PR 2678 – Das Windspiel der Oraccameo
durchaus über Mittel, ihre Körpersubstanz zu beeinflussen oder gar zu schädigen, ohne dass dies bei einer oberflächlichen Untersuchung bemerkt werden würde.
»Was hältst du vom Obersten?«, fragte der Kriegsminister, sobald sie die Reinigung hinter sich gebracht hatten.
»Ich muss darüber nachdenken«, meinte Fogga träge.
»Ich verlange eine erste Analyse. Jetzt gleich!« Sein Halter wirkte hochgradig aufgeregt. Nahm ihn Tion Youlders Vorschlag derart mit? Entsetzte ihn dessen Unmoral? Oder reizte ihn die Idee, in körperloser Unsterblichkeit aufzugehen? Er, der seit Langem nach lebensverlängernden Mitteln forschte ...
»Tion Youlder ist schwer zu durchschauen«, begann Fogga vorsichtig. »Ich müsste mehr Zeit mit ihm verbringen, um mehr über ihn sagen zu können.«
»Er ist neugierig auf dich geworden. So, wie ich es mir dachte. Mag sein, dass er dich nochmals zu sich einlädt. Mehr als zwei oder drei Gelegenheiten wird es für dich nicht geben, ihn näher kennenzulernen. Der Oberste Herr verliert schnell das Interesse an jemandem.«
»War das der Grund, warum du mich als kleines Kind dazu gebracht hast, mich mit Kunst und Kultur zu beschäftigen?«
»Ja.«
Fogga wartete, bis sein Halter saß und ihn entspannende Luft umfächelte. Erst dann legte er sich selbst auf seine Liege und ließ den erhitzten Körper kühlen.
Würde Wörgut Gooswart noch mehr zu diesem Thema sagen?
Es sah nicht so aus. Er beschäftigte sich mit den Startvorbereitungen der ZACKENGUT und überwachte die Arbeit der Raumfahrer. Fogga war nicht mehr von Belang.
Wie lange hatte seine Ausbildung gedauert? Dreißig Jahre oder länger? Er wusste es nicht mehr. Er hatte anfänglich passiven Widerstand geleistet und war mehr schlecht als recht vorwärtsgekommen. Vor allem für die erzählende Kunst hatte er sich nicht so recht begeistern können.
Doch der Kriegsminister, der damals ein Verwaltungsbeamter mit glänzenden Chancen auf einen Aufstieg innerhalb der Nomenklatur der Oraccameo gewesen war, hatte ihm deutlich gemacht, was von ihm erwartet wurde. Nachdem er ihm einen Hörlappen zwangsweise hatte entfernen lassen, begriff er den Ernst der Lage. Er funktionierte nun so, wie es Gooswart von ihm erwartete.
Seit langen Jahren füllte er seinen Kopf mit Musik, Worten, Bildern, Stimmen und Emotionen. Er verstand nun die Kunst, hatte sie verinnerlicht. Ihm war klar geworden, dass buchstäblich alles in dieser Galaxis namens Chalkada Teil eines Gesamtkunstwerks war. Eines, das er sich ansehen und das er analysieren konnte.
Bislang war Maran Dana Fogga von den Ränkespielen um Macht und Einfluss verschont geblieben. Nun aber rückte er immer weiter in den Vordergrund. Er hatte eine nicht unbedeutende Rolle im Kampf um die Position als Oberster Herr inne.
Damit war ein erstes Ziel seines Lebensplans erreicht.
2.
Zweiter Akt
Maran Dana Foggas Schaumhaar blubberte. Es schleuderte Gedanken in die Luft, deren oberflächliche Inhalte mit einem sanften »Plopp« vergingen, während sich das Substrat, die eigentlichen Werte des Denkvorgangs, in der vorderen Hirnhaut absetzten, in einer weiteren dünnen Schicht von vielen. In zwei, drei Tagen würde sie eingesickert sein und ihm neue Erkenntnisse bringen.
Er lauschte dem trilogischen Dirigat und beobachtete dabei konzentriert die rivalisierenden Lenker des Illurgischen Kunstforums. Baris, am rechten Pult lehnend, tat sich schwer, gegen das Gepomp seiner beiden Konkurrenten anzugehen. Er bevorzugte die feine Klinge, die sanften Töne.
Nur wenige Musiker und Künstler folgten ihm. Er hatte gewiss die besten Chancen, wenn der Wettstreit länger andauerte. Doch in der Anfangsphase musste er sich behaupten, irgendwie, und seine Feinfühligkeit hintanstellen. Er musste den Lenkstab mit ähnlicher Energie schwingen wie Koloina und Phadres, die einen bombastischen Höhepunkt an den nächsten reihten.
Ein stetiges Lüftchen wehte durch Foggas Glasbau. Es brachte Windspiele zum Klingen, und es machte, dass die Lichtfäden in bunten Farben schillerten. Die Reizimpulse verstärkten das Blubbern von Foggas Schaumhaar. Er war mit sich im Einklang, und nur dieser ganz besondere Gedankenkomplex, der ihn seit seinem Lebenserwachen verfolgte, belastete sein Gemüt.
Wie immer.
Baris überstand die kritische Frühphase des trilogischen Dirigats, und er ließ die Zuhörer, Zuseher und Mitdenker seinen Triumph spüren. Er sandte vermehrt Botschaften an die etwa eins Komma fünf Milliarden
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