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Planet der Affen

Planet der Affen

Titel: Planet der Affen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Boulle
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aber keiner von uns war geneigt, sich von Trugbildern narren zu lassen. Ganz eindeutig besaß jene Frau, die dort oben unbeweglich wie eine Statue auf einem Sockel stand, auch nach irdischen Maßstäben einen vollkommenen Körper. Levain und ich hielten hingerissen den Atem an, und ich glaube, der Professor blieb ebenfalls nicht unbeeindruckt.
    Leicht vorgebeugt, die Arme nach hinten angehoben, so als wollte sie gerade zum Sprung ansetzen, stand sie, uns zugewandt, da und schien mindestens ebenso erstaunt zu sein wie wir. Die paar Sekunden, während derer ich sie anstarrte, genügten, um mich so durcheinanderzubringen, dass ich zunächst keine Einzelheiten an ihr wahrnahm. Der Gesamteindruck ihrer Erscheinung hatte mich hypnotisiert. Erst nach einigen Minuten kam mir zu Bewusstsein, dass sie eine Weiße war. Sie war schlank und nicht übermäßig groß, und ihre Haut war eher golden als braun getönt. Dann sah ich wie im Traum ihr unschuldiges, reines Gesicht und schließlich ihre Augen.
    Da schrak ich aus meiner Benommenheit auf. Plötzlich war ich hellwach und erschauerte: Der Blick dieser Augen war so fremd, so ungewohnt – hier endlich kam die ganze Andersartigkeit dieser von unserer eigenen so weit entfernten Welt zum Ausdruck. Aber ich war unfähig, zu erkennen, worin diese Andersartigkeit eigentlich bestand. Ich spürte lediglich, dass sich dieses Geschöpf grundlegend von Wesen unserer Art unterschied. Es lag nicht an der Farbe der Augen, die von einem Grau waren, das bei uns zwar nicht sehr häufig, aber zuweilen vorkommt, sondern an ihrem Ausdruck oder vielmehr an ihrer Ausdruckslosigkeit. In ihnen lag eine Leere, die mich an eine Schwachsinnige erinnerte, der ich früher einmal begegnet war. Und doch konnte es das auch nicht sein, nicht Schwachsinn.
    Als sie bemerkte, dass auch sie selbst neugierig angestarrt wurde, insbesondere als mein Blick den ihren kreuzte, zuckte sie zusammen und wandte sich jäh ab, wie ein aufgeschrecktes Tier. Und das nicht aus Schamhaftigkeit, denn eine solche Regung traute ich ihr kaum zu. Vermutlich konnte sie ganz einfach meinen Blick nicht ertragen. Jetzt spähte sie mit abgewandtem Kopf heimlich aus dem Augenwinkel zu uns herüber.
    »Ich habe ja gleich gesagt, dass es eine Frau ist«, murmelte Levain.
    Er hatte mit vor Erregung erstickter Stimme und ziemlich leise gesprochen. Doch das Mädchen hatte ihn gehört und reagierte höchst seltsam. Sie wich zurück, und ihre Haltung ließ mich abermals an ein aufgescheuchtes, fluchtbereites Wild denken. Dann hielt sie nach zwei Schritten inne, fast ganz hinter einem Felsen verborgen. Nur noch die obere Hälfte ihres Gesichts und ein Auge waren zu sehen, das unverwandt auf uns gerichtet blieb.
    Wir wagten keine Bewegung, aus Angst, sie zu verscheuchen. Unser Verhalten schien sie zu beruhigen, denn nach einem Moment kam sie wieder zum Vorschein. Doch der junge Levain war zu aufgeregt, um den Mund zu halten.
    »Ich habe noch nie …«, fing er an. Dann erkannte er seinen Fehler und brach ab. Sie war wieder zurückgewichen, so als jagte der Klang einer menschlichen Stimme ihr Entsetzen ein.
    Professor Antelle bedeutete uns, zu schweigen, und planschte weiter im Wasser umher, ohne sie im Geringsten zu beachten. Wir folgten seinem Beispiel, und der Erfolg blieb nicht aus. Sie kam nicht nur näher, sondern bekundete auch sichtlich Interesse an unserem Treiben, und zwar auf so ungewöhnliche Weise, dass wir noch neugieriger wurden. Man stelle sich einen furchtsamen kleinen Hund am Strand vor, dessen Herr gerade badet. Am liebsten möchte er auch ins Wasser, doch er traut sich nicht. Er läuft drei Schritte hierhin, drei Schritte dorthin, rennt weg, kommt zurück, schüttelt sich. Genauso benahm sich das Mädchen.
    Und dann hörten wir sie plötzlich. Aber die Laute, die sie ausstieß, verstärkten noch den Eindruck, dass es sich um ein Tier handelte. Sie stand jetzt am äußersten Rand des Felsvorsprungs, so als wollte sie kopfüber ins Wasser springen, und hatte den Mund geöffnet. Ich befand mich etwas abseits, konnte sie beobachten, ohne selbst gesehen zu werden, und erwartete, sie sprechen, rufen zu hören. Ich war auf die barbarischste aller Sprachen gefasst, aber nicht auf die sonderbaren Laute, die aus ihrer Kehle drangen – und zwar buchstäblich aus ihrer Kehle, denn weder Mund noch Zunge schienen an diesem schrillen Gejaule und Geheul beteiligt zu sein, das nichts Menschliches an sich hatte. In unseren Tiergärten kann man

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