Pitch (German Edition)
hätte,
Iris sitzt still da, Marie verschwindet kurz auf dem Klo, Iris gießt
den Tee auf, sie ruft in der Agentur an und sagt, dass sie nicht
kommen kann, verpassen wird sie nichts, bei dem Pitch wird sie
ohnehin nicht dabei sein, denkt sie, sie legt auf, sie hört die
Spülung, Marie kommt von der Toilette, verheult, aufgedunsen,
mit fettigen Haaren, so wie eine Frau im neunten Monat eben aussieht,
wenn ihr gerade klar geworden ist, dass ihr Ehemann sie betrügt,
dass sie gar nicht dieses hippe, schöne Pärchen sind, von
dem sie immer glaubte, dass sie es seien, dass sie stattdessen eine
von diesen unzähligen Frauen ist, die irgendwann feststellen
müssen, dass sie es sind, die schwanger zu Hause sitzen, ihren
Beruf aufgegeben haben und von ihrem berufstätigen Gatten
hintergangen werden, wie es schon ihren Müttern und Großmüttern
geschehen ist, die sich damit abgefunden haben, weil die Zeit danach
war, dies alles plötzlich erkennend setzt sich Marie wieder hin
und Iris weiß, dass es jetzt weitergehen wird, ihr schlechtes
Gewissen ist etwas geschwunden, das Ganze beginnt, ihr auf die Nerven
zu gehen, schließlich ist sie frei gewesen und Jo war es nicht,
das war nicht ihr Problem, das war seins gewesen, aber natürlich
sagt sie das nicht, unwohl fühlt sie sich, ungeduscht, sie hat
noch den Geruch von zwei Männern in der Nase, deren Schweiß
auf ihrer Haut und ihr Sperma in sich, sie schaut vage in Maries
Richtung, ihr Blick fällt auf ihren Schoß, auf das
Schwangerschaftskleid, das dort seltsam dunkel ist, auf den Fleck,
der sich unter Marie langsam auf dem Sofabezug ausbreitet, erschreckt
schaut sie Marie an, die ebenfalls ungläubig auf ihren Schoß
hinabschaut und sich plötzlich zusammenkrampft, Iris springt auf
und ruft, komm, wir müssen los.
18
Frau
Riehm hört zu, …
… was
ihre Kollegin aus dem Wirtschaftsministerium zu sagen hat, überlegt
kurz und sagt dann, gut ich verbinde, sie drückt auf Gespräch
übergeben und wählt die nullnulleins, schnarrend klingt
die Stimme am andern Ende der Leitung, was ist denn, Frau Riehm, ich
sagte doch, dass ich nicht gestört werden will, entschuldigen
Sie, Herr Ministerpräsident, aber ich habe den
Wirtschaftsminister in der Leitung, hat das, fragt er zurück,
nicht Zeit bis zur Kabinettssitzung heute Nachmittag, ich fürchte,
nein, Herr Ministerpräsident, es ist wichtig, Karl Keiser ist
ins Sankt-Vitalis-Krankenhaus eingeliefert worden, Pause, aha, was
Ernstes, fragt er, wie es aussieht schon, Herr Ministerpräsident,
es steht wohl nicht gut um ihn, nun denn, Frau Riehm, dann stellen
Sie mich durch, sofort, Herr Ministerpräsident, sagt sie und
drückt auf OK , einige Minuten später ist er wieder
in der Leitung, Frau Riehm, sagt er, schicken Sie nach Herrn
Sedlmeyer, sofort, bitte.
19
Die
kleine Gipsfigur …
… auf
Jos Schreibtisch steht kurz vor dem Aufbruch im Zentrum reger
Betriebsamkeit, während Jo noch mit Ferdi auf der Gangway spricht und sich danach in der Kombüse eine Zigarette
gönnt, hauen Alex und Mareike noch ein paar Headlines in die
Tasten, fünf, sechs Sprüche, er packt die Lines in ein
E-Mail und schickt es an Vera, kurzes Telefonat, Vera, ich hab da
noch was, bau doch die paar Zeilen noch in den Einklinker ein und
druck uns den gesondert aus, nee, brauchst das nicht auf Pappe
aufziehen, nehmen wir so mit, ich komm gleich mal rüber, sagt
er, legt auf und geht mit Mareike in die Grafikabteilung, die kleine
Gipsfigur bleibt in ihrer prekären Lage am Rande des
Schreibtischs zurück, hin und her ist sie heute Morgen schon
geschoben worden, keiner hat sie so recht beachtet, normalerweise
nach Osten ausgerichtet, der aufgehenden Sonne entgegen, weist ihr
Köpfchen nun unabwendbar nach Westen, sie wird von dem
zurückkehrenden Jo beiläufig ein bisschen Richtung
Tischmitte gerückt, dann nimmt er den Hörer ab und ruft
Iris an, er lässt es lange klingeln, drückt dann entnervt
auf die Gabel, wählt neu, diesmal die Nummer ihres Handys, wird
wieder enttäuscht, denn auch diesen Anruf nimmt lediglich die
Mailbox entgegen, das wundert ihn, wo soll sie schon sein, was kann
in den zwei Stunden schon passiert sein, dass sie noch nicht hier
ist, ihr Wegbleiben sogar entschuldigt, dann aber nicht mal mobil
erreicht werden kann, Jo ruft zu Hause an, nicht dass er irgendetwas
vermutet, aber wenn er die eine nicht an die Strippe kriegt, dann
versucht er es eben bei der anderen, Marie wird vermutlich noch
schlafen, wahrscheinlich geht sie
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