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Pilot Pirx

Pilot Pirx

Titel: Pilot Pirx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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über die Betonwand des Reaktors glitt.
    Vorsichtig schob er die kleine Tür zu und kehrte in die Kajüte zurück. Er zog sich aus, legte sich hin, fand aber keinen Schlaf. Unschlüssig griff er nach dem Tagebuch des Astronavigators Irving, legte es jedoch nach kurzem Blättern wieder beiseite – die Augen brannten ihm, als habe jemand feinen Sand hineingestreut. Hellwach, aber mit brummendem Schädel, dachte er verzweifelt an die vielen Stunden, die ihn noch vom Tage trennten. Er warf sich den Mantel um und verließ die Kajüte.
    Dort, wo der Hauptkorridor den Bordgang kreuzte, hielt er inne – ein Stampfen drang aus dem Ventilationsschacht. Er preßte das Ohr ans Gitter und lauschte. Die Geräusche kamen von unten, sie waren verzerrt – der tiefe, brunnenartige Schacht erzeugte ein vielfaches Echo. Pirx stieß sich mit den Händen vom Gitter ab und glitt, mit den Füßen voran, zum Heck hinunter. Die Schritte erdröhnten nun in unmittelbarer Nähe, sie verstummten einen Augenblick, setzten wieder ein – der Automat kam zurück. Pirx wartete, er schwebte dicht unter der Decke, der Korridor war an dieser Stelle sehr hoch. Der Tritt der schweren Sohlen wurde lauter, dann herrschte plötzlich Stille. Pirx’ Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt ... Endlich setzte das Stampfen wieder ein, und ein langer Schatten kroch über den Fußboden. Terminus stakste heran, Pirx hing so dicht über ihm, daß er das Pochen des hydraulischen Herzens hören konnte. Der Automat ging noch ein paar Schritte, dann blieb er stehen und stieß ein durchdringendes Zischen aus. Sein Körper schwankte hin und her, es sah aus, als wolle er sich vor den Eisenwänden verneigen. An einem finsteren Quergang unterbrach er erneut seinen Marsch und versuchte vergebens, den Kopf durch das Gitter eines Ventilationsschachts zu stecken. Zischend richtete er sich auf und stapfte weiter. Pirx hatte es satt.
    »Terminus!« rief er.
    Der Automat, der sich gerade bückte, hielt mitten in der Bewegung inne. »Ich höre.«
    »Was suchst du hier schon wieder?« Pirx starrte den Roboter an. Er blickte in eine abgeflachte, ausdruckslose Larve, die nichts verriet, weil sie mit einem menschlichen Antlitz nichts gemein hatte.
    »Ich suche ... Ich suche die Katze ...«, sagte der Automat.
    »Waas?«
    Terminus richtete sich zu voller Größe auf. Er tat es langsam, mit quietschenden Gelenken und träge herabhängenden Armen – in seiner Bewegung lag etwas Drohendes.
    »Ich suche die Katze ...«, wiederholte er.
    »Wozu?«
    Der Automat ließ sich Zeit, er stand regungslos da wie eine Metallsäule. »Weiß nicht ...«, sagte er leise. Pirx war verwirrt. Es war totenstill. Schwacher Lampenschein erhellte die rostigen Gleise an den verschlossenen Türen. Der Korridor wirkte wie ein stillgelegter Bergwerksstollen.
    »Genug!« sagte Pirx. »Gehe zum Reaktor zurück und rühr dich nicht vom Fleck, hörst du?«
    »Ich höre.« Terminus wandte sich um und stapfte davon. Pirx blieb allein, er hing in halber Höhe zwischen Decke und Fußboden. Die Zugluft trug ihn mit sich fort, sie trieb ihn Zentimeter um Zentimeter dem Ventilator zu. Er stieß sich mit den Füßen von den Wänden ab, kam zum Fahrstuhl, schwebte nach oben, vorbei an den schwarzen Schlünden der Schächte, die vom stampfenden Marschtritt des Roboters widerhallten wie vom Pendelschlag einer gewaltigen Uhr.
     
    III
     
    In den folgenden Tagen nahm die Mathematik Pirx völlig in Anspruch. Jedesmal, wenn die Säule eingeschaltet wurde, erhitzte sie sich mehr, zugleich verringerte sich ihre Leistung. Boman vermutete, daß die Neutronenspiegel am Ende waren – die langsam, aber unerbittlich ansteigende radioaktive Durchlässigkeit zeuge davon. Durch komplizierte Berechnungen versuchte er, die Zeiten für Antrieb und Kühlung zu dosieren, wenn der Reaktor ruhte, leitete er die kühlende Flüssigkeit in die Heckräume, in denen tropische Temperaturen herrschten. Dieses Lavieren zwischen gegensätzlichen Größen erforderte Geduld. Boman saß am Kalkulator und suchte entsprechend der Fehlertheorie nach der besten Lösung. So legten sie dreiundvierzig Millionen Kilometer mit nur geringer Verspätung zurück. Am fünften Reisetag erreichten sie allen Unkenrufen Bomans zum Trotz den erforderlichen Geschwindigkeitsgrad. Pirx atmete auf und gab den Befehl, den Reaktor auszuschalten – er sollte sich noch vor der Landung abkühlen. Es war eigenartig: In solch einem Frachtschiff bekam man die Sterne seltener zu sehen

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