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Pilot Pirx

Pilot Pirx

Titel: Pilot Pirx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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erscheinen ließ. Auf dem Mars dagegen mußte man sich unverzüglich um sie kümmern, denn die Sandstürme zerschnitten jeden Skaphander binnen weniger Tage, und bevor die große Trockenheit die sterblichen Überreste mumifizieren konnte, waren die Gebeine freigelegt, poliert, geschliffen, bis das nackte Skelett in diesem fremden Sand, unter diesem schmutziggrauen, fremden Himmel zerfiel – eine Schmach, ein Vorwurf an das Gewissen, so als ob die Menschen, wenn sie auf ihren Raketen mit dem Leben zugleich auch die Sterblichkeit herbrachten, etwas Ungehöriges taten, etwas, dessen man sich schämen, das man wegtun, verstecken, vergraben mußte. All das hatte keinen Sinn, aber in diesem Augenblick empfand er es so.
    Um sieben Uhr war Ablösung bei den Flugkontrolleuren, und dann hatten auch Fremde zu ihren Arbeitsräumen Zutritt. Er verstaute seine paar Utensilien im Necessaire und ging mit dem Gedanken hinaus, daß er sich vergewissern mußte, ob die Entladung seines »Cuivier« reibungslos klappte. Bis Mittag mußte das gesamte Stückgut geborgen sein, und es gab auch ein paar Dinge, die einer Überprüfung bedurften. Zum Beispiel das Kühlungssystem des Hilfsreaktors, zumal er mit verringerter Besatzung zurückkehren mußte, denn es konnte keine Rede davon sein, daß man ihm hier einen Ersatz für Terman stellte. Über die mit Schaumplast gepolsterte Wendeltreppe, deren Geländer seltsam warm, wie beheizt war, gelangte er ins Obergeschoß. Als er die breite Schwingtür mit den Milchglasscheiben öffnete, sah er sich plötzlich einer völlig anderen Umgebung gegenüber, daß auch er nicht mehr er selbst zu sein glaubte.
    Der Raum sah aus wie das Innere eines Riesenkopfes mit sechs großen, konvexen Glasaugen, die in drei Himmelsrichtungen starrten. Nur in drei, denn an der vierten Wand waren die Antennen montiert, und der ganze kleine Saal war um die eigene Achse schwenkbar wie eine Drehbühne. Er stellte auch in gewissem Sinn eine Bühne dar, über die stets dieselben Stücke gingen: Starts und Landungen. Da sie sich nur in einer Entfernung von einem Kilometer abspielten, waren sie von den runden, breiten Pulten aus, die mit den silbriggrauen Wänden eine Einheit zu bilden schienen, so deutlich zu erkennen wie auf der flachen Hand. Das Ganze wirkte ein bißchen wie der Kontrollturm eines Flughafens und ein bißchen wie ein Operationssaal; an der blinden Wand thronte unter schräger Überdachung der Hauptcomputer für die Direktverbindung mit den Raumschiffen; er blinzelte und tickte in einem fort, während er seine stummen Monologe hielt und stückchenweise Lochbänder ausspie; dann gab es drei Reservekontrollplätze mit Mikrofonen, Punktlampen, Drehsesseln und Handrechenautomaten der Kontrolleure, die klobigen Straßenhydranten ähnelten; und schließlich fand sich auch eine kleine, aber unförmige Bar mit leise zischender Espressomaschine. Da also war die Kaffeequelle! Seinen »Cuivier« konnte er von hier aus nicht sehen, er hatte ihn auf Anweisung der Kontrolle drei Meilen weiter abgestellt, hinter all dem Betongerümpel. Das gehörte zu den Vorkehrungen, die für die Ankunft der ersten Superschweren Flugeinheit des Projekts getroffen wurden, als wäre sie nicht mit den neuesten Kosmonautik- und Astrolokationsautomaten ausgestattet, die, wie die Konstrukteure der Werft zu rühmen wußten (er kannte sie fast alle), diesen Viertelmeilengoliath, dieses Eisengebirge auf einer Fläche von der Größe eines Schrebergartens sicher aufsetzen konnten. Alle Mitarbeiter des Hafens aus drei Schichten waren zu dieser Feier gekommen, die übrigens keine offizielle Feier war, denn »Ariel« hatte wie jeder Prototyp Dutzende Probeflüge und Mondlandungen absolviert; allerdings war er noch nie mit voller Belastung in eine Atmosphäre eingedrungen. Bis zur Landung blieb noch fast eine halbe Stunde, also begrüßte Pirx diejenigen, die dienstfrei hatten, und drückte dann auch Seyn die Hand. Die Empfänger waren schon in Betrieb, über die Fernsehschirme liefen verschwommene Streifen, aber die Lichter des Anflugradars leuchteten noch in fleckenlosem Grün zum Zeichen, daß man noch eine Menge Zeit hatte und daß sich noch nichts tat. Romani, der Basisleiter des Agathodaemons, empfahl ihm zum Kaffee ein Gläschen Kognak. Pirx zögerte, aber schließlich war er ja Privatperson, und obwohl er es nicht gewohnt war, zu so früher Stunde Alkohol zu sich zu nehmen, sah er ein, daß es ihnen um eine symbolische Weihe des Augenblicks

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