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Portugiesische Eröffnung

Portugiesische Eröffnung

Titel: Portugiesische Eröffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Siler
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Hund trottete auf mich zu, lief einmal im Kreis und ließ sich dann auf den Bauch fallen. Er seufzte und legte die Schnauze auf die gekreuzten Pfoten.
    Ich trank einen Schluck Wein und schloss die Augen, um Valsamis’ Fotos zu vergessen. Nairobi und das kleine Mädchen. Doch die Bilder drängten sich im Dunkeln vor meinen Augen, die Hände und Gesichter der Toten stießen aneinander wie die vertrockneten Schoten meiner Bohnenpflanzen am verwitterten Gitter. Ich sah die Wange der beinlosen Frau, eine einzelne Haarsträhne. Das Mädchen hatte sich ein wenig abgewandt, als wolle es sich vor der Aufdringlichkeit des Todes schützen.
    An einem anderen Ort zu einer anderen Zeit klingelt ein Telefon, und meine Großmutter meldet sich. Schiebt sich das dunkle Haar hinters Ohr. Nur ein Wort, dann Stille. Sie dreht sich zu mir, und ich weiß, etwas Furchtbares ist geschehen. Am anderen Ende der Leitung höre ich Panik, eine wirre Stimme. »Nein«, höre ich meine Großmutter sagen und dann: »Mina.«
    So heißt meine Mutter.
    Wir haben darauf gewartet, damit gerechnet und doch nie geglaubt, dass es wirklich passieren würde. Meine Mutter ist tot, gestorben bei einem willkürlichen Gewaltakt in der Stadt, die sie mehr liebte als jeder von uns. Ihr Leben wurde ausgelöscht von einer Autobombe, die für jemand anderen bestimmt war, für jeden, aber nicht für sie.
    Was traute ich Rahim wirklich zu? Ich kam ins Grübeln. Sie irren sich in Rahim, hatte ich zu Valsamis gesagt, ich kenne ihn. Noch während ich es aussprach, hatte ich schon nicht mehr daran geglaubt, und letztlich war genau das unser Problem gewesen. Wir kannten uns kaum. Es gab eine Kluft zwischen uns, die wir nicht überwinden konnten.
    Lucifer wurde aufmerksam, richtete die Ohren auf und suchte mit den Augen die Dunkelheit ab. Auf dem Bauernhof weiter unten am Hang bellte ein Hund, und ein anderer fiel ein, als etwas Wildes, Bedrohliches den Hügel entlang schlich: ein Fuchs oder ein Stinktier, vielleicht sogar ein Wolf. Die Hunde konnten es schon riechen.
    Etwas Größeres als Nairobi, dachte ich und war wieder in Lissabon, damals, in unserer Wohnung in Santa Catarina. Ich hatte gerade eine anzügliche Bemerkung über Driss gemacht, der den ersten Abend bei uns verbrachte, von wegen falscher Frömmigkeit und dem Wunsch nach etwas, das man nicht haben konnte. Wir standen in der Küche. Rahim hantierte mit einem Omelett in der Pfanne, und ich weiß noch, wie er sich zu mir umdrehte und sein ganzer Körper plötzlich vor Zorn bebte. Er ballte die Fäuste, sodass ich schon dachte, er wolle mich schlagen.
    Die Zeiten ändern sich, hörte ich Valsamis sagen.

Fünf
    Durch das schmierige Bullauge in der Küchentür konnte John Valsamis den Kellner mit dem pockennarbigen Gesicht und den gallischen Wangenknochen erkennen. Der Neffe des Eigentümers oder ein Cousin. Wer sonst wollte schon in dieser fettfleckigen Küche arbeiten, in einem Dunst von Fleisch, das seine Haltbarkeitsdauer überschritten hatte? Der Mann zündete sich eine Zigarette an und kratzte sich am Nacken. Seine Finger gruben sich in das fettige Haar knapp oberhalb des Kragens.
    Valsamis tauchte die Ecke seiner Serviette in den Wein und wischte die Zinken seiner Gabel ab. Er hätte lieber trotz Nebel in das Restaurant zwei Orte weiter fahren sollen, das ihm Dick Morrow in Washington empfohlen hatte. Das beste Cassoulet in ganz Frankreich, hatte Dick geschwärmt. Ob das nun stimmte oder nicht, es wäre auf jeden Fall besser gewesen als der wässrige Pot-au-feu, der ihn zweifellos in dieser Kaschemme erwartete.
    Der einheimische Wein war trinkbar, ein wenig rau, aber mit Charakter, was Valsamis zu schätzen wusste. Er erinnerte ihn an den Wein, den sein Vater jeden Herbst in ihrem Keller in Anaconda gekeltert hatte. Der Geruch der gärenden Früchte war von unten durch die Dielenbretter gezogen. Die Trauben aus Kalifornien wurden per Eisenbahn für die italienischen Bergarbeiter nach Montana geschafft.
    Valsamis trank einen Schluck, holte das Handy aus der Tasche und wählte Dick Morrows Nummer in Virginia.
    Wie immer meldete er sich selbst, mit angespannter, ein wenig gereizter Stimme. Nachmittag an der Ostküste, dachte Valsamis.
    »Ich habe sie gefunden.«
    »Ist sie einverstanden?«
    »Mehr oder weniger.«
    Morrow hustete. »Was denn nun?«
    »Sie macht es«, versicherte Valsamis und dachte dabei an Nicoles Gesichtsausdruck, wie sie ihn angeschaut hatte, als er gegangen war. Ja, er war zu ihr

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