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PR 2627 – Die letzten Tage der GEMMA FRISIUS

PR 2627 – Die letzten Tage der GEMMA FRISIUS

Titel: PR 2627 – Die letzten Tage der GEMMA FRISIUS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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eines Desintegrators ein Loch im Boden zu schaffen und in den unter ihren Füßen liegenden Hangar vorzudringen.
    »Jetzt!«, befahl David. Der Reinigungsroboter würde nun auf Höchstleistung laufen. Sofern er alle Befehle und Schaltungen richtig hinbekommen hatte.
    Paro Dusenstein zögerte keinen Augenblick. Der massige Ertruser hob das Bett an, so mühelos, als würde er eine Schreibfolie hochhalten, stützte das Gestell gegen die Wand und schnitt ein kreisrundes Loch in den Boden, groß genug, um ihn durchzulassen.
    Unter ihnen zeigten sich Teile der zwischen den Sandwich-Platten eingeklebten Metallwaben. Sie waren in bewährter Leichtbauweise gestaltet und hatten bei höchster Steifheit ein möglichst geringes Gewicht. Zu ihrem Glück waren ausschließlich die Außenwände des Raumers aus hochfestem Ynkonit gefertigt. Im Inneren des Schiffs kamen günstigere und damit weniger widerstandsfähige Metalllegierungen zum Einsatz, schon gar keine mit Kristallfeldintensivierung.
    Ein wenig Staub verfing sich zwischen den Streben. Dann brach Dusenstein durch. Er hatte präzise wie eine Maschine gearbeitet und ein kreisrundes Loch geschaffen.
    Der Ertruser krachte in die Tiefe. Hinab in schummriges Dämmerlicht. In ein Loch, das bodenlos schien. Es gab einen lauten Krach, als er auf dem Boden aufkam.
    Eineinhalb Minuten waren vergangen, seit der Reinigungs-Roboter sein Ablenkungsmanöver begonnen hatte. Die Hälfte der Zeit war um.
    David starrte in die Tiefe. Es dauerte einige Sekunden, bis er sich an die Lichtverhältnisse gewöhnt hatte. Er schluckte. Der Boden des unteren Decks lag mindestens 35 Meter tiefer.
    Dusenstein kam eben wieder auf die Beine. Der Extremweltler wirkte unbeeindruckt von dem tiefen Fall.
    »Ich fange euch auf!«, rief er und reckte ihnen die Arme entgegen. Sie hatten eben noch so mächtig gewirkt; doch nun waren sie winzig kleine Pünktchen, die an einem winzig kleinen Männchen hingen.
    Kerstin Owomay grinste David an. Es war das erste Mal, dass David sie lachen sah. Sie entblößte ein strahlend weißes Gebiss. Die oberen Schneidezähne waren teilweise von einer im Licht der Notbeleuchtung glitzernden Piercing-Kette verdeckt.
    »Wir sehen uns unten«, sagte sie und ließ sich fallen.
    Er verfolgte ihren Sturz. Sie überschlug sich zweimal, dreimal, bevor der Ertruser sie fing, so weit wie möglich mit seinen Armen nachfederte und damit den Aufprall ein wenig erträglicher gestaltete. Paro setzte Kerstin ab und stellte sie vor sich hin. Torkelnd kam sie auf die Beine und winkte schwach nach oben.
    David war dran. Eine Minute blieb ihm noch. Hinter der Gangbiegung ertönte eben ein rasselndes Geräusch. Dann das Zischen eines Strahlenschusses.
    David hasste sein Leben. Warum war er jemals an Bord dieses Schiffes gegangen? Warum hatte er sich das hübscheste Mädchen angelacht, das jemals durch die Straßen von Warschau flaniert war, um es zu heiraten? Warum hatte er versprochen, seiner Frau einen luxuriösen Lebensstil zu erlauben, der weit über seine finanziellen Verhältnisse hinausging? Um, nachdem er seinen Fehler eingesehen und die Scheidung beantragt hatte, bald darauf denselben Fehler nochmals zu begehen?
    Ich hätte wissen müssen, dass das einzig Attraktive an einem weltfremden Wissenschaftler seine einigermaßen prall gefüllte Brieftasche ist. Nun – Menschenkenntnis ist noch nie meine Stärke gewesen.
    Paro Dusenstein ruderte aufgeregt mit seinen Armen. David musste springen.
    Im Gang wurde es ruhig. Wahrscheinlich rückten die TARAS bereits vor, um nach der Ursache für den Zwischenfall zu suchen, den David konstruiert hatte. Um den Willen ihres Herrn mit dem Namen 37 zu erfüllen.
    Campese schob die Beine ins Loch, verspreizte sie an der unteren Sandwichplatte, hielt unter Mühen und mit zitternden Knien das Gleichgewicht. Er griff nach dem Bettgestell und zog es zu sich. Es fiel auf ihn herab, immer rascher. Mit letzter Kraft bremste er den Schwung, stellte das Bett ächzend über sich ab, um nun gebückt im Zwischenraum zu stehen, unter sich ein Nichts, ein 35 Meter tiefes Nichts, und ein Ertruser, der ihn vielleicht, hoffentlich auffangen würde.
    Vor der Kabinentür schleifte etwas über den Boden.
    David Campese ließ los. Einfach so.
    Alles wirbelte durcheinander. Sein Magen hob sich, sein Herz schlug wie verrückt. Er fühlte schreckliche Angst. Zorn. Hoffnung. Den Wunsch zu leben.
    Er prallte gegen Stahl. Gegen Stahl, der ihm das letzte Quäntchen Luft aus den Lungen

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