PR Kosmos-Chronik 01 - Reginald Bull
ebenso faszinierend wie beängstigend. Von einem Moby war die Rede, einem wahrhaft unvorstellbaren anorganischen Lebewesen, vierzehntausend Kilometer durchmessend und fünftausend Kilometer dick. Dieses Leben war fast so groß wie die Erde, zwischen den Sternen Andromedas geboren und von den Meistern der Insel als Wächter eingesetzt.
Der Moby hatte Troja mitsamt den Raumschiffen »verschluckt«, und die Besatzungen waren von Energiewesen angegriffen worden, die der Bericht als körpereigene Abwehr des Mobys bezeichnete. Von Parasiten befallen, hatte die planetengroße Kreatur schon den Tod in sich getragen, ehe es den Woolver-Zwillingen gelungen war, ihr Instinktgehirn zu zerstören.
Tod und Faszination schienen in Andromeda näher beieinander zu liegen als anderswo. Und ich selbst saß in einem vier mal vier Meter großen Loch, das sich hochtrabend als Büro bezeichnete, und hing »wahrhaft kosmischen« Aufgaben nach. Wenn das nicht Ironie pur war.
»Oberstleutnant Dosenthal, was halten Sie davon, für einige Wochen das Schicksal des Solaren Imperiums zu bestimmen? Was Sie dafür tun müssen? Nichts von Bedeutung. Ich übernehme das Kommando über die BAGALO, und Sie setzen sich hier in diesen Sessel ... « Schöne Worte waren das. Leider brachte ich sie nicht über die Lippen.
Insgeheim verwünschte ich meine Vernunft ...
... und genau das tat ich vier Monate später immer noch, als hätte ich mich in einer Endlosschleife aus Zuversicht und blindem Pflichtbewußtsein verfangen. Dabei hatte ich es selbst in der Hand, diese Schleife zu durchbrechen. Aber wer, wenn nicht ich, sollte bereitstehen, falls wieder Hilfe benötigt wurde? Perry Rhodan hatte nach den Sternen gegriffen, und ich, Reginald Bull, hielt ihm den Rücken frei.
Heute wie vor vierhundert Jahren stufte man die körperlich etwas Fülligeren als gemütlich, gutmutig, ja sogar behäbig ein. Traute mir also niemand zu, Expeditionsschiffe nach Andromeda zu führen? Unsinn. Genau das redete ich mir nur ein. In meiner Brust stritten sich zwei Geister der eine ungestüm, mitunter polternd, auf Abenteuer aus, neugierig und immer öfter ungeduldig, der andere eher gemächlich, ein gutes Essen und den terranischen Wem, der mit den Versorgungsschiffen im Schrotschußsystem eingetroffen war, der dehydrierten und stets ähnlich schmeckenden Konzentratnahrung auf den Einsatzschiffen allemal vorziehend.
Letzterer war es auch, der mir einredete, daß meine Zeit erst kommen würde. Was waren Wochen oder Monate im Leben eines Unsterblichen? Sehr wenig. Trotzdem konnte ich mich mit einer solchen Denkweise nicht anfreunden, auch für mich bedeutete eine nur mit Warten verbrachte Woche sieben verlorene Tage.
In diesem Sinne hatte ich mich mit dem unvermeidlich Scheinenden arrangiert und meinen Traum von Andromeda vorübergehend unter der Oberfläche des Asteroiden Kalif begraben. Mein Büro war erweitert und damit größer und praktischer geworden, aber trotzdem nur ein müder Abklatsch der Einrichtungen in Terrania. Beinahe täglich zwängte ich mich für mehrere Stunden in einen Raumanzug — die Ruhe und die gute Verpflegung hatten einen Speckwulst wachsen lassen — und suchte die Maahks auf, um mit ihnen zu reden. Auf die Weise ergänzten immer neue Puzzleteile mein lückenhaftes Bild der Machtverhältnisse in Andromeda und den vorgelagerten Wolken.
Außerdem traf ich Vorbereitungen und orderte Verstärkung aus der Milchstraße. Die politische Lage zu Hause erlaubte es mir, fünftausend Einheiten im Schrotschuß-System zusammenzuziehen. Für weitere fünftausend Schiffe galt erhöhte Alarmbereitschaft, diese Raumer konnten längstens innerhalb von zwei Tagen eintreffen, ihren Flug ins galaktische Zentrum und die Injektion der erforderlichen Medikamente gegen den Transmitterschock miteinbezogen.
Wissenschaftler und Raumfahrer drängten sich auf dem Asteroiden. Alle Neuankömmlinge mußten zunächst auf Kalif antreten, wo ich sie mit knappen Worten über Ziel und Zweck des Schrotschuß-Stützpunktes informierte. Die Realität, das hatte ich sehr schnell erfahren, erschien den vorwiegend jungen Spunden kalt und beinahe erschreckend, anders jedenfalls als die in der Milchstraße kursierenden Gerüchte.
»Die ANBE-3 hat soeben den Linearraum verlassen«, erklang eine Lautsprecherstimme. Die Wiedergabe auf dem wandfüllenden Hauptbildschirm veränderte sich und zeigte den in desolatem Zustand befindlichen Frachter, der technisch gesehen nur noch ein Wrack
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