Portugiesische Eröffnung
Libanon eine Zeit relativen Friedens und Wohlstandes erlebt hatte, waren die Spannungen zwischen den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion und später auch zwischen den Vereinigten Staaten und dem Iran eskaliert. Das Gleiche galt für die Spannungen zwischen Israelis und Palästinensern. Als im Frühjahr 1975 Schützen der christlichen Phalange-Miliz in einem Vorort von Beirut einen Bus angriffen und siebenundzwanzig Palästinenser massakrierten, galt dies gemeinhin als erster Schritt in einen Bürgerkrieg, der nicht mehr als innere Angelegenheit des Libanon abgetan werden konnte. Im Kalten Krieg wie auch im Konflikt zwischen Arabern und Israelis diente der Libanon als Ersatzschauplatz. Die internationalen Drahtzieher belieferten christliche, muslimische und drusische Milizen mit Waffen und Geld.
Die Vereinigten Staaten waren von Beginn an eine wichtige Partei im Bürgerkrieg und leisteten vor allem verdeckte Unterstützung für die christliche Regierung, mit der sie traditionell verbündet waren. Doch erst 1982, nach der israelischen Belagerung von Beirut, der Ermordung des Phalangisten-Führers Bachir Gemayel und den entsetzlichen Massakern an palästinensischen Flüchtlingen in den Lagern von Sabra und Schatila, kam es zu einer offiziellen Intervention der USA zusammen mit einer multinationalen Friedenstruppe. Die von den Vereinten Nationen gestützte Koalition sollte neutral bleiben, aber die Komplikationen des Kalten Krieges und die traditionell engen amerikanischen Bindungen an Israel und die christliche Regierung im Libanon führten dazu, dass die Amerikaner von Muslimen und Drusen als parteiisch betrachtet wurden. Keine sechs Monate, nachdem die Amerikaner als Friedensbringer eingetroffen waren, kam es zu dem Anschlag auf die Botschaft.
Zweifellos sollte der Anschlag vor allem die Vereinigten Staaten einschüchtern und dazu bewegen, ihre Truppen aus dem Libanon abzuziehen. Doch es gab auch andere, weniger offensichtliche, aber ähnlich wichtige Motive. Der radikale Flügel der vom Iran unterstützten Hisbollah übernahm die Verantwortung für den Bombenanschlag und den nachfolgenden Angriff auf die Marines-Kaserne. In den Jahren davor hatte der Iran eine zunehmend aggressive Rolle bei der Unterstützung muslimischer Milizen im Libanon gespielt, von denen die meisten traditionell Schiiten waren, und hatte einen ehemals politischen in einen religiösen und moralischen Kampf verwandelt. Die radikalen Muslime verlangten nicht nur den Abzug der amerikanischen Truppen, sondern wollten das Land von westlichen – vor allem amerikanischen – Einflüssen reinigen. In den blutigen Jahren danach wurden die American University of Beirut wie auch amerikanische und westliche Journalisten zu Zielscheiben einer konzertierten Kampagne, die mit Kidnapping und Einschüchterung arbeitete.
Unter anderen Umständen wäre die Islamisierung des Konfliktes nur eine unter vielen beunruhigenden Entwicklungen in einer ohnehin verfahrenen Situation geblieben. Doch in der Hitze des libanesischen Bürgerkriegs wurde der heftige Antiamerikanismus der Hisbollah auch von den Palästinensern übernommen und entwickelte sich damit zum Ziel einer panarabischen Bewegung. Diese Bewegung hat viele Gesichter, darunter das riesige Netzwerk von Al-Qaida, doch der Zorn lodert noch immer. Antiamerikanisches Denken beherrschte heutzutage nicht nur den Nahen Osten, sondern hat sich zur einigenden Kraft für radikale Muslime in aller Welt entwickelt.
Ehemalige hochrangige Mitglieder der Reagan-Regierung haben bestätigt, dass damals diskutiert wurde, wie man auf den Bombenanschlag auf Botschaft und Kaserne reagieren solle. Das Weiße Haus war deutlich gespalten. Es gab eine Gruppe, die für Gewalt plädierte, während eine andere die Ansicht vertrat, der Einsatz des Militärs werde die Probleme nur verschlimmern, weil Amerika damit seine letzten Freunde in der arabischen Welt vor den Kopf stieße. Die Lektionen des Vietnamkriegs und der beiden verlustreichen Anschläge trugen zweifellos dazu bei, dass man sich für eine Rückzugspolitik entschied. Letztlich wurden alle amerikanischen Truppen aus dem Libanon abgezogen.
Der Bombenanschlag von 1983 steht nicht zufällig im Zentrum der Handlung von Portugiesische Eröffnung. Dies ist ein Roman über die Einmischung der USA in die Nahostpolitik, und der Anschlag hat die amerikanische Politik in der Region entscheidend geprägt. Heute ist Rückzug nicht mehr die Antwort der Vereinigten Staaten, wenn es
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