Ploetzlich Vater
mit ihren großen blauen Augen betrachtete. Sie hatte die Arme vor der Brust verschränkt, die blonden Haare fielen ihr weich und locker auf die Schultern. Er war ihr den ganzen Tag aus dem Weg gegangen, und er wusste auch, warum. Jedes Mal, wenn er sie ansah, zog sich sein Magen zusammen, und seinem Herzen versetzte es einen Stich.
„Sie hört nicht auf zu schreien“, bemerkte er, um sich auf andere Gedanken zu bringen. „Was ist mit ihr los?“
Maggies Lächeln erreichte nun auch ihre Augen.
„Hast du mal versucht, ihr die Windeln zu wechseln?“
„Haha, sehr witzig.“
Maggie trat neben ihn, beugte sich über die Wiege und nahm Bailey heraus, als wäre sie gar nicht so zerbrechlich, wie sie aussah.
„Kris hat mich gebeten, nach ihr zu sehen. Willst du sie mal halten?“
Er machte einen Schritt rückwärts. „Wollen Bären tanzen?“
„Ich denke schon“, sagte Maggie mit einem Lächeln.
„Bären wollen nicht tanzen“, teilte er ihr mit. „Sie wollen Menschen fressen.“
„Okay“, sagte sie. „Dann wollen Bären also Menschen fressen. Hilfst du mir jetzt, sie zu wickeln, oder willst du lieber noch ein bisschen rumschmollen, anstatt wie alle anderen die Feier zu genießen?“
„Ich glaube, ich schmolle lieber noch ein bisschen rum, danke.“ Er sah Maggie einen Moment lang an und dachte an die schöne Zeit, die sie als Kinder miteinander verbracht hatten. Er und seine Brüder hatten mit Maggie immer Flag Football auf der Straße gespielt. Damals war sie eine von den Jungs gewesen. Es fiel ihm schwer zu akzeptieren, dass sie nun mit Aaron verlobt war, obwohl sie doch alle geschworen hatten, sich von ihr fernzuhalten.
Ein Schwur hatte kein Verfallsdatum. Niemand hatte Maggie haben sollen, das war nur fair so. Damals waren alle Jungs in einem Radius von fünf Kilometern in sie verliebt gewesen.
Derrick wusste, dass er es auf sich beruhen lassen sollte. Er war jetzt erwachsen und sollte sich für seinen Freund und Adoptivbruder freuen, aber das tat er nicht. Er fühlte sich betrogen. Er ging zur Tür, war aber nicht schnell genug. Seine Mutter erschien im Türrahmen, bevor er entwischen konnte.
„Hier bist du also“, stellte sie fest. Ihr Blick wanderte an ihm vorbei und blieb an dem Baby hängen. „Da ist ja mein süßer kleiner Schatz. Wie geht es ihr?“
„Sie ist genau wie ihre Tanten“, erwiderte Derrick. „Eine Heulsuse.“
Seine Mutter lachte, streckte die Arme nach dem Baby aus und merkte da erst, dass sie die Hände voll hatte. „Hier“, sagte sie und reichte Derrick im Vorbeigehen einen Stapel Post.
„Was ist das?“
„Jedes Mal wenn du umziehst, trudelt deine Post nach und nach wieder hier ein.“
Derrick sah den Poststapel durch.
„Da ist ein Brief von CryoCorp, der ist vor ein paar Monaten gekommen“, erklärte seine Mutter. „Ich dachte erst, sie hätten die falsche Adresse angegeben, und habe ihn zurück an den Absender geschickt, doch der Brief landete neulich wieder hier im Briefkasten.“
„Was ist denn CryoCorp?“, fragte Maggie.
Derrick fand den Umschlag, legte den Rest der Post zur Seite und öffnete ihn. Er war zu beschäftigt damit, den Brief zu lesen, um Maggie zu antworten.
Sehr geehrter Mr Baylor,
wie Sie sicher wissen, ist CryoCorp einer der führenden Anbieter von Humansperma.
Klar, das wusste er. Das hielt sein Herz aber nicht davon ab, kurz ins Stolpern zu geraten.
Unser Team aus Spezialisten ist stets bemüht, unseren Klienten dabei zu helfen, ihren Kinderwunsch zu erfüllen. Wir zeichnen uns durch höchste Qualitätsanforderungen bei der Spenderauswahl sowie persönliche und vertrauliche Beratung aus .
Ich weiß, ich weiß. Er sprang zum letzten Absatz und fragte sich, warum CryoCorp ihn nach all den Jahren kontaktierte. Seine Spermien waren doch bestimmt nicht mehr zu gebrauchen, oder etwa doch? Außerdem hatte er der Firma schon vor Jahren einen Brief geschrieben und darum gebeten, von der Spenderliste gestrichen zu werden. Zu CryoCorp zu gehen, war eine ziemlich dumme Idee gewesen, etwas, das er wegen des Geldes getan hatte, ohne groß über die Konsequenzen nachzudenken.
Wir von CryoCorp wollen die Empfängerinnen dabei unterstützen, ihre Ziele zu erreichen. Deshalb möchten wir Ihnen für Ihre Spende danken. Sie tragen dazu bei, dass Wünsche wahr werden .
Dass Wünsche wahr werden? Sein Herz begann immer schneller zu klopfen, als er die Zeilen noch einmal las.
Die Empfängerin Ihrer Spermien hat
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