PR 2694 – Todeslabyrinth
keine Anstalten, fliehen zu wollen, sondern blieb ruhig sitzen. »Was machst du eigentlich da unten?«, wollte Palko wissen.
»Nachdenken. Und nach ein paar Erinnerungen suchen, die mir runtergefallen sind. Hast du sie gesehen?«
»Ich glaube, du hast sie in deinem Zimmer liegen lassen.«
»Da hätte ich zuletzt gesucht.« Ein verzweifelter Ausdruck trat auf Shamsurs Gesicht. »Kannst du mir helfen?«, flehte er mit brüchiger Stimme.
»Wir bereiten schon alles vor«, antwortete Palko. »Du hast sehr hohes Fieber, deswegen bist du ein bisschen durcheinander. Möchtest du zu deinem Zimmer? Dort wirst du gleich behandelt.«
»Gehst du mit?«
»Wozu bin ich denn sonst hier?«
Palko streckte die Hand aus. Nach kurzem Zögern ergriff Shamsur sie, und der Pfleger zuckte leicht zusammen, als die feucht glühende Hitze auf ihn übersprang.
»Oh, das tut gut«, murmelte Shamsur und kroch langsam heraus. »Du hast so eine schöne kühle Hand. Ich verbrenne nämlich innerlich ...«
»Wir werden dir gleich dagegen helfen«, versprach Palko. »Ich habe eine Liege, und ...«
»Nein!« Shamsur stand auf und hielt sich am Tisch fest. »Bitte, ich ... ich will gehen. Auf eigenen Beinen. So weit ... so weit bin ich noch nicht, dass ich völlig hilflos ...«
Palko verstand. »Ich gehe dicht neben dir. Stütz dich einfach auf mich, wenn dir danach ist. Sieht keiner. Es ist nicht sehr weit bis zu deinem Zimmer.«
»Durst«, murmelte Shamsur. »Einen Martini mit Eis, bitte ...«
*
Zwei Stunden später waren die physischen Werte wieder normal. Die Mittel wirkten gut. Shamsur Routh hatte eine halbe Stunde geschlafen, dann holte er das versäumte Mittagessen nach und trank vor allem, was er während seines Fieberanfalls herausgeschwitzt hatte.
»Fühlst du dich in der Lage, den Chef zu besuchen?«, fragte Palko, als er nach dem Rechten sah.
Der ehemalige Journalist saß im Bett, den Blick ins Leere gerichtet. Doch er gab Antwort. »Ja, gern. Besser, als wenn er bei mir vorbeikommt. Dann fühle ich mich nicht so ... krank.«
Palko nickte. »Ich begleite dich, großer Bruder.« So durfte er normalerweise nicht mit Patienten reden, aber zu Shamsur hatte er ein besonderes Verhältnis. Das war vielleicht unprofessionell, aber er mochte diesen Mann, und er wollte für ihn da sein, bis zum Ende. Es war so schon bitter genug.
»Was hast du gesagt?«
»Entschuldige, ist mir so rausgerutscht ...«
Shamsur schüttelte den Kopf. »Nein, so meinte ich das nicht. Es ist nur ... ein anderer hat mich auch so genannt. Es ist noch nicht lange her, glaube ich. Ich finde ...«, er lächelte leicht, »es klingt gut. Es vermittelt mir etwas ... Vertrautes.«
»Dann lass uns mal gehen.«
Der erste Teil des Weges verlief völlig normal, als fehlte Shamsur nichts weiter. Doch schon auf der zweiten Hälfte nahm die Desorientierung zu, das Gehen strengte ihn an, und er vergaß, warum sie unterwegs waren. Von seinem vorherigen »Ausflug« wusste er momentan nichts mehr.
*
»Wie geht es dir?«
Shamsur Routh kauerte zusammengesunken in dem bequemen Sessel. Saram Ialtek hatte sich ihm gegenüber ebenfalls im Sessel niedergelassen; nur ein kleines Tischchen stand zwischen ihnen, die notwendige Distanz, damit Routh sich sicher fühlen konnte. Er schien weiterhin zur Flucht bereit zu sein, sein Blick irrte immer wieder zur Tür.
»Ganz gut ... denke ich.« Er beugte sich vor, wollte instinktiv mit der linken Hand nach dem Becher greifen und musste dann zur rechten Hand wechseln. Doch auch mit dieser Hand war sein Griff fahrig, und seine Finger krampften sich um den Henkel. »Was ist das?«
»Kaffee. Der Servo hat ihn so zubereitet, wie du ihn magst, hoffe ich.« Der Mediker hielt seinen dampfenden Becher bereits in der Hand. Den konnte er brauchen, er war völlig übermüdet, weil er während der vergangenen Stunden keine Minute lang den dringend benötigten Schlaf hatte nachholen können. Der Patient ging vor.
»Warum hast du dein Zimmer verlassen?«, fuhr Ialtek fort.
»Habe ich?«
»Nicht zum ersten Mal.«
»Ich will hier raus«, flüsterte Routh.
»Du weißt, dass du zu schwach dazu bist? Du hast gerade wieder einen schweren Fieberanfall überstanden.«
Der ehemalige Journalist schüttelte zuerst den Kopf, dann nickte er. Dann fing er an zu weinen.
Ialtek überlegte, ihm ein Beruhigungsmittel zu geben. Der Zustand des Patienten ging dem Mediker an die Nieren. Das durfte nicht sein, es war unprofessionell, er musste die
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