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Porterville - Mystery-Serie: Edition I (Folgen 1-6)

Porterville - Mystery-Serie: Edition I (Folgen 1-6)

Titel: Porterville - Mystery-Serie: Edition I (Folgen 1-6) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raimon Weber , Anette Strohmeyer , Simon X. Rost , John Beckmann
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den kleinen Tisch neben dem Sessel.
    Ich erkenne deutlich, dass er schwindelt, denn sonst hätte er nicht auf einen zweiten oder dritten Schokomint verzichtet.
    „Immerhin soll es bald wieder Milch geben“, erwähne ich.
    „Milch?“ Er sieht mich ungläubig an.
    Ich nicke eifrig. „Im Bedarfs-Center hängt ein Werbeplakat.“
    „Die machen sie garantiert auch aus Supreme “, murmelt er und fragt dann: „Wie läuft es in der Schule?“
    Ich zucke mit den Schultern. „Meistens ist es langweilig.“
    „Auch der Geschichtsunterricht?“ Er beugt sich ein wenig nach vorn.
    Wir haben erst kürzlich die Historie von Porterville als Unterrichtsfach erhalten. Großvater ist sehr daran interessiert, was wir dort lernen. Den Inhalt der ersten beiden Geschichtsstunden hat er lediglich mit hochgezogenen Augenbrauen kommentiert.
    „Würdest du bitte zusammenfassen, was man dir beigebracht hat, Emily?“
    Ich erkläre ihm, dass Porterville der letzte Ort ist, an dem die menschliche Rasse noch existieren kann. Seit eine alles umfassende Katastrophe die Welt jenseits der Stadtmauern radikal verändert hat. Das geschah vor vielen Jahren. Damals regierte ein ebenso brutaler wie unfähiger Bürgermeister namens Hudson die Stadt. Er trägt die Hauptverantwortung dafür, dass eine ganze Generation vom Draußen getötet wurde. Also auch meine Eltern und die Eltern meiner Mitschülerinnen.
    „Hat man dir erzählt, wie sie alle ums Leben gekommen sind?“, fragt Großvater nach.
    „Noch nicht“, erwidere ich.
    „Und was erfährst du über das so genannte Draußen ?“
    „Dass dort der Schmerz von allen Seiten angreift. Ein Mensch würde dort keine fünf Minuten überleben.“
    Er schließt die Augen, presst die Lippen fest zusammen, und ich weiß, dass sein ganz persönlicher Schmerz gerade überaus heftig in seinem Körper wütet. Es dauert eine ganze Weile, bis Großvater wieder sprechen kann. Es ist furchtbar für mich, dass ich ihm nicht helfen kann. Er bekommt Medikamente, aber die scheinen seinen Zustand nicht zu verbessern, sondern höchstens zu stabilisieren.
    „Glaubst du diese Dinge?“, fragt er schließlich mit schwacher Stimme.
    Ich zögere mit der Antwort. Er bemerkt es und lächelt sanft. „Du weißt, dass du immer ehrlich zu mir sein kannst.“
    „Ich weiß nicht, was ich glauben soll. Manches klingt eben zu ... einfach. Es bleiben immer Fragen offen.“
    „Die du hoffentlich nicht stellst“, sagt er und sein Lächeln verschwindet, als hätte er es einfach ausgeknipst. „Keine Fragen, Emily! Keine Zweifel! Dann wird dir nichts geschehen. Neugierde zahlt sich in Porterville niemals aus. Unwissenheit ist Trumpf!“
    Ich nehme aus den Augenwinkeln eine Bewegung wahr und wende mich gerade noch schnell genug zur Seite, um zu sehen, dass ein Greybug unter ein Bücherregal huscht.
    „Lass ihn“, sagt Großvater, als er meine sofortige Anspannung bemerkt.
    Ich habe gelernt, einen Greybug sofort unschädlich machen zu müssen.
    „Die bleiben hier nicht lange“, erklärt Großvater. „Fühlen sich bei mir nicht wohl.“
    Für mich ist einfach unvorstellbar, wissentlich einen Greybug zu verschonen. In meinem Zimmer im Schulheim hätte ich notfalls das Regal zerlegt, um ihn zu töten.
    „Und?“, setzt Großvater an. „Was macht die Liebe?“
    Ich spüre wie ich augenblicklich erröte. „Was soll die Frage?“
    Er grinst und scheint mit einem Mal ganz ohne Schmerzen. „Du trägst dein Haar offen, hast dir die Augenbrauen gezupft und wenn mich nicht alles täuscht, duftest du nach parfümierter Seife. Von der ich annahm, sie wäre in der Schule verboten.“
    „Aber nicht außerhalb der Schule“, erwidere ich kleinlaut.
    „Wie heißt er?“, hakt Großvater nach.
    Ich konnte ihm tatsächlich immer vertrauen. Wenn er jemals die Stimme erhob, was sehr selten vorkam, dann nur um mich vor irgendetwas Törichtem zu bewahren.
    „Jonathan.“
    „Existiert auch ein Nachname?“
    Ich weiß nicht, wie er reagieren wird, wenn ich verrate, dass es sich um den Enkel des Bürgermeisters handelt.
    Er wartet geduldig und ich nehme allen Mut zusammen und sage: „Jonathan Sato.“
    Ich habe meinen Großvater noch nie mit einer, wie es heißt, frischen Gesichtsfarbe gesehen. Sein Teint war stets so eine Mischung aus gelb und grau. Aber jetzt wird er ganz blass, fast weiß. Er bekommt einen schlimmen Hustenanfall. Ich laufe in die Küche, um ihm ein Glas Wasser zu holen. Er trinkt es in hektischen Schlücken aus, bekommt

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