Plötzlich Royal
einen Schlag zur Nummer zwei in der Thronfolge und damit Prince Charles’ Platz übernehmen.
„Sir Geoffrey, was bedeutet das?“, fragte eine Reporterin mit eine Daily Mirror -Weste.
Der Sir starrte mich verächtlich musternd an, bevor er antwortete. „Gar nichts. Ein paar Internetkolumnisten wie der sonst sehr kompetente Sir Wilfried und dieses unselige Wikipedia haben diese Fehlinterpretation des Act of Settlement von 1701 in die Welt gesetzt. Das ist dasselbe wie bei illegitimen Kindern: Sie werden aus der Thronfolge ausgeschlossen, und für deren Kinder spielt es dann keine Rolle mehr, ob sie legitim sind oder nicht. Der ganze Zweig der Familie Burger wird vom Stammbaum abgesägt – somit ändert diese kleine Enthüllung von Ms Burger hier nichts.“
„Wird er nun einen Titel erhalten, vielleicht sogar ein Prinz, gar eine Royal Highness werden?“, fragte die Daily Mirror -Reporterin.
„Keineswegs, es hat sich ja nichts geändert. Deshalb wird es auch nicht notwendig sein, Ihre Majestät mit den kleinen Details aus Mr Sascha Burgers Privatleben zu belästigen. Berichten Sie in Ihren Zeitungen und Fernsehstationen lieber über den neuen Titel von Lady Carmen und über die Verlobung mit dem Prinzen von Schwanstein“, knurrte Sir Geoffrey.
„Vielleicht sollten wir doch meine Anwälte anrufen. Fragen kostet ja nichts“, meinte mein Papi zögerlich. Ich zog es vor, ausnahmsweise den Mund zu halten.
„Abgesehen davon, dass ich Letzteres besonders bei Ihren Anwälten bezweifle“, fuhr Sir Geoffrey ungeduldig fort, „ist davon auszugehen, dass Ihre Anwälte zwar ausgezeichnete Experten im Wirtschaftsrecht sind, sich meine Wenigkeit hingegen rühmen darf, der führende Experte im britischen Thronfolgerecht zu sein. Dies ist ab jetzt ein privates Fest. Vielen Dank, meine Damen und Herren von der Presse, für Ihr Interesse und Verständnis“, klemmte der britische Sir die Diskussion ab.
Mit etwas Murren und unter dem höflichen, aber bestimmten Drängen der Sicherheitsleute räumte die Presse das Feld.
„Kannst du reiten?“, fragte mich Prince Harry unvermittelt.
Ich musste zuerst aus meiner Erstarrung aufwachen, bis ich mit Verzögerung „Ja, ein wenig“ antworten konnte. Mum hatte mich vor meinem Coming-out ein paar Reitstunden nehmen lassen, spätestens danach aber meine Rückkehr in den Schoß der königlichen Familie wohl für unmöglich gehalten.
„Dann könnte ich dir Polo beibringen.“
„Das würde mir bestimmt Spaß machen“, antwortete ich Harry höflich.
Die Party ging mehr oder weniger unter meiner geistigen Abwesenheit weiter. Man plauderte selbstverständlich über die Verlobung und spann sich Märchenprinzen-Szenarien mit einer Traumhochzeit auf Schloss Neuschwanstein zusammen, an denen ich mich nicht beteiligen wollte. Ich sah am Rande, dass Papi nun mit dem Herzog plaudern musste. Ob er wohl der Sache mit der Thronfolge nachgehen würde? Mein Großvater George war der ältere Zwillingsbruder von HRH Prince Charles. Er würde nach dem Tod der Queen als König George VII. den Thron besteigen, dann Charles, dann William und dann einer oder eine von dessen Nachkommen. Doch wenn nur Mum ausgelassen würde, stünde ich plötzlich in der direkten Thronfolge. Das würde bedeuten, dass ich den Paparazzi ausgesetzt wäre und vielleicht doch noch Leopolds Schwester heiraten müsste. Ich schob diese Gedanken beiseite – Sir Geoffrey musste es ja wohl am besten von allen hier wissen.
Das China-Geschäft
Den Tag nach der Verlobung meiner Schwester verbrachte ich mit Simon auf einer Velotour. Mein scheuer Freund schuldete mir ja was, nachdem er die Party geschwänzt hatte.
Als wir unterwegs in einem Dorfladen anhielten, um uns mit Proviant zu versorgen, kaufte Simon eine bekannte Boulevardzeitung, weil ein Foto von mir groß auf der ersten Seite drauf war. Vor dem Laden auf einem Mäuerchen lasen wir gemeinsam den Aufmacher über mich. Obwohl es nicht ganz unerwartet war, erschreckte mich die Schlagzeile nicht wenig:
Abgeblitzt!
Queen Elisabeth (79) knallt unserem Schweizer Prinzen Sascha (20) die Palasttür vor der Nase zu! Der Sprecher des königlichen Haushalts Rt. Hon. Sir Geoffrey (61) weist Spekulationen der Regenbogenpresse um eine falsche Thronfolgeliste zurück. Der Schweizer Urenkel der Queen, Sascha Burger, habe einen katholischen Vater und sei deshalb zu Recht gestrichen worden. Zudem müsse das Parlament einer derart drastischen Änderung der Thronfolgeliste zustimmen.
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