Piss off! Ein Engel zum Fürchten (German Edition)
im Sonnenschein blitzte, und kaum saß man drinnen, um ordentlich auf die Tube zu drücken, passierte irgendwas Dummes, oder man stellte fest, dass einem ganz einfach der Zündschlüssel fehlte.
„Und du? Was machst du so?”, kam die unvermeidliche Frage. Gaby stellte sie über den Rand ihres Glases hinweg, spitzte die Lippen und trank einen Schluck. Sie war blond und die Art Mädchen, die Mütter sich zur Schwiegertochter wünschen. Adrett und anspruchslos, ein wenig langweilig. Eben eines dieser Mädchen, die Fragen stellen wie „Und? Studierst du auch Pädagogik?” Wieso kommt nicht einmal eines dieser Geschöpfe daher und fragt etwas Überraschendes, zum Beispiel: „Glaubst du, dass Stephen Hawking recht hat mit seiner Theorie, das Universum dehne sich zuerst kugelförmig aus, um danach genauso kugelförmig zusammenzuschrumpfen?” Sie könnten wenigstens nach meiner Lieblingsband fragen oder sich erkundigen, ob es mir gutgeht. Stattdessen stoßen sie mich mit der Nase darauf, dass ich keine Ahnung habe, nicht den leisesten Schimmer, wie ich später einmal gedenke, meine Brötchen zu verdienen. Nein, sie fragen „Und was machst du?”, und wenn ich antworten würde, ich sei Serienkiller oder Kinderschänder von Beruf, würden sie erwidern: „Aha, und was macht man da so?”
Aber das nur am Rande. An jenem Abend war ich nicht in Stimmung, mich darüber zu mokieren und jemand Fremden zu belehren, welche Themen anregend sind und welche wie ein Röhrchen Schlaftabletten auf mich wirken. Außerdem – Zack flipperte, sonst war niemand da, den ich kannte, und Gaby war, wenn auch naiv, ein reizendes Geschöpf mit Brüsten, die sich höchst wahrscheinlich sehen lassen konnten. Und wer war ich schon, dass ich auf überheblich machen und über die Mädchen hätte zu Gericht sitzen dürfen? Mit meinen siebenundzwanzig Jahren kam ich mir manchmal vor wie Moby Dick – alt, weiß und vernarbt –, nicht gerade eine gute Ausgangsposition, um herumzuposaunen: He, Leute, schaut her, ich bin besser als ihr! Im Gegenteil. Ich hatte weder Talent noch Begabung. Niente! Ich war ein Niemand mit exaltierten Träumen, der verzweifelt versuchte, dem Leben unter die Röcke zu starren. Ich hatte einfach kein Recht, mich insgeheim über andere zu stellen. Und je länger ich heimliche Blicke auf Gabys Oberweite warf und versuchte, ihre Körbchengröße zu schätzen, desto wohler war ich den dreien gesonnen. Sie waren zwar keine Diamanten im Diadem dieses Abends, aber sie waren freundlich zu mir, und das war mehr, als ich von einer Vielzahl anderer Menschen sagen konnte.
„Ich habe ein Patent auf Kirchenorgeln”, antwortete ich schließlich und machte kunstvoll eine kleine Pause. „ Hydraulische Kirchenorgeln. Das Problem ist, dass in kleineren Kirchen und Kapellen der Platz fehlt, um eine richtige Orgel installieren zu können. Und natürlich das Geld. Also habe ich mich mit meinem Onkel, einem Orgelbaumeister, zusammengetan, nachgedacht und gemeinsam mit ihm hydraulische Orgelpfeifen entwickelt, die während des Spiels in ihrer Höhe regulierbar sind. Das bedeutet, man kann die Oktavenhöhe jeder einzelnen Pfeife verändern, und das wiederum heißt: Obwohl so eine hydraulische Orgel kleiner und billiger ist, verfügt man über dasselbe Spektrum an Tönen wie bei den größeren, teureren Orgeln.”
„Ich hab’ noch nie einen Kirchenorgelbauer kennengelernt”, sagte Gaby. „Das heißt ja, dass du selbst auch spielen können musst...”
„ Stimmt. Entweder auf der Orgel oder mit der Wahrheit.”
„ Toll! Ich würde auch gern ein Instrument spielen können”, erwiderte Ulrike, ganz und gar in ihrem eigenen kleinen Horizont gefangen und weit davon entfernt, meine illustre Geschichte trotz meines Hinweises lachend als Schwindel zu entlarven.
Ich entschuldigte mich und schlängelte mich durch zu Zack, der immer noch den Flipper malträtierte. Hinter ihm stand eine Gruppe von Kids in weiten Hosen, Baseball-Kappen auf den kurzrasierten Köpfen, und wartete darauf, dass Zack ihnen endlich Platz machen würde.
„Lust, noch mit ins Spirit zu kommen?”
„Ich kann den Laden nicht mehr sehen”, sagte Zack. „ Außerdem ist heute Mittwoch. Da ist die Musik immer scheiße.”
Wortlos kehrte ich zu den drei Mädchen zurück, die sich über einen ihrer Dozenten unterhielten, der es ihnen ganz offensichtlich angetan hatte. Mädchen wie sie identifizierten sich immer mit ihren Dozenten. Das war es, was den Aufenthalt in den
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