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Plasma City

Plasma City

Titel: Plasma City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Jon Williams
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ihnen verplempert! Was ist hier eigentlich los?«
    »Was hast du ihnen erzählt?«
    »Nichts!« Tellas Augen sind arglos. »Ich erzähle doch niemandem etwas, das weißt du doch.« Sie beugt sich vor und senkt die Stimme. Aiah hofft, dass nicht gerade jetzt ein Magier herumschnüffelt und jedes Wort mithört. »Deine kleine Nebenbeschäftigung habe ich nicht erwähnt«, flüstert Tella. Abgesehen von höchstens einhundert Leuten hat sie es ganz sicher niemandem erzählt, aber die Schnüffler wissen wahrscheinlich nicht, wen sie fragen müssen.
    Aiah überlegt sich, wie viele Leute sie mit Constantines Limousine haben wegfahren sehen.
    »Die Leute da oben haben Angst um ihre Ärsche«, sagt Aiah. »Sie versuchen, mir die Schuld anzuhängen, nachdem sie die Flammenfrau in der Bursary Street ohne gründliche Untersuchung zu den Akten gelegt haben.« Sie sackt auf den grauen Metallstuhl und kippt ungefähr zwanzig Grad nach rechts. Wütend dreht sie den Stuhl nach rechts und nach links, aber die Neigung bleibt.
    »Verdammt!«, ruft sie. Dann steht sie auf und befördert den Stuhl mit einem Tritt quer durch den Raum, wo er gegen die beiden anderen ausrangierten Stühle kracht. Alle drei kippen um und fallen auf den rissigen gekachelten Boden. »Ich weiß wirklich nicht mehr, wie viele Beschwerden ich im letzten Jahr an die Hausverwaltung geschickt habe!«
    Tella lässt nicht locker. »Aber die Ermittlungen … was willst du jetzt machen?«
    Aiah kann sich gerade noch beherrschen, um dem Stuhl nicht einen weiteren Tritt zu versetzen. »Sag mal«, erwidert sie, »glaubst du wirklich, ich müsste vor einer Organisation Angst haben, die nicht einmal einen Stuhl reparieren kann?«
     
    Trackline-Intendant tritt zurück!
    Beharrt auf seiner Unschuld
    Bisher prominentestes Opfer des Skandals
     
    Aiah schiebt den kaputten Stuhl vor sich her in den Konferenzsaal, in dem um 9.00 Uhr die Krisensitzung beginnen soll. Unter den neugierigen Blicken der anderen stellt sie den Stuhl an eine Wand und setzt sich auf einen bequemen Polsterstuhl am langen Konferenztisch. Die anderen sehen ihr schweigend zu. Oeneme ist persönlich anwesend, also muss es sich um eine wichtige Angelegenheit handeln. »Ich interessiere mich nicht für Fakten«, sagt er. »Ich interessiere mich für Ihre Eindrücke .«
    Oenemes Untergebene schildern pflichtschuldigst ihre Eindrücke und sind offenbar erleichtert, nicht darauf hinweisen zu müssen, dass es Oeneme selbst war, der Rohders Bericht ignoriert hat, obwohl man ihm entnehmen konnte, dass die Speiseleitung der Flammenfrau von Osten käme. Er war es, der den Katastrophenschutz stattdessen zur Old Parade geschickt hat.
    Die Sitzung schleppt sich drei Stunden lang hin und da niemand etwas Konkretes zu sagen wagt, kommt auch nichts dabei heraus.
    In der Neuen Stadt, denkt Aiah düster, würde man alle diese Leute auf die Straße setzen, wo sie um ihr Essen betteln müssten.
    Als sie den Sitzungssaal verlässt, zieht sie den Polsterstuhl hinter sich her und nimmt ihn in ihr Büro mit. Alle sehen es, aber niemand sagt ein Wort.
    Ihr Büro riecht nach Urin und Babykacke. Zwei Schnüffler warten auf sie. Kleine, höfliche Männer in ordentlichen Anzügen. Eine ganz andere Liga als die Straßenschläger, die am Vortag vor ihrer Tür standen. »Wir möchten, dass Sie mitkommen«, sagt einer. Er hat Mühe, das Geheul des Babys zu übertönen.
    »Laden Sie mich zum Mittagessen ein?«, fragt Aiah.
    Sie wechseln einen Blick. »Nein.«
    »Dann müssen Sie warten, bis meine Mittelpause vorbei ist.«
    Sie setzt den gestohlenen Stuhl vor ihren Schreibtisch und geht. Draußen kauft sie sich eine Schale Fleischbrühe mit Reisnudeln und isst auf einer Bank an der Avenue of the Exchange. Sie liest eine Weile in den Protokollen, macht sich Notizen, kassiert das Pfand für die leere Suppenschale und kehrt ins Büro zurück.
    Die Schnüffler warten schon auf sie, als sie zurückkehrt. Jetzt geht Telia in die Pause und nimmt ihr Baby mit. Die nächste Stunde über beantwortet Aiah die beharrlichen Fragen der Schnüffler. Als sie mit den gleichen Fragen wieder von vorne beginnen, weil sie hoffen, Aiah bei einem Widerspruch zu ertappen, beendet sie abrupt die Sitzung.
    »Wenn Sie nichts Neues zu fragen haben, lassen Sie mich bitte meine Arbeit machen.«
    Sie ist überrascht, als die Schnüffler sofort ihre Notizblöcke wegstecken, sich freundlich bedanken und verschwinden.
     
    Studiengruppe der Neuen Stadt im Aufbau
    Zuschriften

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