Porterville - Mystery-Serie: Edition I (Folgen 1-6)
wesentlich größerer Mann schaut ihm über die Schulter.
„Wir vermuten, dass sich in diesem Gebäude eine inakzeptable Populationsdichte von Greybugs befindet“, verkündet er und lässt seinen gezückten Ausweis so schnell verschwinden, dass es mir unmöglich ist, auch nur einen Blick darauf zu werfen. „Wir haben die Anweisung, die Wohnung auch dann zu betreten, wenn niemand anwesend ist.“
„Sie haben nur einmal kurz geklingelt“, erwidere ich.
„Mädchen, wir dürfen keine Zeit verlieren. Du lernst doch in der Schule, wie schädlich diese Greybugs sind.“ Mit beinahe lustig anzusehenden Trippelschritten tänzelt er an mir vorbei. Sein Kollege trägt einen feuerroten Sprühbehälter auf dem Rücken und grunzt nur: „Wir machen sie alle fertig.“
Ich folge ihnen ins Wohnzimmer. Der Dicke reicht Großvater ein Formular. „Mr. Prey? Sie sind Martin Prey, der Eigentümer dieser Wohnung?“
Großvater starrt ihn mit großen Augen an.
„Unten rechts auf der Linie unterschreiben, Mr. Prey“, fährt der Mann fort.
„Muss mein Großvater die Wohnung vorübergehend verlassen?“, frage ich.
Der lange Kerl schüttelt den Kopf und schnallt den Behälter von seinem Rücken. „Nö, das Zeug macht nur die Viecher fertig. Nicht deinen Opa.“
„Geh jetzt besser“, höre ich Großvater sagen. Sein Lächeln ist nicht echt.
- 4 -
Der Weg zu Jonathan ist leicht zu finden. Er wohnt mit seinen Großeltern im mit Abstand höchsten Gebäude der Stadt. Das Hochhaus ist nach dem Bürgermeister benannt. Man kann den Sato-Tower von fast allen Orten in Porterville sehen.
Ich hoffe, dass es Großvater gut geht. Dieser letzte Blick von ihm, ehe ich die Wohnung verließ, schien so sorgenvoll und verzweifelt.
Warum glaubt er, dass Bürgermeister Sato gefährlich ist? Was wollte er mir über das Draußen mitteilen?
Der Mann von der Instanz für Gesundheit gab mir strikte Anweisung, jegliche Aufregung von meinem Großvater fernzuhalten. Daher habe ich verschwiegen, dass auch Jonathan Zweifel an dem hat, was uns über die Welt außerhalb von Porterville gelehrt wird. Jonathan versucht ständig, an Informationen zu gelangen, wagt es aber nicht mehr, seinen eigenen Großvater, den Bürgermeister, danach zu fragen. Beim letzten Versuch wurde er dazu verdonnert, einen ausführlichen Aufsatz über die Logistik des urbanen Zusammenlebens zu verfassen. Eine Woche hat er dazu gebraucht. Aber sein Interesse am Draußen und vielen anderen Dingen wurde dadurch nicht geschmälert. Dafür bewundere ich ihn. Er gibt einfach nicht auf.
Ich benötige zu Fuß über eine halbe Stunde bis zum Sato-Tower. Das macht aber nichts. Durch den überraschenden Abbruch meines Besuchs bei Großvater habe ich mehr als genug Zeit.
Einer der wenigen Busse rauscht fast lautlos an mir vorbei. Die Scheiben des riesigen Fahrzeugs sind verspiegelt. Ich bin erst einmal mit einem solchen Bus gefahren. Bei einem Ausflug ins historische Museum. Ansonsten transportieren die Busse nur wichtige Leute wie Mitarbeiter der verschiedenen Instanzen zu ihren Arbeitsplätzen. Es gibt sie in verschiedenen Größen. Vom Achtsitzer bis zu riesigen Ungetümen mit Platz für zweihundert Fahrgäste.
Ich nähere mich einem prunkvollen Gebäude. Es trägt den Namen Olympic Regent . In vergangenen Zeiten, bevor sich alles veränderte, war es ein Hotel. Gäste aus anderen Städten, die Porterville besuchten, wohnten dort. Jetzt kommt niemand mehr. Woher auch? Es heißt, dass außerhalb von Porterville kein menschliches Wesen existiert. Die Katastrophe hat sie alle getötet.
Das ehemalige Hotel wird heute nur noch bei feierlichen Anlässen genutzt. Wie etwa beim Geburtstag des Bürgermeisters. Dann werden dort verdiente Mitbürger eingeladen. Ein paar Mal im Jahr finden im Olympic Regent auch öffentliche Gerichtsverhandlungen statt. Bei besonders schwerwiegenden Straftaten, die eine Gefährdung der Stadt bedeuten. Selbst diese Kriminellen verschwinden nicht einfach, wie Großvater behauptete, sondern müssen Arbeiten verrichten. Manchmal sieht man sie in ihren orangefarbenen Overalls bei der Ausbesserung von Straßen und Gebäuden. Sie steigen auch in die Kanalisation, um Greybugs zu vernichten. Natürlich immer unter Bewachung.
Heute stehen mehrere Kleinbusse der IFIS vor dem Eingang des Olympic Regent . Sicherheitsleute rennen geschäftig hin und her. Sie tragen nicht die üblichen weißen Uniformen, sondern schwarze Schutzkleidung und Helme mit Visier. Ein bewaffneter
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