Pilot Pirx
von einer weiteren Frage ...«
»Die haben Sie mir bereits beantwortet. Ich wollte wissen, warum die Wahl ausgerechnet auf mich gefallen ist.«
»Sie geben uns also Bescheid? Bitte rufen Sie binnen zwei Tagen an. Einverstanden?«
»Einverstanden«, sagte Pirx, nickte dem Mann zu und ging hinaus.
Die Sekretärin, eine platinfarbene Blondine, stand hinter ihrem Schreibtisch auf, als Pirx eintrat.
»Guten Tag, ich ...«
»Guten Tag. Ja, ich weiß Bescheid. Ich bringe Sie selbst hin.«
»Sind sie schon da?«
»Ja. Sie werden erwartet.«
Sie führte ihn einen langen, leeren Gang entlang. Ein kalter, steinerner Laut füllte den großen Raum, der mit künstlichem Granit ausgelegt war. Sie gingen an dunklen Türen mit Aluminiumziffern und Täfelchen vorbei. Die Sekretärin war nervös. Ein paarmal schielte sie unter der gesenkten Stirn zu Pirx hinüber – nicht wie ein kokettes Mädchen, sondern wie ein verstörter Mensch. Als Pirx das bemerkte, tat sie ihm ein bißchen leid, und zugleich erschien es ihm, als habe er es mit einer völlig verrückten Angelegenheit zu tun. Die Frage, die er dann stellte, überraschte ihn selbst: »Haben Sie sie gesehen?«
»Ja. Einen Augenblick. Nur ganz flüchtig.«
»Und wie ... wie sind sie?«
»Sie haben sie noch nicht gesehen?«
Sie freute sich beinahe darüber. Sie benahm sich, als gehörten alle, die diese Wesen gut kannten, einer fremden, vielleicht sogar feindlichen Verschwörergruppe an, der man äußerstes Mißtrauen entgegenbringen mußte.
»Es sind sechs. Einer hat mit mir gesprochen. Nichts Auffälliges, sage ich Ihnen. Absolut nichts. Wenn ich ihm auf der Straße begegnen würde, ich käme nie auf die Idee, daß ... Aber als ich ihn dann von nahem sah – er hat so was in den Augen, und auch hier ...«
Sie tippte an ihren Mund.
»Und die anderen?«
»Die sind gar nicht hereingekommen, sie standen draußen auf dem Gang.«
Sie stiegen in den Lift, er schoß in die Höhe. An der Wand hüpften die kleinen goldfarbenen Lichtkörner übereinander, die die Stockwerke zählten. Das Mädchen stand Pirx gegenüber, und so konnte er gut das Ergebnis ihrer Mühe bewundern, die sie darauf verwandt hatte, mit Hilfe von Puder, Tusche und Schminke die letzten Spuren ihrer Individualität zu tilgen, um sich vorübergehend in das Ebenbild von Inda Lae zu verwandeln, oder wie der nach dem letzten Modeschrei zerzauste neue Stern der Saison auch immer heißen mochte. Als sie mit den Lidern klapperte, bangte er um ihre künstlichen Wimpern.
»Roboter ...!« flüsterte sie im Brustton der Überzeugung und schüttelte sich, als hätte sie eine Natter berührt.
In dem Zimmer im zehnten Stock saßen sechs Männer. Als Pirx eintrat, erhob sich einer, der sich hinter dem großen Bogen der »Herald Tribune« verbarg; er faltete die Zeitung zusammen und ging mit breitem Lächeln auf Pirx zu. Auch die anderen standen nun auf.
Sie waren etwa gleich groß und erinnerten an Testpiloten in Zivil: breitschultrig, die gleichen sandfarbenen Anzüge, weißes Hemd mit bunter Fliege. Zwei waren blond, einer hatte feuerrote Haare, die anderen waren brünett, aber alle hatten helle Augen. Soviel stellte Pirx fest, bevor derjenige, der auf ihn zukam, ihm die Hand reichte, sie kräftig schüttelte und sagte: »McGuirr, mein Name. How do you do? Ich hatte schon mal das Vergnügen, mit einem Raumschiff zu fliegen, dessen Kapitän Sie waren, mit dem ›Pollux‹! Aber wahrscheinlich können Sie sich nicht mehr an mich erinnern ...«
»Nein«, sagte Pirx. McGuirr wandte sich den Männern zu, die steif um den runden Tisch mit den Zeitschriften herumstanden.
»So, Jungs, das hier ist euer Boß, Commander Pirx. Und das hier ist Ihre Besatzung, Commander: John Calder, erster Pilot, Harry Brown, zweiter Pilot, Ingenieur Andy Thompson, Nukleoniker, der Elektroniker John Burton als Funker und Thomas Burns, Neurologe, Kybernetiker und Arzt in einer Person.«
Pirx gab ihnen der Reihe nach die Hand, dann setzten sich alle und rutschten mit ihren Metallstühlen, die sich unter ihrem Körpergewicht bogen, an den Tisch heran. Einige Sekunden lang herrschte Schweigen, das McGuirr schließlich mit seinem lärmenden Bariton brach.
»Zunächst möchte ich Ihnen, Sir, im Namen der Direktionen von ›Cybertronics‹, ›Inteltron‹ und ›Nortronics‹ dafür danken, daß Sie unseren Bemühungen soviel Vertrauen entgegengebracht haben, indem Sie das Angebot der UNESCO annahmen. Um allen Mißverständnissen
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