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PR 2661 – Anaree

PR 2661 – Anaree

Titel: PR 2661 – Anaree Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Anton
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gesprochen, was Anarees Besorgnis nur vergrößert hatte. Anaree befürchtete, dass immer noch nicht der richtige Augenblick gekommen war, um Worte zu wechseln, doch ihre Ungeduld war einfach zu groß.
    »Was geschieht«, fragte sie schließlich, »wenn du auf der Jagd erfolglos bleibst und kein Fleisch heimbringst? Wird dann die Morgenschwester dem Tagvolk Fleisch bringen?«
    Sie ahnte nicht, warum, doch Tara Marate sah sie böse an. »Eines musst du dir merken«, sagte er schließlich. »Von nun an ist für dich nichts mehr vorgegeben. Wie es auf jede gute Frage mehrere gültige Antworten gibt, ist für dich nichts mehr so, wie es zu sein scheint. Wenn du das auch nur einen Moment lang vergisst, wird es dir schlecht ergehen.«
    Sie schluckte heftig. Ihr war nicht klar, was der alte Jäger meinte, doch seine Worte waren ernst gemeint und klangen wichtig. Sie machten ihr sehr zu schaffen.
    Hilflos sah sie sich um. Es dämmerte lediglich, wurde nicht richtig dunkel. Anaree begriff nun, weshalb sie und ihre Leute das Tagvolk waren. Sie waren für den Tag geschaffen. Dunkelheit war ihnen allen unheimlich.
    Tara Marate hielt den Blick auf das Feuer gerichtet. Auch ihm bereitet die Dämmerung Unbehagen, dachte Anaree.
    »Vielleicht«, sagte Anaree, »übt die Morgenschwester Gerechtigkeit. Vielleicht gibt sie jedem ihrer Kinder Gelegenheit, aus eigener Verantwortung, aus freiem Willen zu handeln. Vielleicht bin ich ihr Werkzeug, das dich darauf hinweisen soll, dass du aus freiem Willen entscheiden kannst.«
    »Du träumst, kleines Mädchen«, sagte Tara gepresst. »Du weißt nicht, was dich erwartet. Und deswegen hast du auch ganz falsche Vorstellungen davon.«
    Anarees Angst wurde größer. Sie hatte eine fremde Stimme gehört, bevor sie auf den Baum geklettert war.
    Bestimmst du über dein Schicksal, oder bestimmen andere darüber? Du bist doch die Herrin über deinen Willen, oder etwa nicht?
    Sie hatte sofort gewusst, dass das nicht ihre Gedanken waren, nicht die eines fünfjährigen Kindes.
    Wessen Gedanken waren es dann gewesen? Die der Morgenschwester?
    »Und wenn alles ganz anders ist ... was bin ich dann?«, fuhr der Jäger fort, bevor Anaree länger darüber nachdenken konnte. »Vielleicht nur ein Dorn im Fleisch der Morgenschwester? Vielleicht ist das Kaninchen mein wahrer Herr. Vielleicht hat das Kaninchen die Morgenschwester durchschaut und treibt nun sein eigenes Spiel ... wie die Morgenschwester, wie die kleinen Männer, wie alle an Bord der LEUCHTKRAFT.«
    »Die kleinen Männer? Die LEUCHTKRAFT?«
    Marate tat die Frage mit einem Achselzucken ab und starrte in die Flammen, die hell in den halbdunklen Nachthimmel loderten. Dann setzte er sich auf, griff nach seinem Bogen und spannte ihn.
    »Da draußen ist etwas«, sagte er. »Eine Beute, die ich nicht erlegen werde. Deine letzte Hoffnung. Vielleicht hörst du ja auf das Kaninchen. Das könnte deine Rettung sein. Aber ich bezweifle es. Ich habe das alles oft genug erlebt ... Du bist nicht die Erste, Anaree.«
    »Das Kaninchen?«, fragte Anaree.
    Der alte Jäger schwieg und starrte in das Dämmerlicht jenseits des Feuers.
    Unvermittelt richtete er sich auf.
    Da ist seine Beute!, dachte Anaree.
    Dann sah auch sie etwas im Halbdunkel, verzerrt vom Zusammenspiel aus flackerndem Licht und Finsternis, etwas, das es doch eigentlich gar nicht geben konnte ...
     
    *
     
    Nur leicht erhellt vom Schein des Feuers, huschte dort auf kräftigen Hinterläufen eine Gestalt hin und her, so groß wie eine Frau vom Tagvolk. Aber der Körper war mit einem hellen Fell besetzt, und als das Geschöpf näher kam, sah Anaree, dass die roten Augen keineswegs die eines Tieres waren. Sie zeugten von hoher Intelligenz. Die langen Ohren waren hoch aufgerichtet.
    Und das Geschöpf war bekleidet. Es trug eine auffällig karierte elegante Jacke.
    Es hoppelte vorwärts und sprang wieder zurück, riss die Arme hoch und winkte, ließ sich auf alle viere fallen und richtete sich wieder auf.
    Was ist das?, dachte Anaree. Ein weißes, tagvolkgroßes, aufrecht gehendes, intelligentes Kaninchen? Sie sah, dass an dem Sakko eine goldene Uhrkette baumelte. Die Begriffe waren ihr plötzlich klar, als hätte sie sie schon immer gekannt.
    »Das ist dein Feind«, sagte Tara Marate. »Der Feind, der dich vielleicht retten wird.«
    Das Kaninchen schaute zum Feuer und näherte sich dann gemächlich. Nun bewegte es sich wie einer vom Tagvolk. Dabei sah es sich jedoch immer wieder hastig um, als ob es etwas

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