Pilot Pirx
Schiff übernehmen.«
»Ich habe einen Hubschrauber auf dem Dach«, sagte McGuirr und erhob sich. »Soll ich Sie irgendwo absetzen?«
»Nein, danke sehr. Ich fahre mit der Metro. Ich mag kein unnötiges Risiko, wissen Sie ... Bestellen Sie also Ihren Vorgesetzten, was für schwarze Pläne ich habe?«
»Wenn Sie es wünschen.« McGuirr suchte in seiner Tasche nach der nächsten Zigarre. »Ich muß allerdings sagen, daß Sie sich recht merkwürdig betragen. Was wollen Sie eigentlich von ihnen? Es sind keine Menschen, das behauptet ja niemand. Es sind hervorragende Fachleute, und dabei grundanständig! Glauben Sie mir! Sie tun für Sie alles!«
»Ich werde mir Mühe geben, daß sie noch mehr tun«, erwiderte Pirx.
Pirx schenkte Brown den lieben Gott tatsächlich nicht, rief tags darauf bei ihm an. In der UNESCO gab man ihm die Nummer, über die er seinen »nichtlinearen Piloten« erreichen konnte. Er erkannte sogar seine Stimme wieder, als er gewählt hatte.
»Ich habe auf Ihren Anruf gewartet«, sagte Brown.
»Nun, und wie haben Sie sich entschieden?« fragte Pirx. Dabei war ihm merkwürdig schwer ums Herz. Beim Unterschreiben der Papiere für McGuirr hatte er sich in seiner Haut wesentlich wohler gefühlt. Damals hatte er das Gefühl gehabt, daß er das Ding schon schaukeln würde. Jetzt war er sich seiner Sache nicht mehr ganz so sicher.
»Ich hatte wenig Zeit«, erwiderte Brown mit seiner eintönigen, aber angenehmen Stimme. »Deshalb kann ich nur soviel sagen: Man hat mich gelehrt, an alle Dinge probabilistisch heranzugehen. Ich rechne mir die Chancen aus und handele danach. In diesem Falle bin ich zu neunundneunzig Prozent für nein, vielleicht auch zu neunundneunzig Komma neunundneunzig Prozent, aber zu null Komma null eins Prozent für ja.«
»Daß es ihn gibt?«
»Ja.«
»Schön. Sie können sich mit den anderen melden. Auf Wiedersehen.«
»Auf Wiedersehen«, entgegnete der weiche Bariton, und der Hörer fiel klirrend auf die Gabel. Als Pirx zum Raketenhafen fuhr, fiel ihm dieses Gespräch wieder ein, er wußte selbst nicht, warum. Irgend jemand hatte bereits alle Formalitäten in der Hafenleitung erledigt – vielleicht die UNESCO, vielleicht auch die Firmen, die ihm die Mannschaft »geliefert« hatten. Jedenfalls gab es keine normale sanitäre Kontrolle, niemand verlangte die Papiere seiner »Leute«, und der Start war auf zwei Uhr fünfundvierzig festgelegt, das heißt auf eine Zeit, da der geringste Verkehr herrschte. Die drei großen Satellitensonden für den »Saturn« befanden sich bereits in den Luks. Der »Goliath« war ein Raumschiff mittlerer Tonnage mit hohem Automatisierungsgrad. Er war nicht allzu groß – knapp sechstausend Tonnen Ruhemasse –, aber hatte erst vor zwei Jahren die Werft verlassen und besaß einen großartigen Reaktor für schnelle Neutronen, bar jeglicher thermischer Schwankungen, der buchstäblich ganze zehn Kubikmeter Raum beanspruchte, also so gut wie gar nichts. Seine Nominalleistung betrug fünfundvierzig Millionen PS mit einer Spitze von siebzig Millionen bei kurzzeitiger Beschleunigung.
Pirx hatte keine Ahnung, was in Paris mit seinen »Leuten« passiert war – ob sie in einem Hotel abgestiegen waren, ob eine Firma eine Wohnung für sie gemietet hatte, ja, er verfiel sogar auf den ebenso grotesken wie makabren Gedanken, Ingenieur McGuirr habe sie für diese zwei Tage »ausgeschaltet« und in ihre Kisten zurückgelegt. Er wußte nicht einmal, wie sie zum Hafen gekommen waren.
Sie warteten in einem Sonderraum der Hafenleitung, und alle hatten Koffer bei sich, irgendwelche Bündel und kleine Reisetaschen, an denen ihre Namensschilder baumelten. Unwillkürlich fielen Pirx bei diesem Anblick allerlei idiotische Witze ein: Vielleicht hatten sie Schraubenschlüssel, Toilettenölkännchen und so weiter in ihrem Gepäck. Aber als er, nachdem er sie begrüßt hatte, die Zulassungen und Papiere abgab, die für die Starterlaubnis benötigt wurden, war ihm ganz und gar nicht zum Lachen zumute. Dann traten sie, zwei Stunden vor der anberaumten Startzeit, auf den von einem einzigen Scheinwerfer beleuchteten Startplatz hinaus und gingen im Gänsemarsch auf den schneeweißen »Goliath« zu. Er erinnerte ein wenig an einen riesigen, frisch ausgepackten Zuckerhut.
Der Start war kein Problem. Mit dem »Goliath« konnte man beinahe ohne jede Hilfe starten, man brauchte nur die Programme aller automatischen und halbautomatischen Apparaturen einzustellen. Es war noch keine
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