Ponyhof kleines Hufeisen - 01 - Wolkenmaehne sucht Freunde
Aber warum stand Michaela nicht auf? Nun kam ihr Vater und beugte sich besorgt über sie. Sie hatte sich doch nicht ernsthaft verletzt? Sabine sprang aus dem Sattel und streifte Glofaxi die Zügel über den Kopf. Sollte sie zu Michaela gehen oder erst versuchen, Wolkenmähne einzufangen? Die braune Stute stand zitternd und mit aufgeworfenem Kopf in einer Ecke der Bahn. Die Zügel waren ihr über den Hals gerutscht und hingen gefährlich nahe an ihrem Vorderbein. Sie durfte auf keinen Fall in den Zügel treten! Das könnte sie erneut in Panik versetzen, sodass sie vielleicht sogar stürzte! Ganz langsam ging Sabine auf Wolkenmähne zu, Glofaxi neben sich. „Ganz ruhig, Mädchen, lauf jetzt nicht davon! Ist ja alles gut! Sei ganz ruhig!“
Die Stute sah Sabine an. Der Ausdruck in ihren Augen schien sich unmerklich zu verändern, aber sie zitterte heftig. Doch Sabine sah, dass Wolkenmähne auf ihre beruhigenden Worte reagierte. Die Stute entspannte sich ein wenig, die panisch aufgerissenen Augen blickten wieder ruhiger und gewannen den vertrauten Glanz, den
Sabine so liebte. Und plötzlich wusste sie, dass sie Wolkenmähne einfangen konnte. Mit dieser Sicherheit ging sie langsam auf die Islandstute zu und griff ihre Zügel.
„Vorsicht!“, rief Stefan hinter ihnen, und dann donnerte schon wieder ein Düsenjäger über sie hinweg. Ohne zu überlegen ließ Sabine Glofaxi los und hielt Wolkenmähnes Zügel mit beiden Händen. Als die Stute stieg, hätte sie Sabine beinahe mit emporgerissen. Aber als sie dann wieder mit allen vier Beinen auf dem Boden aufkam, raste sie nicht davon, sondern stand stocksteif da und zitterte heftig.
„Sauerei!“, schimpfte Stefan und ballte eine Faust zum Himmel. „Das gehört doch wirklich verboten! Diese blödsinnigen Düsenjäger! Wir müssen uns endlich beschweren!“
Sabine streichelte Wolkenmähne so lange, bis sie zu zittern aufhörte; dann führte sie sie zu Michaela hinüber. Ob sie nach diesem Schock noch einmal aufsitzen wollte? Aber ein Blick zu Michaela genügte, um diese Idee zu vergessen. Michaela saß kreidebleich im Sand der Bahn, Tränen liefen ihr übers Gesicht. „Mein Arm!“, schluchzte sie, und da sah auch Sabine, daß der Arm unterhalb des Ellenbogens bereits stark geschwollen war.
„Der könnte gebrochen sein“, sagte Cornelia sachlich und sah Michaelas Vater an. „Am besten fahren Sie gleich ins Krankenhaus!“
Ins Krankenhaus! Sabine erschrak. Michaela war wirklich ein Pechvogel! Wieso musste das ausgerechnet ihr passieren? Noch zwei Reiter waren heruntcrgefallen, ihnen war nichts geschehen. Wie würden die Eltern auf diesen Sturz reagieren? Würden sie Wolkenmähne die Schuld an dem Unfall geben? Sabine wusste, dass viele Erwachsene so unvernünftig waren.
Max Scherer war blass. „Kannst du aufstehen?“, fragte er, und seine Stimme zitterte. Drei Stürze, Pferde, die in wilder Panik durcheinander stoben, das war schon beängstigend. Zum Glück war niemandem etwas passiert, die Pferde waren unverletzt.
Mit Hilfe ihres Vaters stand Michaela mühsam auf. Er legte den Arm um sie und führte sie zum Wagen.
Cornelia warf Sabine einen beschwörenden Blick zu. Sie bat sie und Stefan, die Pferde zu versorgen und die Reitschüler zu beruhigen. Sie selbst wollte Michaela und Max Scherer ins Krankenhaus begleiten. Sie würde bald zurück sein, rief sie Stefan zu.
„Wo bleibt sie nur so lange?“ Stefan sah ungeduldig auf die Uhr. Die Reitschüler hatten ihre Pferde versorgt. Sie hatten noch eine Weile zusammengestanden und waren dann nach Hause gegangen. Jetzt warteten Stefan und Sabine auf
Cornelia. Sie hatten die Pferde geputzt und auf die Weide gebracht, die Trensen sauber ausgewaschen und sich überzeugt, dass auch alle den Schrecken heil überstanden hatten. Danach hatten sie Janosch gefüttert und den Hof blitzblank gefegt. Nun beschäftigten sie sich in der Sattelkammer, da gab es immer etwas zu tun. Sabine sagte nichts, sie starrte bedrückt vor sich hin. Sicher bedeutete es nichts Gutes, daß Cornelia so lange fort war. Ob Michaela ernsthaft verletzt war? Innere Verletzungen etwa? Oder eine Gehirnerschütterung, trotz der Reitkappe? Ob sie jetzt endgültig den Spaß am Reiten verloren hatte? Eigentlich war Sabines größte Sorge, dass die Scherers Wolkenmähne die Schuld an diesem Unfall geben würden. Herr Hansen, ihr erster Reitlehrer, hatte immer gesagt, dass man nach einem Sturz gleich wieder aufs Pferd müsse, sonst bliebe man ängstlich
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