Polterabend
tiefgekühlte Hund brachte eine Überraschung: Er hatte eine Wunde am Kopf.
»Ist wohl erschlagen worden, das bedauernswerte Tier.« Kratky klopfte auf das Blech, mit dem das Gefriergut abgedeckt war. »Aber wie ist der Hund da hineingekommen? Seltsame Bräuche bei euch auf dem Land. Übrigens liegen jetzt auch die Obduktionsergebnisse vor, was diesen Ferdinand Lutzer betrifft. Er war zum Zeitpunkt seines Todes schwer betrunken und ist an Erbrochenem erstickt. Na, wenig später wäre er dann erfroren. Urin haben wir auch noch im Preßkorb nachgewiesen, um die Appetitlichkeit auf die Spitze zu treiben. Sonst gibt es nicht viel vorzuweisen. Auf einem der beiden Preßhausschlüssel waren nur Fingerabdrücke des Karl Fürnkranz, auf dem anderen auch die des Opfers. Aber dafür haben Sie mir ja schon eine Erklärung geliefert, Kollege Polt. Mit verdächtigen Spuren im Preßhaus und im Keller kann ich leider nicht dienen. In dieser Vinothek, Sie wissen schon, wo der große Tisch steht, haben wir aber ein wenig Asche entdeckt. Wir untersuchen noch, was da verbrannt ist. Lutzers Auto haben wir sichergestellt. Eine Menge Werkzeug im Kofferraum, ein Stadtplan von Znaim im Handschuhfach, sonst wenig Interessantes. Ja, und in der Wohnung des Opfers war neben dem üblichen Zeug auch noch das.« Kratky griff in seine Aktentasche. »Notizen und Adressen. Die werden Sie zu methodischem Vorgehen anregen, wie ich sehr hoffe. Hier sind Kopien für Sie.«
Polt nahm die Papiere entgegen und schaute elegisch auf den großen gelben Plastiksack, in dem der Alois seines Abtransportes zur Tierkörperverwertungsanstalt harrte. Starr und steif...
Kathi Stirbl hatte für die Beamten aufgesperrt und war dann gegangen. »Alles was recht ist, aber für diesmal möchte ich mir den Anblick ersparen. Licht abdrehen nachher, und alles zusperren! Die Schlüssel bekomm ich zurück, wenn’s vorbei ist!«
Auf dem Weg zur Dienststelle machte Polt also kurz bei der alten Frau halt. »Alles erledigt, Frau Stirbl!«
»Und der Alois?«
»Ist schon unterwegs zur letzten Ruhestätte. Recht so?«
»Freilich. Was tät ich denn mit ihm.«
»Die Bella vom Langer Hubert hat Junge. Wenn Sie wieder einen Hund haben möchten?«
»Mir kommt keiner mehr ins Haus. Kein Mann und kein Hund.«
»Aber mich lassen Sie schon herein.«
»Du gehst ja gleich wieder.«
»Haben Sie sich übrigens schon umgehört im Kühlhausverein, Frau Stirbl? Irgendwelche Beobachtungen?«
»Ja schon. Aber haben S’ noch Geduld, Herr Inspektor. Die sind noch am Nachdenken. Nicht mehr die Geschwindesten im Kopf. Aber gleich nach Weihnachten werde ich eine außerordentliche Generalversammlung einberufen. Da darfst du dann teilnehmen, Simon.«
»Danke. Eine Frage noch: Haben Sie den Lutzer Ferdl gekannt?«
»Jetzt bringst mich in Verlegenheit.«
»Ja warum denn das?«
»Weil er mich um den Finger gewickelt hat, mich dumme Gretl. Wie der freundlich war zu mir! Und immer hilfsbereit! Dabei hat er nie einen Groschen dafür verlangt. Und ich Urschl hab geglaubt, er tut’s mir zuliebe. Aber dann war auf einmal die Rede von Dankbarkeit und vom Testament und daß keine Erben da sind.« Jetzt lächelte die alte Frau versonnen und griff zum Schürhaken, der neben dem gemauerten Küchenherd lehnte. »Mit dem da hab ich ihn hinausgejagt!«
»Und das hat er sich gefallen lassen?«
»Geschimpft hat er. Alte Hex war noch das Harmloseste. Und ich hab ihm mit der Gendarmerie gedroht. Da ist er dann abgezogen, der Erbschleicher, der vermaledeite.«
»Sind wir also doch zu was gut, nicht wahr?« Polt warf einen Blick auf die Kopien, die er von Kratky bekommen hatte. »Da schau her! Die Frau Hahn steht auch im Notizheft vom Lutzer.«
»Die? Da haben sich die zwei Richtigen gefunden!«
»Warum?«
»Ich sag nichts.«
»Na, vielleicht geh ich gleich einmal hin. Es ist Mittagszeit. Und kochen kann sie ja, die Gute!«
Seit dem Tod ihres Mannes bewohnte Grete Hahn ein kleines Haus in Brunndorf, das sie behaglich und stilvoll eingerichtet hatte. Sie schien ihr Leben als wohlhabende Witwe zu genießen und kümmerte sich wenig darum, was die anderen Frauen davon hielten. Polt sah Licht im Fenster, klopfte ans Glas und saß wenig später in einer Küche, in der es nach Apfelstrudel duftete. Frau Hahn seufzte theatralisch. »Da warte ich seit Monaten auf den Gendarmen meiner Träume, und wenn er endlich kommt, bin ich wie eine militante Feministin angezogen und habe nichts zu essen für ihn. Der
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