Erfolg der »Operation Setaurus« hing weitgehend davon ab, daß es den »Rebellen« nicht etwa danach gelüstete, diese Relais zu zerstören: Allein fünfundvierzig Gittermaste standen nämlich in einer Wüste, die Luna-Stadt mit dem Kosmodrom vom Baugelände trennte. All diese Überlegungen basierten selbstverständlich auf der Voraussetzung, daß der Setaurus weiterhin in dieser Gegend sein Unwesen trieb. Er hatte ja absolute Manövrierfreiheit, brauchte weder Treibstoff noch Oxygen, weder Schlaf noch Ruhepausen – er war so autark, daß so manchem der Ingenieure erst jetzt klar wurde,
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