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Pilot Pirx

Pilot Pirx

Titel: Pilot Pirx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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zustrebenden Fahrzeugketten zu durchkämmen. Die eine Gefechtslinie unter dem Kommando des Haupttechnologen Strzibr schwärmte von der Baustelle aus, die zweite vom Kosmodrom der Luna. Pirx hatte die Rolle des Koordinators übernommen, der die Aktionen beider Seiten aufeinander abzustimmen hatte und der seinerseits dem Kommandanten der Aktion unterstand, dem Commander-Navigator Pleydar. Pirx wußte sehr gut, daß sie jederzeit an dem Versteck des Setaurus vorbeikommen konnten und daß er ihnen, falls er sich in einem der zahlreichen tiefen tektonischen Gräben verborgen hielt oder sich auch nur mit dem hellen Mondsand getarnt hatte, leicht durch die Lappen gehen konnte. McCork, den er als »intellektronischen Berater« zur Seite hatte, war derselben Auffassung.
    Der Transporter wurde fürchterlich hin und her geschleudert, denn sie fuhren in einem Tempo, bei dem, wie der Fahrer ihnen seelenruhig ankündigte, »einem über kurz oder lang die Augen auslaufen« würden. Sie befanden sich im östlichen Sektor des Meeres der Ruhe, eine knappe Stunde von dem Gebiet entfernt, in dem sich der Automat aller Wahrscheinlichkeit nach aufhielt. Wenn sie jene vereinbarte Grenze erreichten, sollten sie unverzüglich die Helme aufsetzen, um bei einem unvermittelten Angriff, bei Verlust der hermetischen Abdichtung oder im Falle eines Brandes sofort das Fahrzeug verlassen zu können.
    Der Transporter war in ein Kampffahrzeug verwandelt worden – die Mechaniker hatten auf seinem kuppelartigen Turm ein Hochleistungs-Bergbaulasergerät montiert, um dessen Treffsicherheit es aber recht dürftig bestellt war. Pirx hielt diese Bewaffnung für absolut unzureichend. Der Roboter hatte ein automatisches Visier, denn seine fotoelektrischen Augen waren mit dem Lasergerät gekoppelt, er konnte also alles blitzschnell unter Beschuß nehmen, was sich im Zentrum seines Gesichtskreises befand. Sie hingegen verfügten über ein sehr merkwürdiges Objektiv, das wohl von einem alten kosmonautischen Entfernungsmesser stammte. Sie hatten es ausprobiert, indem sie ein paarmal auf Felsblöcke am Horizont schossen, bevor sie Luna verließen. Es waren ganz ansehnliche Brocken gewesen, und die Entfernung hatte nicht mehr als eine Meile betragen – dennoch hatten sie erst beim vierten Versuch getroffen. Auch hierbei machten ihnen wieder einmal die spezifischen Mondverhältnisse zu schaffen, denn ein Laserstrahl ist nur in einem streuenden Medium, zum Beispiel in der Erdatmosphäre, als greller Lichtstreifen sichtbar. Im Vakuum hingegen wird ein Lichtbündel, wie stark es auch immer sein mag, erst dann sichtbar, wenn es auf ein materielles Hindernis trifft. Auf der Erde kann man daher mit Laser ebenso schießen wie mit jeder beliebigen Feuerwaffe: Man braucht sich nur nach der sichtbaren Fluglinie des Geschosses zu richten. Ein Laser ohne Visier war auf dem Mond jedoch praktisch wertlos. Pirx hielt mit seiner Meinung nicht hinterm Berg. Als sie nur noch wenige Minuten von der hypothetischen Gefahrenzone entfernt waren, unterbreitete er sie McCork.
    »Daran habe ich noch gar nicht gedacht«, gestand der Ingenieur. Und dann fügte er lächelnd hinzu: »Warum sagen Sie mir das eigentlich?«
    »Um Ihnen die Illusionen zu nehmen«, erwiderte Pirx, ohne vom Periskop aufzuschauen. Obwohl die Gläser schaumgummigepolstert waren, spürte er, daß er – falls er die ganze Geschichte lebend überstand – längere Zeit mit blutunterlaufenen Augen herumlaufen würde. »Außerdem wollte ich Ihnen damit erklären, weshalb wir den Krempel dort hinten mitschleppen.«
    »Die Flaschen?« fragte McCork. »Ich hab gesehen, wie Sie die Dinger aus dem Magazin geholt haben. Was ist denn drin?«
    »Ammoniak, Chlor und irgendwelche Kohlenwasserstoffe«, entgegnete Pirx. »Ich denke, wir werden sie vielleicht brauchen können ...«
    »Eine Gas-Rauch-Wand?« riet der Ingenieur.
    »Nein, eigentlich mehr, damit wir zielen können! Wenn keine Atmosphäre da ist, muß man sie eben schaffen, zumindest vorübergehend ...«
    »Ich fürchte nur, dazu wird uns keine Zeit bleiben.«
    »Vielleicht nicht ... Jedenfalls hab ich das Zeug mitgenommen. Gegen Verrückte eignen sich verrückte Methoden am besten.«
    Sie verstummten, denn der Transporter sprang auf und nieder wie ein Ball. Die Stoßdämpfer stöhnten und kreischten, ihr Öl schien jeden Augenblick ins Sieden zu geraten. Sie jagten ein abschüssiges Gelände hinunter, das mit scharfkantigen Steinen übersät war. Der Hang gegenüber

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