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Pittys Blues

Pittys Blues

Titel: Pittys Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Gaebel
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heißgeliebten Pick-up fallen würde.
    McClure bot sich an, ihn mit dem Auto mitzunehmen.
    «Das glaubst auch nur du», blaffte Dick ihn an.
    «Aber Dick, du weißt doch gar nicht, wo er steht.»
    «Du wirst es mir sagen.»
    Scott grunzte, schüttelte den Kopf und beschrieb ihm widerwillig, wo der Wagen stand: genau auf dem Weg, der an der Lichtung vorbeiführte. Dort hatte sein Nachbar Mort Cassis mal eine Woche auf dem Hochsitz verbracht. Weiß der Teufel, was er da schießen wollte.
    McClure sah in den Himmel und bekam eine klitzekleine Schneeflocke ins Auge:«Was zum Teufel soll das jetzt eigentlich? Schnee! Wenn das mal nicht ein Zeichen ist.»Motzend zog er ab.
    Dick hatte es nicht eilig, seinen Pick-up wiederzusehen. Er war so lange weg gewesen, da machten die paar Minuten mehr oder weniger auch nichts mehr aus.
    Der Schnee fiel stärker. Die dünne weiße Schicht sammelte sich unter seinen Schuhen, bis sie knarzten und zerbrochene Profilspuren hinterließen. Oben Schnee, unten Erde. In Dicks Bauch grummelte es, und vor seinen
Augen flirrten Bilder. Er sah sich als kleinen Jungen den Weg entlanglaufen, mit einem Stock gegen die Zweige der Bäume schlagen. Oft war er tagelang unterwegs, verdreckte und verwilderte zusehends. Zu Hause kümmerte es niemanden, ob er da war oder nicht. Sein Dad hatte eine Menge anderer Dinge im Kopf. Frauen, Poker, Angeln und Whiskey. Das war eine gewagte Mischung, aber Gene TreLuke war ein waghalsiger Mann. Wenn er rumhurte, dann nur mit den schönsten Frauen, und wenn er soff, dann nur den besten importierten Single Malt. Er brachte manchmal ganze Wochen unten in Tulipes Kaschemme zu, pokernd und saufend. Keines seiner Hobbys konnte sich Gene wirklich leisten. Aber er war ehrgeizig, in allem, was er tat. Schade, dass er nie gearbeitet hat. Er hätte es womöglich zu was gebracht.
    Gene TreLuke war großartig darin, anderen Leuten mit einem Lächeln ihr Geld aus der Tasche zu ziehen, sei es durch Betrug beim Spiel, mal durch einen ehrlichen Gewinn oder mit seinem Dackelblick, der die Gutgläubigen - und zum Schluss nur noch die Dümmsten - wie in Trance die Börse zücken ließ, um ihm auszuhelfen. Sie hätten ihr Geld auch gleich ins Klo werfen können, es hätte keinen Unterschied gemacht.
    Später stellte sich heraus, dass Dick noch fünf Halbgeschwister hatte. Bis auf ihn und seinen kleinen Bruder Elliot war jeder der Geschwister von einer anderen Frau geboren worden. Seine Mutter hatte immer geflucht.«Gene, du räudiger Köter», meist kurz bevor sie einschlief, wie ein Nachtgebet. Dick und Elliot hatten
einander oft so genannt, waren durch die Gegend gelaufen und hatten dabei gelacht. Dick war sich der Bedeutung von«räudiger Köter»im Bezug auf seinen Vater durchaus bewusst, aber für ihn und seinen kleinen Bruder war es ein Kosename. Elliot. Er hatte lange nicht mehr an ihn gedacht.
    Elliot war vier Jahre jünger als Dick gewesen, immer vorlaut, immer neugierig und unglaublich schnell von Begriff. Wenn er lange genug gelebt hätte, wäre er mit Sicherheit ein kluger Mann geworden.
    Dick sah in die tanzenden Flocken, zog die Schultern hoch und stopfte seine Hände in die Hosentaschen. Er war jetzt nur noch ein paar Schritte von seinem Pick-up getrennt, konnte ihn aber trotzdem nicht erkennen. So, wie es aussah, hatten sich alle Einwohner von Rickville hier eingefunden, um Dicks ganz spezielles Wiedersehen mit dem Pick-up zu begaffen. Vera aus dem Diner hatte sogar Thermoskannen mit dampfendem Kaffee mitgebracht. Ja, das sah ihr ähnlich. Sie hätte Politikerin werden können. Aus allem schlug sie ihren Vorteil.
    Sie sah Dick als Erste, und obwohl sie gute Augen hatte, bemerkte sie nicht, dass er sich mit jedem Schritt, den er der Lichtung näher kam, unwohler fühlte und am liebsten kehrtgemacht hätte. So etwas sieht man nämlich mit dem Herzen, und darin war Vera nicht wirklich gut. Sie war der festen Überzeugung, dass jeder Anfall von schlechter Laune oder Trauer darauf zurückzuführen ist, dass derjenige, der die Missstimmung empfindet, nicht anständig gefrühstückt hat. Ihr konnte
das nicht passieren. Vera stand immer gut im Futter, um es nett auszudrücken.
    «Wir haben uns schon gefragt, ob du in den Fluss gefallen bist. Sag mal, willst du einen Kaffee, bist bestimmt ganz durchgefroren. Der Schnee, ist das nicht bezaubernd? Und wir haben gar keine Schneeschippen in Rickville, nicht eine einzige, hm, na, dann komm mal ran, Vera gibt dir was zum Durchwärmen, ja?

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