Piss off! Ein Engel zum Fürchten (German Edition)
war? Schließlich war das Geheul von Polizeisirenen zu hören gewesen, und Monty hatte einen Zettel gezückt und ihn an Blackbones Jacke befestigt. „Gibt nur Ärger, wenn wir bleiben”, hatte er erklärt. „Ich lass’ ihnen eine Nachricht hier, die ihnen sagt, sie sollen ihn mal zu Diana befragen.” Dann zog er mich fort, ging mit mir vor die Tür und setzte sich in einen Toyota-Geländewagen, auf dessen Türen das Club-Emblem der Motorradgang prangte. Anschließend hatte er uns beide auf direktem Wege zur Scheinbar gefahren.
„Sie werden dich anhand deines Nummernschildes ermitteln. Sie werden uns Fragen stellen”, sagte ich und wandte mich um.
„Gleich”, erwiderte er. „Muss nur kurz mal aufs Klo, dann werd’ ich dir mal ein paar Dinge erklären.”
Er blieb lange fort. Die Sache mit dem Supermarktraub fiel mir wieder ein, der – laut Polizeiauskunft – angeblich nie stattgefunden hatte. War das, was kaum zwei Stunden zurücklag, ebenfalls nur Einbildung gewesen? Die Lücken in meinem Gebiss sagten nein. Trotzdem hatte ich jede Menge Fragen an Monty. Sobald er wieder neben mir säße, würde er mich aufklären müssen. Und diesmal würde ich mich nicht wieder mit Ausreden abspeisen lassen. Ich wollte die Wahrheit erfahren. Ich wollte endlich wissen, wer und vor allem was er eigentlich war.
Nach einer Viertelstunde jedoch war er noch immer nicht zurück. Ich stand auf und ging ihm nach.
Die Herrentoilette befand sich im Keller und war nicht sonderlich groß. Ein winziges Foyer, zwei Urinale, zwei schmale Kabinen. Monty war nirgends zu finden. Ich sah auf dem Frauenklo nach. Fehlanzeige. Also kehrte ich nach oben zurück.
„Habt ihr im Keller einen Notausgang?”, fragte ich Dirty Harry. „Einen, durch den man ungesehen rausgelangen kann?”
„Nein, wieso?”, erwiderte er. „Wär’ ja wohl schön blöd, wenn jeder da rausspazieren könnte, ohne zu zahlen.”
„Monty ist weg”, sagte ich nur.
„Kann nicht sein”, belehrte mich Harry. „Da unten kommt man nicht raus.”
Wortlos ging ich noch einmal zu den Toiletten hinab, aber es war wie gehabt. Außer mir selbst war niemand dort unten. Dann sah ich den Brief. Er klebte am Handtuchautomat und steckte in einem weißen Umschlag, auf dem ich meinen Namen las. Ich nahm den Umschlag, schaute mich noch einmal um und holte die Nachricht hervor.
„Lieber Peevee! Ich kann nichts mehr für dich tun. Du kennst jetzt den Weg, geh ihn zu Ende. Vergiss nicht, Diana zu besuchen. Bestell ihr viele Grüße von mir. Die Wohnung brauch’ ich nicht mehr, du kannst dort einziehen, sofern du es willst. Der Vermieter ist einverstanden und wird sich mit dir in Verbindung setzen. Die Comics in meinem Zimmer und die, die du im Keller finden wirst, gehören dir. Nimm sie und mach einen Comic-Laden auf. Das ist ein Befehl.
Aufgefahren in den Himmel, Monty“
„Er ist weg”, sagte ich zu Dirty Harry, als ich wieder an der Theke stand. „Ich weiß nicht, wohin und wie er es gemacht hat, aber er ist nicht mehr da.”
„Kann nicht sein!”, sagtte Dirty Harry erneut, dann schwang die Tür auf und ein Taxifahrer erschien. Er lief geradewegs auf das DJ-Pult zu, um Dirty Harry eine billige Plastiktüte zu reichen, in der offensichtlich eine Schallplatte steckte.
„Soll ich beim DJ abgeben”, sagte der Fahrer und ging.
Harry spähte in die Tüte. Die Platte, die er endlich herausnahm, zeigte die DOORS. Es war ein Zettel an ihr befestigt: „Erste Seite, Song Nummer 5. Viel Spaß, Ihr Ungläubigen.”
Dirty Harry schaute mich an, er wirkte verstört. Etwas Unwirkliches, Wundersames legte sich über die Bar.
„Das ist doch ein Witz, oder?”, fragte er schwach. „Es kann einfach nicht sein!”
„Spiel es”, erwiderte ich. „Dann werden wir sehen ...”
Vorsichtig nahm Dirty Harry die LP aus der Hülle. Keine zehn Sekunden später strömte der Song ›Emma‹ in der Version der DOORS aus den Boxen. Erst das magische Riff der Gitarre, dann der Gesang. „Emma, Emmalee, I make you the biggest star this world has ever seen”. Über Dirty Harrys Wange lief eine einsame Träne.
****
Ich suchte Diana im Krankenhaus auf. Sie wirkte nicht verstört, nicht zornig, vielmehr schien ihr alles sehr gleichgültig zu sein, so als spiele fortan nichts mehr eine besondere Rolle. Ihr Gesicht war noch immer geschwollen. Sie wirkte müde, richtete sie jedoch auf, als ich das Zimmer betrat und schenkte mir ein winziges, zaghaftes
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