Pinien sind stumme Zeugen
Lello Vanoni, den Mafia-Anwalt, schnappt Sabatinis Sondereinheit am Flughafen von Ciampino. Filippo wird bei einem Schusswechsel getötet; der Padrino in Terracina zum fünften Mal verhaftet und mit sechzehn Verdächtigen seines Clans in ein Sicherheitsgefängnis eingeliefert. Die Presseberichte mobilisieren die Öffentlichkeit gegen die Mafia.
Von Falschgeld freilich ist nirgends die Rede.
Der Fall ist ausgestanden. Auch in New York schlagen FBI-Männer kräftig zu.
14 Tage später fliegt Robert S. Steel nach Amerika zurück, absichtlich mit einer Linienmaschine. Der lange Flug gibt ihm viel Zeit zu Überlegungen. Er denkt an Herbie Miller, Charly Poletto und Jack Panizza, die drei Überlebenden von ›Blow-up‹, die trotzdem sterben mußten, für eine Branche, die kein Erbarmen kennt, die von Täuschung, Lüge und Hinterhalt lebt.
Steel ist ein Realist, kein Moralist. Er weiß, daß das subversive Gewerbe nötig ist wie die Müllabfuhr, die Leichenkosmetik oder die Arbeit einer Abdeckerei – nur will er künftig kein Müllkutscher mehr sein.
Wieder liest er Gipsys Brief und gibt ihr recht, und das nicht nur, weil er Sehnsucht nach der schwarzen Madonna mit den rehbraunen Augen hat.
Er hatte ihr seine Ankunftszeit telegrafiert.
Gipsy erwartet ihn am La-Guardia-Flughafen in New York. Während Bob Steel noch nach Worten sucht, liegt sie ihm bereits in den Armen. Die beiden verstehen alles, was sie einander nicht sagen.
»Du wirst eine Riesenkarriere machen, Bob«, prophezeit ihm Gipsy.
»Hoffentlich bei dir«, antwortet der Mann aus Arizona.
Am nächsten Tag fliegen sie gemeinsam nach Washington.
James A. Patarker empfängt seinen Erfolgsfahnder mit der satten Miene eines Tigers, der das Lamm auf einmal verspeist hat. »Großartig, Bob«, lobt der Hautige. »Noch heute werden der US-Präsident, der Chef der Notenbank und der Wirtschaftsminister Sie im Weißen Haus empfangen und Ihnen persönlich ihren Dank aussprechen. Und hier«, sagt er und überreicht ihm einen Scheck, »Ihr Honorar. Eine Million Dollar.«
»Es war Teamwork«, erwidert Steel. »Teilen Sie den Betrag bitte an alle Beteiligten auf. Vergessen Sie dabei nicht Gioia Miller, deren Mann das alles ins Rollen brachte. Und auch nicht Mrs. Mary Sandler.«
»Wer ist das?« fragt der CIA-Gewaltige.
»Auch eine Beteiligte.«
»Kenn' ich nicht«, behauptet Patarker.
»Die Dame hat für Sie gearbeitet.«
»Höchstens in einer kleinen Nebenrolle.«
»Meinen Sie?« Robert S. Steel kommt zu der lange geplanten Revanche. »Halten Sie das für eine Nebenrolle, wenn Sie Ihrem Mann mit den unbegrenzten Vollmachten eine Spionin ins Bett legen und sie dabei zu einem Spiel zwingen, an dem sie zu zerbrechen droht?«
»Aber – aber«, wehrt der CIA-Vice ab. »Seien Sie doch nicht kindisch, Bob. In ein paar Jahren ziehe ich mich zurück, und Sie werden mein Nachfolger sein.«
»Nein«, erwidert Steel.
»Aber warum denn nicht?«
»Damit ich nicht eines Tages, auf Ihrem Stuhl sitzend, verlegen einem Mann erklären muß, warum ich ihn hereingelegt und dadurch so schäbig behandelt habe.«
Steel nickt James A. Patarker zu und schließt die Tür mit Nachdruck.
»Alles okay«, sagt er zu der im Wagen wartenden Gipsy Sandler. »Du hättest ihn sehen sollen: die Schamröte einer Jungfrau in einem so zerfransten Gesicht. Das hat mich für alles entschädigt. Du bist gerächt, und ich bin jetzt ein freier Mann.« Er zieht Gipsy an sich, sieht ihr in die Augen. Es scheint ihm, als hätten sie noch nie so gestrahlt, seit er sie kennt. »Du siehst ja richtig glücklich aus«, bemerkt er.
»Das bin ich auch«, erwidert sie. »Weißt du, wie du aussiehst? Richtig verliebt.«
»Aber das bin ich doch«, versetzt er.
»Dann sei mal verdammt vorsichtig, Bob«, erwidert Gipsy und küsst ihn auf den Mund, »daß deine schöne neue Freiheit nicht schon in Tucson zu Ende ist.«
Hinter ihnen hupt wie wild ein Autofahrer, dem sie den Weg versperrt haben.
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