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Pilot Pirx

Pilot Pirx

Titel: Pilot Pirx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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Ende des Flurs tauchte eine schwarze Silhouette auf, sie hob sich scharf vom schwach erhellten Hintergrund ab. Der Automat schwankte, ruderte mit den Armen.
    »He, Terminus!« rief Pirx und glitt aus dem Schatten.
    »Ich höre.«
    Die dunkle Gestalt blieb stehen, der Körper rückte träge in die Senkrechte.
    »Was tust du hier?«
    »Die Mäuse ...«, schnarrte es hinter dem Brustpanzer, ein heiserer Zwerg schien in der Rüstung zu stecken. »... die Mäuse schlafen unruhig ... Sie wachen auf ... Sie laufen umher ... Sie haben Durst ... Wenn sie Durst haben, muß man ihnen Wasser geben ... Die Mäuse trinken viel bei hoher Temperatur ...«
    »Und was tust du?« fragte Pirx.
    Der Automat geriet wieder ins Schwanken.
    »Die Temperatur ist hoch ... Ich bewege mich ... Ich bewege mich immer bei hoher Temperatur ... Ich gebe den Mäusen Wasser ... Wenn sie es trinken und einschlafen, dann ist es gut ... Durch zu hohe Temperatur können Störungen entstehen ... Ich passe auf ... Ich gehe zum Reaktor ... Ich gebe den Mäusen Wasser ...«
    »Du bringst den Mäusen Wasser?« fragte Pirx.
    »Ja ... Terminus.«
    »Wo hast du es?«
    »Hohe Temperatur ... Hohe Temperatur ...«, sagte der Automat, als habe er die Frage nicht verstanden. Die ratlose Gebärde, mit der er seine Worte begleitete, wirkte so menschlich, daß Pirx stutzte. Der Roboter hob die Greifer und führte sie nacheinander an die Augen. Die gläsernen Pupillen bewegten sich, fixierten die leeren, metallischen Handflächen und erstarrten.
    »Kein Wasser da ... Terminus.«
    »Wo ist es denn?« fragte Pirx. Er beobachtete den Roboter unter halbgeschlossenen Lidern. Terminus, der ihn um Kopfeslänge überragte, gab mehrere unverständliche Laute von sich und sagte dann unverhofft in tiefem Baß: »Hab ver ... gessen.«
    Das klang so hilflos, daß Pirx nahe daran war, die Fassung zu verlieren. Eine Weile betrachtete er die schwankende Gestalt, dann sagte er: »Vergessen? Geh zum Reaktor. Aber komm wieder, hörst du?!«
    »Ich höre.«
    Terminus machte rasselnd kehrt und stapfte mit unsagbar steifen, greisenhaften Bewegungen davon. In der Perspektive des langgezogenen Korridors wirkte er viel kleiner als vorhin. Pirx sah, wie er über eine Stufe stolperte, mit den Armen ruderte, mühsam um Gleichgewicht rang und schließlich in einem Quergang verschwand. Es dauerte eine Weile, bis das Echo seiner Schritte verhallte.
    Pirx wollte umkehren, aber er überlegte es sich anders. Dicht über dem Fußboden dahingleitend, erreichte er den sechsten Ventilationsraum. Er wußte, daß es auch bei abgeschalteten Triebwerken verboten war, sich in den Schächten zu bewegen, aber er scherte sich nicht darum. Kurzentschlossen stieß er sich vom Geländer ab und landete wenige Augenblicke danach im Heck – innerhalb zehn Sekunden hatte er sieben Etagen passiert. Die Atomkammer betrat er nicht. An der Wand, etwa in halber Höhe, entdeckte er einen länglichen Riegel. Er schwamm heran, schob den Riegel zurück, öffnete eine schmale Tür. Ein Fenster aus Bleiglas kam zum Vorschein, es war in Stahl gefaßt und bildete die Rückwand des Mäusekäfigs. Durch diese Scheibe konnte man die Tiere beobachten, ohne die Kammer betreten zu müssen. Pirx erblickte den Käfig – er war leer. Jenseits des Drahtgitters schimmerte im hellen Lampenschein der tropfnasse Rücken des Roboters, er hing fast senkrecht im Raum, die Arme bewegten sich träge. Terminus versuchte, die weißen Mäuse einzufangen, die sich auf seinem Metallrumpf häuslich niedergelassen hatten. Sie huschten über die Schulterbleche, krabbelten über den Brustpanzer, rotteten sich an den Vertiefungen des vielgliedrigen Bauches zusammen, wo sich Wasser angesammelt hatte, leckten es gierig auf, purzelten durcheinander ... Terminus war eifrig damit beschäftigt, die Tierchen einzufangen, die ihm immer wieder durch die Finger schlüpften. Ihre Schwänzchen verhedderten sich, ringelten sich zu wunderlichen Arabesken – all das war so eigenartig, so komisch, daß Pirx von einem unwiderstehlichen Lachreiz gepackt wurde.
    Nach und nach gelang es Terminus, die Mäuse einzufangen. Jedesmal, wenn er ein paar von ihnen in den Käfig warf, näherte sich sein maskenhaftes Gesicht dem Fenster, aber er schien das Augenpaar hinter der Scheibe nicht zu bemerken. Zwei, drei Mäuse schwebten noch im Raum. Endlich wurde Terminus auch mit ihnen fertig, er verschloß den Käfig und entfernte sich. Pirx sah nur noch seinen übermenschlichen Schatten, der

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